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Handbuch für anständige Mädchen

Handbuch für anständige Mädchen

Titel: Handbuch für anständige Mädchen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elaine Di Rollo
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das andere.
    Mr Vine räusperte sich. »Sie brauchen sich nicht die geringsten Sorgen zu machen, meine Liebe.« Er sah blinzelnd zu dem Träger hinüber, der reglos an der Tür stand, zu dem punkah wallah, der draußen auf der Veranda saß und schweigend an seinem Seil zog, und zu den sittsam gesenkten Augen der ayah, die Mrs Birchwoode mitgebracht hatte, damit sie ihr das Kleid richtete und ihren persönlichen Fächer bediente. Alles war an seinem Ort und wie es sich gehörte. Diese Vorfälle auf dem Paradeplatz hatten nichts zu bedeuten. Die Heeresführung hatte es selbst gesagt. Sie mussten es doch wohl wissen? Außerdem war Captain Forbes noch nicht einmal in Barrackpur gewesen …
    »Dummes Zeug«, sagte Mrs Birchwoode energisch. Ärgerlich zog sie ihren Rocksaum unter Mr Toomeys Stiefelabsatz hervor, wo er sich verfangen hatte. »Diesen Meinungsverschiedenheiten unter den Eingeborenen darf man keinerlei Beachtung schenken. Sie sind zu faul, um wegen etwas einen richtigen Streit anzufangen. Ja, Mr Birchwoode findet die Träger in den letzten Monaten lethargischer denn je. Einer hat gestern sogar ein paar chapattis auf seinem Schreibtisch liegen lassen. Das Fladenbrot hat einfach dort gelegen, mitten auf seinen Salzberichten.«
    »Ich habe ein paar auf dem Boden des Gerichtssaals gefunden«, sagte Mr Vine. »Von Ameisen bedeckt.«
    »Was! Warum haben Sie denn nichts gesagt?« Mr Hunter sah aufrichtig besorgt aus. »Die Weitergabe von Gebackenem bedeutet kommende Unruhe.«
    Mr Vine wechselte Blicke mit Mr Ravelston und Dr. Mossly.
    »Wie unhöflich von Mrs Fraser, uns alle so warten zu lassen«, trompetete Mrs Birchwoode. »Mir reicht es wirklich. Mr Vine, sagen Sie es Mrs Fraser klipp und klar: Sie muss eine memsahib werden, oder sie muss die Heimfahrt antreten. Dulden Sie keine Widerrede.« Ihre Hüften drückten gegen den Friedensrichter, als sie sich an einer Bronzestatue von Shiva vorbeischob (einer Neuanschaffung in dem Zimmer seit Mrs Birchwoodes letztem Besuch). Die anderen Damen machten sich bereit, ihr zu folgen. Wie ein Kriegsschiff an der Spitze einer Schlepperflottille führte Mrs Birchwoode den Exodus aus Lilians Salon an.
    Ein paar Augenblicke später waren nur noch Mr Vine, Dr. Mossly und Mr Hunter übrig. Mr Hunter ließ sich auf das niedrige Sofa sinken, das Mrs Ravelston geräumt hatte, und setzte die hookah an die Lippen. Er sah zur Tür. Wo, in aller Welt, steckte Lilian? Er beäugte Mr Vine und Dr. Mossly. Wenn nur diese lächerlichen Gestalten fortgehen würden.
    »Lassen Sie mich offen sein und Ihnen sagen, dass ich beabsichtige, Mrs Fraser zu bitten, meine Frau zu werden«, sagte Dr. Mossly unvermittelt. »Ich bewundere sie nun schon seit vielen Monaten, und ihre hingebungsvolle Arbeit im Hospital gibt mir Grund zu der Annahme, dass meine Hoffnungen nicht ganz unberechtigt sind.«
    »Was?«, entfuhr es Mr Hunter. Er setzte sich aufrechter hin. Ungläubig starrte er den kleinen, rundlichen Mann an, der neben dem Kaminsims stand. Dann lachte er und lehnte sich wieder zurück. Er streckte seine langen Beine aus und kreuzte die Knöchel. »Wirklich?«
    »Ja«, sagte Dr. Mossly. Sein Gesicht war scharlachrot angelaufen. »Meine Arbeit unter den eingeborenen Armen hat mir gewiss ihre Zuneigung beschert.«
    »Aber ich habe vor, sie nach England zurückzubringen«, mischte sich der Friedensrichter ein. »Ihre Schlafkoje ist reserviert. Ich selbst werde sie nach Kalkutta bringen und sicherstellen, dass sie eine sichere Überfahrt hat. Ich hatte gehofft, diese Gelegenheit ergreifen zu können, um sie zu meiner Frau zu machen. Es gibt da eine gewisse Übereinkunft zwischen uns …«
    »Eine Übereinkunft?«, stotterte Mr Hunter. »Haben Sie den Verstand verloren?«
    »Mein lieber Mr Hunter. Ich weiß, dass Sie sich als besonderer Freund von Mrs Fraser betrachten, aufgrund der Tatsache, dass Sie beide einander aus der Heimat kennen, doch ich kann Ihnen versichern, dass die Zuneigung der Dame Ihnen gegenüber lediglich die einer wohlmeinenden Freundin ist, nichts weiter. Dessen hat sie mich mehr als einmal versichert.«
    »Mr Vine, Sie können nicht nach England zurückkehren. Sie werden hier gebraucht!«, rief Dr. Mossly. »Mrs Fraser muss nicht nach Hause zurückkehren, es sei denn, sie möchte es. In dem Fall kann sie mit mir zurückkehren. Ich hege keinen Zweifel daran, dass sie lieber in Indien bleiben und mit mir an ihrer Seite im Hospital Beistand leisten würde.«
    »Aber Sie haben selbst

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