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Handbuch für Detektive - Roman

Handbuch für Detektive - Roman

Titel: Handbuch für Detektive - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C.H.Beck
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Zweireiher von erlesenem Schnitt. Als sie Unwin erblickte, schob sie ihren Galan beiseite und kam auf ihn zu. «Wie finden Sie das Kleid?», fragte sie.
    Es war schwarz, hatte einen tiefen Ausschnitt und reichte fast bis zum Boden. Es war, wie Unwin gerne gesagt hätte, sehr vorteilhaft. Die Worte wollten ihm nicht einfallen, abersie lächelte, nahm seine Hand und führte ihn zur Tanzfläche. Er hatte immer noch seinen Schirm in der Hand, den er nun in seinen Arm einhängte, während sie Walzer tanzten.
    Emily lachte ihn an. «Geben Sie’s zu», sagte sie. «Sie brauchen mich. Ohne mich könnten Sie das alles gar nicht tun. Sie müssen nicht lügen, Detektiv Unwin. Vertrauen Sie mir ruhig Ihre innersten Gedanken und Überlegungen an.» Sie lachte wieder und fügte hinzu: «Ich bin ein vertrauenswürdiges Mädchen!»
    «Ich würde Sie nie anlügen», log Unwin.
    «Ich bin so froh, dass wir uns endlich alles sagen können. Es ist anders hier, finden Sie nicht? Anders als im Büro? Und anders als im Auto?» Beim Tanzen führte sie, und er war dankbar dafür, denn er war ebenso wenig ein Tänzer wie ein Autofahrer.
    «Kommen Sie öfters hierher?», fragte er.
    Sie schaute sich um. «Ich bin mir wirklich nicht sicher.»
    «Wir träumen», sagte er. «Vorher war ich mir nicht sicher, aber jetzt schon. Wir träumen beide.»
    «Lieb von Ihnen», sagte Emily. «Hören Sie zu. Warum sagen Sie mir nicht, wieso Sie sich für Cleopatra Greenwood interessieren? Was ist an ihr denn so besonders? Weiß sie Bescheid, denken Sie das? Wieso können Sie sich denn sicher sein, dass ich nicht auch Bescheid weiß? Lassen Sie mich nicht außer Acht, Detektiv Unwin.»
    Er hatte die Frau im karierten Mantel wiederentdeckt, die immer noch allein an ihrem Tisch saß. Anders als alle anderen im Raum trug sie immer noch dieselben Kleider wie zuvor: ein schlichtes blaues Nachthemd, blaue Pantoffeln. Unwin merkte sich solche Sachen. Er war ein gewissenhafter Träumer. «Bitte entschuldigen Sie», sagte er zu Emily und verließ die Tanzfläche.
    «He!», rief ihm seine Assistentin hinterher.
    Er ging zu der Frau mit dem karierten Mantel. Sie saß mit übereinandergeschlagenen Beinen da und schaute den Tanzenden zu. Jetzt standen ihre Augen offen, grau und kühl. Sie musterten Unwin, als er näher kam, und er musste sich anstrengen, sein Gleichgewicht zu halten. Es fühlte sich an, als liefe er über Sand und Wellen schlügen über seinen Füßen zusammen.
    «Ich kann mich nicht erinnern, Sie eingeladen zu haben», sagte die Frau im karierten Mantel.
    «Ist das nicht Hoffmanns Party?»
    Sie nippte an ihrer Milch. «Hat er das behauptet?»
    Die Frau im karierten Mantel schien mehr zu wissen als er. Als ihm dies klar wurde, fühlte er sich hilflos und seltsam betrogen. «Ich dachte, ich hätte Sie da in eine gefährliche Sache hineingezogen», sagte er und stützte sich auf seinen Schirm. «Aber es ist genau umgekehrt, stimmt’s? Wer sind Sie?»
    Allmählich wirkte sie verärgert. «Es ist zu früh, um darüber zu sprechen», sagte sie. «Sie haben Ihren Bericht noch nicht fertig.»
    «Meinen Bericht?»
    Sie seufzte und blickte auf einen ihrer Füße in den Pantoffeln. «Ich bin doch Ihre Schreiberin.»
    Die Musik hatte sich zu neuen Höhen aufgeschwungen, und die Tanzenden wirbelten ausgelassen über den Boden. Arthur, der Akkordeonspieler, schrie etwas, während er spielte. Unwin drehte sich um, sah, wie das Gummiband am Bass riss und durch den Raum schnalzte – damit war die Runde beendet.
    Als er sich wieder umdrehte, war die Frau im karierten Mantel verschwunden. Die Party neigte sich ihrem Ende zu,alle verabschiedeten sich. Was war mit Emily geschehen? Es war unhöflich von ihm gewesen, sie allein auf der Tanzfläche stehen zu lassen.
    Miss Greenwood trat auf ihn zu und nahm ihn am Arm. «Ein paar von uns kommen noch mit zu mir», sagte sie.
    Der Butler nickte ihnen zu, als sie zur Tür hinausgingen, und ein Dutzend Leute gratulierte Miss Greenwood zu ihrer Darbietung. Der Mann in dem Doppelreiher war auch unter ihnen, Emily hingegen nicht. Gemeinsam gingen sie unter den Ahornbäumen entlang, und ein kahlköpfiger Mann in einem Smoking nahm sich eine Handvoll Schraubenflieger und warf sie in die Luft. Sie wirbelten über ihre Köpfen hinweg, und er rief: «Verrückte kleine Propeller!»
    Sie kehrten ins Gilbert Hotel zurück und kletterten die Feuerleiter zu Miss Greenwoods Zimmer hoch. Der Mann im Smoking ließ einen Champagnerkorken knallen,

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