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Handbuch für Detektive - Roman

Handbuch für Detektive - Roman

Titel: Handbuch für Detektive - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C.H.Beck
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Name sei gestohlen – von einem Vorfahren seiner Zunft, der in Verruf geraten und in den Ruhestand gegangen war.
    Sivart war damals einer von mehreren Informationssammlern gewesen, die mit den Ermittlungen betraut waren. Eines Tages war er genüsslich über das Zirkusgelände geschlendert und hatte schließlich einen kleinen Pavillon am hinteren Ende des Platzes betreten. Hier saß eine über zwei Meter vierzig große Frau über einen Arbeitstisch gebeugt und hantierte mit allerlei übel riechenden Pülverchen aus Flaschen und Schüsseln, die sie abwog und mixte.
    Das Mädel braucht dringend ein größeres Zimmer
, schrieb Sivart damals in seinen Bericht. Hildegard, entdeckte er, leitete die pyrotechnischen Vorführungen der Truppe und trat außerdem als Riesin auf.
Wir haben uns wie alte Kumpels unterhalten und nach einer Weile sogar etwas miteinander getrunken. Na ja, «miteinander» ist etwas übertrieben, denn sie leerte meinen Flachmann in einem Zug. Ich ging nach draußen, um Nachschub zu holen, und kam mit einem Fässchen leckerem Schnaps zurück, denich aus der Tasche der Agentur bezahlte, vielen Dank auch. Wenn ich bei der Arbeit schon trinken muss, dann will ich wenigstens nicht dafür zahlen.
    Die beiden saßen stundenlang zusammen. Hildegard schien zu wissen, was er dort machte, ließ sich aber trotzdem nicht davon abhalten, ihm von ihrer Zeit beim Zirkus zu erzählen, von den Orten, an denen sie gewesen war, und den Dingen, die sie gesehen hatte. Während sie erzählte, schüttete sie ihre Schwarzpulvermischungen in die zylinderförmigen Röhren von Raketen und befestigte Lunten daran. Wenn Sivart dem explosiven Zeug zu nahe kam, schob sie ihn einfach mit ihrer riesigen Hand zurück.
    Das netteste Mädel, mit dem ich seit Monaten gequatscht habe
, schrieb Sivart.
Bestimmt ist die Luft da oben besser.
    Erst als Sivart die Rede auf Caligari selbst gebracht hatte, war die Riesin einsilbig geworden. Das Fässchen war mittlerweile fast leer, und er musste es mit einem etwas direkteren Weg versuchen. Stimmte es, dass der Zirkus als Sammelbecken für Kriminelle und Gesetzlose diente? Und dass Caligari überall dort, wo er hinkam, für Korruption und Zerstörung sorgte?
    Die Riesin schwieg. Ohne auf ihn zu achten, machte sie mit ihrer Arbeit weiter.
    In diesem Moment steckte ich mir eine Zigarre in den Mund, biss die Spitze ab und hielt ein Feuerzeug daran. Bevor ich es entzünden konnte, hatte sie meine Faust gepackt. Ich zeigte ihr mein frechstes Grinsen und sagte: «Ich kann verstehen, dass du nicht drüber reden willst, mein Engel. Vielleicht sollte ich deshalb mit dem Mann selbst sprechen?»
    Obwohl Sivarts Bericht über diese Ermittlungen zu keinem spezifischen Fall gehörte, war er bedeutsam als die einzige dokumentierte Schilderung eines Treffens zwischeneinem Detektiv und Caligari. Der Zirkusdirektor war gerade in dem Zelt, in dem die Elefanten untergebracht waren. Laut der Beschreibung des Detektivs handelte es sich um einen graubärtigen, flinken Mann in einem uralten mottenzerfressenen Anzug und blauen Augen hinter runden, drahtgefassten Brillengläsern. Zu Sivart sagte er, er komme gerade recht, um ihm beim Putzen der Dickhäuter zu helfen.
    Ein kleines Mädchen von vielleicht sieben Jahren reichte dem Detektiv eine Bürste und sagte: «Sie mögen es, wenn man sie hinter den Ohren schrubbt.»
    Aus dem Bericht:
    Offensichtlich verrichten Caligari und seine kleine Assistentin die schmutzige Arbeit selbst, und zwar fast jeden Tag. Es ist nicht besonders spaßig und trägt nicht gerade zu einem wohltuenden Geruch bei. Wann immer ich mich niedergeschlagen fühle, Schreiber, erinnern Sie mich bitte daran, nicht wegzulaufen, um mich einem Zirkus anzuschließen.
    «Die Ohren», mahnte mich das Mädchen. Ich war gerade dabei, dem großen Kerl den Rücken einzuseifen, und sie hielt mir bei meiner Arbeit die Leiter, was angesichts all des Fusels in meinem Bauch auch besser war.
    «Ja, klar», sagte ich zu ihr. «Die Ohren.»
    Wir drei plauderten, und Caligari erzählte mir ein paar Schoten, die natürlich nicht stimmten. So kümmere er sich deshalb besonders um die Elefanten, weil ihre Träume so interessant seien und noch dazu klar wie Kristall.
    Dabei musste ich kichern. «Wie machen Sie das denn», sagte ich, «ziehen Sie ihnen die Augenlider hoch und leuchten sie mit einer Taschenlampe an?»
    «Alles, was ich Ihnen sage, entspricht der Wahrheit, meinte er, «und alles, was Sie sehen, ist so real wie Sie

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