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Handbuch für Detektive - Roman

Handbuch für Detektive - Roman

Titel: Handbuch für Detektive - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C.H.Beck
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gekommen bin», sagte sie. «Den Ersatzschlüssel habe ich gestern in Ihrem Schreibtisch gefunden. Und da ich nicht zurück ins Büro konnte, bin ich direkt hierhergekommen. Dachte mir, Sie wollten gleich am Morgen mit Ihrem Fall anfangen.»
    «Sie haben meinen Ersatzschlüssel geklaut?»
    «Geklaut ist gemein», sagte sie. Sie nahm ein Ei aus dem offenen Karton, schlug es auf und ließ es in die Bratpfanne gleiten, das alles machte sie mit einer Hand.
    «Emily, wir haben keine Zeit zum Frühstücken. Einer meiner wichtigsten … Kontaktleute. Er wurde entführt.»
    «Entführt? Wer ist es?»
    Unwin war sich nicht sicher, ob ihre Frage aufrichtig gemeint war. Emily schien immer mehr zu wissen, als sie zugab. Trotzdem hatte sie ihm bisher nur geholfen, deshalb würde er ihr vorerst einmal trauen. «Er ist Museumswärter. Er …»
    «Essen Sie beim Reden, Detektiv. Ich werde es nicht als unhöflich empfinden.»
    Es hatte mehr wie ein Befehl als wie ein Vorschlag geklungen. Unwin zog den Teller zu sich heran, griff nach einem Toast und aß alles im Stehen. Er war hungriger, als er gedacht hatte, und die Eier waren perfekt zubereitet, das Eiweiß fest und der Dotter noch weich. «Er heißt Edwin Moore», sagte er zwischen zwei Bissen. «Er sagte mir, früher habe er für die Agentur gearbeitet.»
    Darüber dachte sie einen Moment lang nach. «Dann könnte er wertvoll sein – wenn er die Wahrheit sagt. Wo ist er?»
    «Die Rook-Brüder haben ihn mitgenommen.»
    Sie stand ganz still da und fuhr sich mit der Zungenspitze über die krummen Zähnchen. Dann streute sie etwas Pfeffer über das Ei in der Pfanne. «Die Rooks hat keiner mehr gesehen, seit Hoffmann untergetaucht ist», sagte sie.
    «Emily, erinnern Sie sich an irgendetwas von vergangener Nacht? Aus dem
Ratzekatz

    Er sah, vergrößert durch ihre Brillengläser, wie es in ihrem Augenwinkel zuckte. Ein Teil von ihr wusste, wovon er redete, aber sie sagte: «Ich bin direkt nach Hause gefahren, nachdem ich Sie am Gilbert abgesetzt hatte. Ich habe ein Kreuzworträtsel gemacht und bin dann ins Bett gegangen.
Ratzekatz
… das kommt mir bekannt vor. Haben Sie auchdieses Kreuzworträtsel gelöst? Ich glaube, das war das Lösungswort. Aber ich bin mir nicht sicher. Diese Woche war das Rätsel besonders schwer.»
    Dann erinnerte sie sich also nicht an ihren Tanz oder an irgendetwas anderes, das sie gesehen hatte.
    Unwin setzte sich. «Enoch Hoffmann ist zurück», sagte er zu ihr. «Die Rooks arbeiten wieder für ihn, und sie führen irgendwas im Schilde. Etwas Großes, glaube ich. Wenn wir Sivart jemals finden wollen, müssen wir herausfinden, in welchem Fall er gerade ermittelte, als er verschwand.»
    Sie war einen Moment lang still. Dann ließ sie ihr Ei auf einen Teller gleiten und sagte: «In diesem Fall müssen Sie zum Wanderzirkus-der-nicht-mehr-wandert.»
    Unwin wusste, dass sie recht hatte. Die Rooks hatten immer vom Zirkus aus agiert – vor dreizehn Jahren waren sie mit ihm in die Stadt gekommen. Ins
Letzte Nickerchen
hatten sie Moore bestimmt nicht mitgenommen: Dort gab es zu viele Fragen zu beantworten. Doch in der unbeleuchteten Zeltstadt von Caligari konnten sie ungestört ihren finsteren Geschäften nachgehen.
    Emily trug ihren Teller an den Tisch, setzte sich und faltete eine Serviette auf ihrem Schoß auseinander. «Ich hoffe bloß, dass er es wert ist», meinte sie.
     
    Sie gingen nebeneinander unter Unwins Regenschirm. Keiner der beiden hatte die Morgenzeitung gelesen, doch sie ahnten, dass Unwins Foto vermutlich auf der Titelseite prangte. Sie hielten sich an Gassen und Seitenstraßen, und an den Ecken prüfte Emily schnell nach, ob die Luft rein war. Dann nahm sie ihn bei der Hand und zog ihn mit sich, während er sich den Schirm noch tiefer vors Gesicht hielt.
    «Gehen wir nicht falsch?», fragte er.
    «Ich glaube, der nächste Eingang liegt einen Block nördlich von hier.»
    Er wusste, dass es besser war, nicht nachzufragen, und außerdem machte Emily ihre Sache wirklich gut und erreichte es, dass sie unbehelligt blieben. Auf den Gehwegen begegnete ihnen niemand, und es waren keine Fahrzeuge auf den Straßen unterwegs. Trotzdem hatte Unwin das Gefühl, dass jemand sie beobachtete. Er versuchte sich damit zu beruhigen, dass Sivart dies ja als etwas Gutes betrachtet hatte.
Bedeutet nur, dass ich meinen Job mache
, hatte er oft geschrieben.
    Sie winkte ihn in eine U-Bahn-Station hinunter und förderte aus den Tiefen ihrer Rocktasche zwei Münzen

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