Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Handbuch für Detektive - Roman

Handbuch für Detektive - Roman

Titel: Handbuch für Detektive - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C.H.Beck
Vom Netzwerk:
war.
    Was sie fast hätte auffliegen lassen, war die Tatsache, dass sie nicht die gleiche Schusshand hatten: Sherbrooke war Linkshänder, Reginald Rechtshänder. Einmal hatte ein General diese Diskrepanz bemerkt, und Sherbrooke sagte: «Im Schützengraben, Sir, bin ich ambidexter. In der Offiziersmesse benutze ich eine Gabel.» Das hatte so wenig Sinn ergeben, dass es funktionierte.
    Ich nahm den Whiskey mit und hatte ihn ausgetrunken, bevor ich ins Arbeitszimmer zurückkehren konnte. Sie hatten die Leiche liegen gelassen, wie ich es erbeten hatte, obwohl der Leichenbeschauer allmählich gereizt wurde. Ich war ausgesprochen ehrlich zu ihm, eineTaktik, die bei Männern seines Schlages gewöhnlich funktioniert. Ist es etwa falsch von mir, Schreiber, wenn ich mir manchmal vorkomme wie in einem Kriminalhörspiel?
    Detektiv: Hier, an der rechten Hand des Opfers, zwischen Daumen und Zeigefinger. Was sehen Sie?
    Leichenbeschauer: Nun, das sind Tintenflecken. Was ist damit? (Arm kracht auf den Boden)
    Detektiv: Colonel Sherbrooke Baker war Linkshänder. Sonderbar, wenn Sie mich fragen. Halten Sie es nicht für seltsam, dass ein Linkshänder die Feder in der Rechten hält?
    Leichenbeschauer: Nun, ich …
    Detektiv: Und diese Wunde. Der Winkel der Einstiche. Geht aus Ihrer Untersuchung hervor, ob der Mörder Links- oder Rechtshänder war?
    (Es wird geblättert.)
    Leichenbeschauer: Lassen Sie mich sehen. Ah! Der Dolch wurde mit der Linken geführt!
    Detektiv: Ganz genau, denn Sherbrooke Baker ist der Täter, nicht das Opfer. Dies ist der Leichnam von Reginald, seinem Bruder
.
    (Vorhang)
    Reginald hatte vom Tod seines Bruders erfahren und war gekommen, um seinen rechtmäßigen Anteil des Erbes einzufordern, nur um dann festzustellen, dass sein Bruder immer noch lebte. Die beiden Männer hatten seit Jahren nicht mehr miteinander gesprochen, und keiner von beiden war besonders glücklich, den anderen zu sehen. Ihre Entfremdung, durch die Täuschung, die sie in ihrer Jugend begangen hatten, notwendig geworden, hatte tiefe Wurzeln geschlagen. Sherbrooke hatte den weitaus größeren Profit ausihrem Komplott geschlagen, doch das machte ihn nicht großzügiger. Die Miséricorde war eines seiner liebsten Stücke gewesen, und er hatte schon immer nach einem Vorwand gesucht, sie einmal zu benutzen.
    Sivart spürte den Colonel in einem Versteck in einer alten Festung im Stadtpark auf.
    Er war halb verrückt, als wir ihn fanden, und seine Flucht ging blitzschnell. Wir verloren seine Spur in den Wäldern östlich der Festung. Dann, eine Stunde später, erhielten wir die Nachricht, ein Mann in Uniform stehe auf der Brücke, die über den East River führt. Bis wir eintrafen, war er schon gesprungen.
    Der letzte Bericht in dem Fall, ein paar Tage später, war der kürzeste von allen gewesen.
    Heute wurde eine Jacke angespült, an die so viele Orden geheftet waren, dass es an ein Wunder grenzte, dass sie nicht auf den Grund gesunken und dort geblieben war. Es bestand kein Zweifel daran, wem sie gehörte. Der Colonel war dreimal gestorben, bevor er wirklich tot war. Leos Name ist reingewaschen, und wie ich höre, hat er seine Schulden bei der Agentur vollständig bezahlt. Dennoch kein Wort des Dankes von ihm, und meine Gehaltsabrechnung lautet auf genau die gleiche Summe wie sonst auch.
     
    «Die Leiche wurde nie gefunden», gab Unwin zu, «aber man konnte dennoch zu keinem anderen Schluss kommen als dem, dass Colonel Baker tot war. Die Beweisführung ist wasserdicht, jedes Indiz gründlichst untermauert …» Er verstummte und sah vor seinem geistigen Auge den Goldschimmer im Munde des ältesten Mordopfers der Welt. Sivart und er hatten sich schon einmal getäuscht; konnte das etwa wieder der Fall sein?
    Miss Greenwood musterte ihn aufmerksam.
    «Das ‹Älteste Mordopfer der Welt› ist eine Fälschung»,sagte er. «Colonel Baker lebt, trotz seiner drei Tode. Ist es das, was Sie mir sagen wollen, Miss Greenwood? Und was ist mit Sivarts anderen Fällen? Seinen Erfolg beim ‹Mann, der den zwölften November stahl› können Sie wohl kaum in Zweifel ziehen.»
    «Tut mir leid, dass ich Sie angelogen habe», sagte sie. «Ich bin wirklich in die Agentur gekommen, weil ich Hilfe brauche, aber ich wusste ja, wie man mich empfangen würde, wenn ich meinen richtigen Namen benutzt hätte. Bitte setzen Sie sich doch zu mir, Herr Detektiv.»
    Unwin missfiel die Art und Weise, wie sie seinen Titel verwendete. Es klang wie eine Ermutigung. Dennoch folgte

Weitere Kostenlose Bücher