Handbuch für Detektive - Roman
klirrten düster unter Piths Gewicht.
Die Rooks hatten auch Edwin Moore erwischt. Er steckte immer noch in seiner grauen Museumswärteruniform und lag, an Händen und Füßen gefesselt, neben Pith. Der alte Mann war bewusstlos und zitterte. Wie lange hatten sie ihn draußen im Regen liegen lassen?
Jetzt kamen die Rooks die Auffahrt hoch. Unwin lief nach drinnen. Eine Gruppe von Schlafwandlern strömte, beunruhigt und verwirrt durch den Pistolenknall, durch die Vorhangtür. Er zwängte sich hindurch und lief, auf der Suche nach einem Platz, wo er sich verstecken konnte, die Treppe hoch. Er öffnete die erste Tür, die er sah, und ging hinein.
Das Zimmer war dunkelrot tapeziert. Im Kamin brannte ein Feuer, knisternd und warm. An der hinteren Wand hing eine Reihe alter Waffen, Schwerter und Seitengewehre, die es mit der Sammlung im Stadtmuseum hätten aufnehmen können. Jetzt wusste er, warum er das Gefühl gehabt hatte, den Ort schon zu kennen. Es war das Landhaus, das einmal Colonel Sherbrooke Baker gehört hatte, und in genau diesem Raum hatte er seinen Bruder ermordet. Hier lagerte sein kostbarster Schatz, vollständig und sorgfältig gepflegt. Hatte sein Sohn Leopold ihn in all den Jahren gehütet?
Nein: Ein Objekt hier gehörte nicht zum Erbe der Bakers. In einer Glasvitrine auf einem separaten Tisch lag, klein und verschrumpelt und gelb, das «Älteste Mordopfer der Welt», und zwar das richtige. Unwin war in das Trophäenzimmer von Enoch Hoffmann gestolpert.
Zwei Ohrensessel waren zum Kamin ausgerichtet. In einem davon saß ein kleiner Mann im blauen Pyjama mit roter Borte. Als er Unwin sein kantiges Gesicht zudrehte, schien er ihn unter schweren Lidern hervor anzublicken. In einer Hand hielt er einen Kognakschwenker und bedeutete Unwin, sich zu setzen, schenkte dann ein zweites Glas ein und stellte es auf den Säulentisch.
Was für ein Narr war Unwin gewesen, dass er all die Jahre das Verschwinden des berüchtigten Bauchredners bedauert hatte! Kein Bericht konnte es mit dieser Begegnung hier aufnehmen.
Hoffmann bot ihm einen Zigarrenschneider an, und Unwin merkte, dass er die Zigarre, die ihm der Schlafwandler draußen gegeben hatte, immer noch in der Hand hielt. Er legte sie auf den Tisch. «Mr. Hoffmann», sagte er, «ich möchte wirklich nicht Ihr Gegenspieler sein.»
Hoffmann kicherte vergnügt vor sich hin, oder vielleicht schnarchte er ja auch. Er nahm sich eine Zigarre und schnitt die Spitze ab.
«Ich möchte nicht wissen, ob Sie Edward Lamech umgebracht haben», fuhr Unwin fort. «Oder wessen Leiche da im Museum liegt, oder was Sie mit Edwin Moore im Schilde führen. Ich will nicht einmal wissen, was Sie mit den ganzen Weckern vorhaben. Ich möchte nur Detektiv Sivart finden, damit ich meinen alten Job zurückbekomme.»
Hoffmann zuckte mit den Schultern. Er zündete die Zigarre an und machte paffend ein paar Züge. Dann hob er sein Glas, als wollte er einen Trinkspruch ausbringen, und wartete, bis Unwin seines nahm. Sie stießen an und tranken. Der Brandy brannte auf Unwins Lippen.
«Wenn Sie mir schon nicht sagen können, wo er ist», meinte Unwin, «dann können Sie mir vielleicht etwas übereinen Ihrer Gäste verraten. Sie trägt immer einen karierten Mantel.»
Hoffmann sprang aus seinem Sessel hoch und schleuderte seinen Kognakschwenker ins Feuer. Das Glas zerbarst, und die Flammen im Kamin loderten auf. Hoffmann lehnte sich an den Kaminsims, den Kopf in den Armen verborgen. Seine Schultern zuckten heftig.
Unwin stand auf und ging zu ihm. Eigentlich wollte er das nicht, doch er konnte nicht anders. Er legte dem Magier die Hand auf die Schulter. Hoffmann fuhr herum und starrte ihn mit leeren Augen an.
Der Brandy brannte sich immer noch seinen Weg in Richtung Unwins Magen. «Bitte» sagte er, und was er damit sagen wollte, war:
Bitte wachen Sie nicht auf
, doch die Worte blieben ihm im Halse stecken und wurden vom Brandy gelöscht. Unwin taumelte rückwärts, das Feuer loderte auf, und von unten drangen die Klänge des Akkordeons und des Gummibandbasses herauf.
Unwin würgte an dem Kognak und dem Rauch und floh aus dem Zimmer. Er folgte der Musik.
Unten waren alle so elegant gekleidet. Er lockerte seinen Kragen und holte ein paarmal tief Luft, weil er spürte, wie sein Puls langsamer wurde. Er war froh, endlich an der Party teilnehmen zu können. Emily Doppel kam aus dem Spielsalon, und der Mann, der sie begleitete, hatte sich nicht nur ein Hemd angezogen, sondern trug jetzt auch einen
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