Hand und Ring
Frau Harts Kostgänger gewöhnlich in den Gesellschaftsräumen. Von sieben bis zehn Uhr herrschte daselbst ein fröhliches Treiben, und man verbrachte die Zeit aufs angenehmste. Byrd schloß sich ohne Zaudern dem heitern Kreise an und war bald mit einer freundlichen jungen Dame in vertraulichem Gespräch begriffen.
Man scheint hier im Hause ein sehr geselliges Leben zu führen und sich vortrefflich zu unterhalten, äußerte er.
Q ja, war die ihm höchlich willkommene Antwort,wir sind alle gut gelaunt – nur Herr Mansell macht eine Ausnahme. Aber das ist wohl natürlich und kaum anders zu erwarten.
Herr Mansell? fragte Byrd mit innerer Befriedigung über den schnellen Erfolg seines Plans, wohl der Herr, der so spät zu Tische kam?
Ja, er ist in sehr bedrückter Stimmung wegen des schrecklichen Todes seiner Tante, die vor einigen Tagen in Sibley ermordet wurde. Sie haben wohl davon gehört. Ein gewisser Hildreth hat den Mord begangen. Ehe sie starb, hat sie nur noch einige Worte sprechen können – etwas von einem Ringe; man glaubt, sie habe den Mörder beschreiben wollen.
Wirklich, eine gräßliche Geschichte – und dieser Mansell ist ihr Neffe? Da hat er Ihnen wohl alle Einzelheiten erzählt?
Bewahre! Dazu brächte ihn nichts in der Welt. Er spricht überhaupt nicht gern. Auch weiß er sicher nicht mehr als andere Leute davon zu berichten. Nach Sibley ist er gar nicht gereist.
Ging er denn nicht zum Begräbnis hin?
Nein, er war gerade krank, stark erkältet, glaub ich, und mußte das Zimmer hüten. Seine Tante hat ihm ihr Vermögen hinterlassen, aber er ist nicht nach Sibley gegangen, um die Erbschaft in Empfang zu nehmen. Manche wundern sich darüber, aber ich – –
Sie brach mitten in ihrer Rede ab und lächelte einem Herrn verbindlich zu, welcher soeben aus dem Nebenzimmer eintrat. Byrd erkannte den Mann, den er zuerst für Mansell gehalten.
Sie entschuldigen, begann dieser eilfertig, die Gesellschaft hat drinnen ein Spiel vor, an welchem sich Fräulein Klayton unbedingt beteiligen muß.
Lassen Sie mich Ihnen zuerst Herrn Byrd vorstellen,Herr Brown, sagte die junge Dame mit anmutiger Leichtigkeit, da Sie beide noch fremd sind in unserem Kreise, freut es mich, Sie miteinander bekannt zu machen. Die Herren verbeugten sich, dann reichte Brown dem Fräulein den Arm und verschwand mit ihr im Nebenzimmer.
Byrd, der allein blieb, blickte dem unwillkommenen Störenfried mit nicht sehr freundlichen Gefühlen nach. Bisher war alles so gut gegangen, die Unterhaltung hatte so vielversprechend begonnen, nun kam dies erste Hemmnis!
Um einen neuen Versuch zu machen, näherte er sich seiner früheren Tischnachbarin, der etwas schüchternen Tochter vom Hause, die in einer Nische hinter dem Klavier Platz genommen hatte.
Der große, schwarze Herr, sagte er, der so spät kam, hat sich sehr früh wieder zurückgezogen.
Sie meinen Herrn Mansell? – Der ist in Trauer. Eine Verwandte von ihm ist neulich auf geheimnisvolle Weise umgebracht worden. Es war eine Frau Klemmens, die in Sibley wohnte. Sie werden es aus der Zeitung wissen.
Jawohl, und der Herr ist ihr Neffe? – Eine merkwürdige Erscheinung; wie mir scheint, wenig gesprächig.
Er ist sehr klug und geschickt, besonders interessiert er sich für Maschinen und hat eine Erfindung gemacht –
O komm, Klara, rief in diesem Augenblick eine muntere Stimme, du mußt mitspielen und kannst nicht da hinten sitzen bleiben, bringe nur den Herrn auch gleich mit! Das junge Mädchen, das die Säumigen herbeiholen sollte, lief auf ihren Platz zurück, neben den gleichen Herrn Brown, der sich dem jungen Detektiv schon vorhin lästig erwiesen.
Wieder ein Hindernis, dachte er, der Mensch ist mir ja überall im Wege.
So sah sich Byrd sehr wider Willen mit in das Spiel hineingezogen; erst nach einiger Zeit gelang es ihm, sich unbemerkt zu entfernen. Zunächst suchte er nun die Wirtin,Frau Hart, selbst in ihrem Wohnzimmer auf und wußte sie gleichfalls geschickt auf das Thema zu lenken, das ihn einzig und allein beschäftigte. Er hatte eben von ihr erfahren, daß Mansell zurzeit der Mordtat vom Hause entfernt gewesen sei, als an die Tür geklopft wurde. Mit höflicher Verbeugung, einen schnellen, überraschten Blick auf Byrd werfend, trat der unvermeidliche Herr Brown ins Zimmer, offenbar mit der Absicht, seine Aufwartung zu machen.
Diese dritte Störung war Byrd ausnehmend ärgerlich, doch ließ er sich nichts merken, empfahl sich bei Frau Hart, trotz ihrer liebenswürdigen
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