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Hand und Ring

Titel: Hand und Ring Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Kathrine Green
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Aufforderung zu längerem Bleiben, und kehrte ins Gesellschaftszimmer zurück.
    Die letzten Gäste waren aber soeben fortgegangen, er fand nur leere Räume und mußte sich entschließen, sein eigenes Zimmer im vierten Stock aufzusuchen.
    In dem langen Gang reihte sich Tür an Türe. Er glaubte sich zu erinnern, daß die seinige die dritte von der Treppe sei und öffnete diese ganz zuversichtlich. Sofort erkannte er, daß er in ein falsches Zimmer geraten sei und zwar in Mansells. Dies zeigte schon das zierliche Modell einer kleinen Maschine, das auf dem Tische stand. Aber auch der Erfinder selbst war zugegen. Er saß mit dem Rücken nach der Tür, die Arme auf dem Tisch und den Kopf darauf gelegt, wie gebeugt von Jammer oder Verzweiflung. Rasch wollte sich Byrd wieder zurückziehen, aber die Gestalt verharrte so still, so regungslos, daß ihn ein Schauder ergriff; er trat vor, nannte des jungen Mannes Namen, und da er keine Antwort erhielt, berührte er seine Schulter.
    Dies wirkte. Craik Mansell schnellte in die Höhe und stand schon im nächsten Augenblick vor dem unberufenen Eindringling. Was haben Sie hier zu suchen? rief er mit finster gerunzelten Brauen. Die ganze Heftigkeit seiner Natur sprühte aus den zornigen Augen.
    Entschuldigen Sie, bat Byrd höflich, ich habe mich imZimmer geirrt – –. Sprachlos hielt er inne, kaum seinen Augen trauend: in Mansells rechter Hand erblickte er ein Bild – die Photographie von Imogen Dare. Quer über Gesicht und Gestalt waren unbarmherzig zwei dicke schwarze Striche kreuzweise gezogen. – Sie saßen so unbeweglich da, als ich eintrat, fuhr er fort, ich fürchtete, es sei Ihnen etwas zugestoßen, deshalb rief ich Sie beim Namen.
    Mansell verneigte sich kalt. Ich bin Ihnen sehr verbunden, sagte er, sich unwillig abwendend.
    Byrd sah, daß er allein sein wollte, und mochte sich daher nicht aufdrängen, wie wichtig es ihm auch gewesen wäre, das Gespräch fortzusetzen. Eben öffnete er die Tür, um sich zu entfernen, als sie plötzlich aufgerissen wurde und wiederum der überlästige Brown hereinplatzte.
    Das ging über Mansells Geduld. Zornig trat er auf den zweiten Eindringling zu, wies auf die Tür und fragte, ob es nicht Sitte unter anständigen Leuten sei, anzuklopfen, bevor man ein fremdes Zimmer betrete.
    Brown erschöpfte sich in Entschuldigungen; er wisse gar nicht, wie es zugegangen sei, solchen Irrtum habe er noch nie begangen; er hätte darauf geschworen, dies sei seine Zimmertür. Bitte noch tausendmal um Verzeihung, rief er, sich geräuschvoll zurückziehend.
    Byrd stand starr vor Staunen; dieses seltsame Zusammentreffen ging denn doch über alle seine Begriffe. Er sah ein, wie vergeblich jeder Versuch einer Auseinandersetzung mit dem erzürnten Mansell sein würde; verwirrt und betreten stammelte er nur noch, daß er den andern Herrn nicht kenne, und entfernte sich so schnell wie möglich.

Vierzehntes Kapitel.
    Byrd verbrachte eine ruhelose Nacht. Bald quälte er sich mit Vermutungen, was wohl das unverschämte Benehmen jenes Brown zu bedeuten haben möchte, bald sah er wieder im Geist Mansell in trostlosem Jammer dasitzen, und in seinen unruhigen Träumen verfolgte ihn das verunstaltete Bildnis der schönen Imogen Dare. Das Mitleid mit dem unglücklichen jungen Mann, den nur blinde Leidenschaft zum Verbrecher gemacht haben konnte, regte sich so mächtig in ihm, daß er fast in dem Entschluß wankend wurde, der Fährte weiter nachzuspüren. Erst der neue Tag gab ihm die alte Tatkraft zurück.
    Mansell hatte sich bereits in die Fabrik begeben, als Byrd am andern Morgen zum Frühstück kam; doch fand er Gelegenheit, seinem Vorsatz gemäß den unbequemen Brown scharf zu beobachten. In dem Benehmen dieses Menschen ihm gegenüber lag nichts, was sein Mißtrauen rechtfertigte; er war höflich, zuvorkommend und bereit, ihn ins Gespräch zu ziehen. Noch konnte Byrd nicht umhin, zu glauben, daß von jenem ein feindlicher Einfluß ausgehe, um ihm und seinem Vorhaben zu schaden. – Womit hätte er sich sonst die kühle Zurückhaltung sämtlicher Gäste erklären sollen, die sich ihm noch am Abend zuvor so freundlich erwiesen hatten? Sogar Fräulein Hart gönnte ihm nur wenige kurze Worte.
    Wie groß war aber erst seine Ueberraschung, als die Wirtin, welche bisher die Liebenswürdigkeit selbst gegen ihn gewesen war, ihn zu sich entbieten ließ, um ihm mitzuteilen, sie sehe sich genötigt, anderweitig über sein Zimmer zu verfügen. Zwar suchte sie die Schroffheit

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