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Handbuch für Detektive - Roman

Handbuch für Detektive - Roman

Titel: Handbuch für Detektive - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C.H.Beck
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Wissen Sie noch, wie ich in den Boten-Hosenträgern aussah? Ich würde sie noch immer tragen, wenn Sie nicht gewesen wären. Sie haben so getan, als wüsste ich Bescheid, noch bevor ich selbst von irgendetwas eine Ahnung hatte. Das macht es jetzt alles so schwierig.»
    «Was macht es so schwierig?»
    «Die Lügerei, Ed. Ich habe Sie angelogen. Andauernd. Aber einen Affen führt man am besten in die Irre, wenn man seinen Dompteur in die Irre führt. Sivart ist der Affe. Das haben Sie immer schon gewusst. Ich möchte nur einfach gerne auch den Rest geklärt haben.»
    «Warum dieser Aufwand?», fragte Lamech.
    «Ed, hören Sie mir zu. Sivarts Fälle waren alle Schwindel.»
    «Seine Fälle», sagte Lamech.
    «Ihre Fälle. Alles Blödsinn. Humbug. Alles, was Sie gelöst haben, war falsch. Was Sie beide gelöst haben. Sie haben ein gutes Team abgegeben. So wollten wir das auch haben. Auf diese Weise konnten wir die wirklich wichtigen Dinge im Verborgenen halten. Bis auf den zwölften November. Den hat er irgendwie richtig gelöst.»
    «Ist das Ihre Hand auf meiner Schulter, Artie?»
    «Hören Sie mir zu. Sie haben großartige Arbeit geleistet, Ed. Die wichtigste Arbeit, die jemals jemand in dieser Einrichtungfür mich getan hat. Bloß nicht so, wie Sie denken. An jenem Abend im Zirkus, als mir bewusst wurde, dass Hoffmann mich – uns alle – in der Tasche hatte, wusste ich, dass ich einen Deal machen musste. Eine Hand wäscht die andere.»
    «Macht sie dreckig, so sieht es doch in Wahrheit aus.»
    «Nun aber mal halblang, Ed.»
    «Wie geht das?», fragte Lamech. «Sie lassen ihn mit seinen Verbrechen davonkommen und vertuschen alles? Die Agentur macht die Knete, Ihre Marionette kann den Helden spielen, und er kriegt alles, was er will?»
    Als Unwin sich das durch den Kopf gehen ließ, wurde ihm mit Übelkeit erregender Klarheit bewusst, wie gut das alles zusammenpasste. Die falsche Mumie, Colonel Baker, der in Wirklichkeit quietschfidel war – Hoffmann und Arthur mussten jeden einzelnen dieser Fälle akribisch ausgetüftelt haben. Die kostbare Trophäe hatte Hoffmann ebenso behalten dürfen, wie er sich Colonels Bakers Besitz unter den Nagel reißen konnte. Und die Agentur bekam ihren Stardetektiv und ihre Titelgeschichten. Sivart war ihnen jedes Mal auf den Leim gegangen, und Unwin mit ihnen – so wie die ganze Stadt.
    «Ich musste reinen Tisch mit Ihnen machen, Ed. Musste Ihnen sagen, wie die Dinge stehen.»
    Lamechs Finger machten sich an seinem Kragen zu schaffen, als würde er nach etwas greifen, bekäme es aber nicht recht zu fassen. Er kämpfte mit den Händen eines Gespensts. Auch Unwin hatte das Gefühl, sie spüren zu können.
    «Da wäre noch etwas», sagte Lamech keuchend.
    Arthur war ganz ruhig, während er sein Gegenüber beobachtete.
    «Etwas, das Sie mir noch nicht gesagt haben? Etwas, das ich wissen muss, aber noch nicht weiß? Wahrscheinlich nicht, Ed. Ich bin der Aufseher. Ich bin der Mann, der zu viel sieht.»
    Doch da gab es wirklich etwas, das wusste Unwin. Penelope. Dass es sie gab, versuchte Miss Greenwood mit allen Mitteln vor Arthur zu verbergen, und diese Anstrengung hatte sie erschöpft. Würde Lamech dieses Wissen preisgeben, um im Gegenzug sein Leben zu retten?
    «Sie sollten ihn überwachen», fuhr Arthur fort. «Das war Ihr Job, Ed. Aber das hier geschieht jetzt nicht, weil Sie gescheitert sind. Es geschieht, weil Sie Ihre Aufgabe so besonders
gut
erfüllt haben.»
    Unwin ging zu Lamech, versuchte nach den Händen zu greifen, die ihn würgten. Seine Finger verschmolzen mit denen des Wächters, glitten durch sie hindurch wie durch einen Schleier. Unwin wurde von kalter Panik ergriffen. Er schrie und schlug um sich.
    «Ich muss nur Ihr Büro sauber machen», sagte Arthur. Ein bisschen aufräumen.»
    Unwin schloss seine träumenden Augen, doch es wollte ihm nicht gelingen, das Bild des um sein Leben kämpfenden Mannes auszublenden. Der Traum ließ sich nicht vertreiben. Im Büro des Wächters im sechsunddreißigsten Stock war Lamech ebenso gestorben, wie er hier gerade starb. Seine letzten Zuckungen bildeten ein seltsames geometrisches Muster inmitten der flatternden Papiere. Die Tauben waren wie hypnotisiert.
    Lamech versuchte noch immer zu sprechen, doch Arthur hatte wieder damit begonnen, Unterlagen zu sortieren. Unwins Sinne überzogen sich mit einem Grauschleier, während der Körper des Wächters erstarrte.
    Unwin spürte, wie er vom Bett gehoben wurde, wie die Decke von seinem

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