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Handbuch für Detektive - Roman

Handbuch für Detektive - Roman

Titel: Handbuch für Detektive - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C.H.Beck
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größten der Pavillons, aus dem wie auf Kommando ein paar Männer mit Schaufeln herausgelaufen kamen.
    Unwin sprang von der Stoßstange und schlich zur Beifahrerseite. Die Männer machten sich auf der Stelle an die Arbeit und schaufelten die Wecker ins Zelt, wo bereits Tausende auf großen Haufen lagerten. Ihr Ticken klang wie ein ohrenbetäubendes Echo. Drunten am Kai verluden Traktoren haufenweise Wecker auf einen wartenden Lastkahn.
    Der Dampfmotor des Lasters kam stotternd zum Stillstand, und einer der Rooks kletterte, in der Hand ein Klemmbrett, aus dem Führerhaus. Unwin ging neben dem Hinterreifen in Deckung. Als er unter dem Laster hindurchblickte, sah er, wie die Schuhe eines Hafenarbeiters neben einem Paar klobigen, ungleichmäßig großen Stiefeln auftauchten – denen von Josiah.
    «Was will Hoffmann denn eigentlich damit?»
    «Ich glaube, in deinem Vertrag stand was über Fragen und ob sie gestellt werden dürfen», sagte Josiah.
    «Richtig, stimmt ja», sagte der Hafenarbeiter. Er klappte ein Feuerzeug auf und folgte Josiah in Richtung Zelt. «So lange ich bezahlt werde.»
    Der Laster parkte nicht weit von einer Reihe kleiner Häuschen entfernt. Sie waren dicht an dicht gebaut, sodass sich manche fast berührten. Unwin hielt sich an die Wege dazwischen, duckte sich unter den Fenstern, obwohl sie alle dunkel waren. Er bewegte sich, so schnell er konnte, wobei er den Schirm zusammengeklappt in der Hand hielt, und suchte nach einem Zeichen von Edwin Moore.
    Als er um eine Ecke bog, wäre er beinahe mit einem riesigen Tier zusammengestoßen – einem echten, nicht einem dieser Abbilder aus Gips. Es war ein Elefant, und er sah im Regen grau und wild aus. Seine gelben Augen leuchteten hell in den dunklen, runzligen Höhlen. Unwin rutschte aus und fiel direkt vor den Füßen der Kreatur in den Schlamm. Erschrocken erhob sich der Elefant auf die Hinterbeine und reckte den Rüssel in die Höhe.
    Unwin erstarrte, als die Vorderbeine des grauen Riesen über seinem Kopf strampelten. Er roch den moschusartigen Geruch des Tieres, hörte sein Schnaufen. Schließlich hielt der Elefant still und senkte dann ganz langsam seine säulenartigen Vorderbeine auf den Boden herab.
    Unwin stand auf und nahm seinen Schirm in die Hand. Zwei weitere Elefanten befanden sich in einem notdürftig eingezäunten Pferch. Beide waren schon älter und lagen flach mit dem Bauch im Schlamm. Alle drei waren an denselben Pfosten gekettet, und ihre Stricke waren verheddert und verknotet. Der größte Elefant, dessen Haut vom Alter ganz schlaff war, hob den Kopf und stellte die Ohren auf, bliebansonsten aber ganz ruhig. Der andere blickte in Unwins Richtung, rollte mit den Augen und hob den Rüssel aus dem Schlamm. Im Regen wandte er suchend sein Maul in Unwins Richtung. Als er schnüffelte, drang Dampf aus seinen Nüstern. Das jüngste Tier begann sich ungeduldig hin- und herzuwiegen, und unter seinen großen runden Füßen quoll Schlamm hervor.
    Offenbar waren die Tiere aus ihrem Pavillon vertrieben worden, um Platz für die Wecker zu machen. Unwin erinnerte sich an die Zuneigung, mit der Caligari über die Tiere gesprochen hatte, und empfand Übelkeit bei ihrem jetzigen Anblick. Er hätte sie gerne freigelassen, aber selbst wenn es ihm gelungen wäre, den Pflock zu entfernen, war es unwahrscheinlich, dass er damit die Lage der Elefanten verbessert hätte. Wenn diejenigen, denen die Tiere anvertraut waren, so wenig für sie übrighatten, dass sie sie hier unterbrachten, würden sie dann zögern, sie zu töten, wenn sie frei auf dem Gelände des Zirkus herumliefen? Unwin würde später zu ihnen zurückkehren müssen; jetzt musste er sich darauf konzentrieren, Edwin Moore zu finden.
    In den Fenstern eines der Häuschen schimmerte ein flackerndes rosiges Licht. Hinten strömte Rauch aus einem krummen Ofenrohr, und Unwin glaubte, Musik spielen zu hören. Er ging ans Fenster und spähte hinein. Drinnen standen ein kohlebeheizter Bullerofen, ein Tisch, der mit Büchern bedeckt war, und mehrere Eimer voller schmutziger Teller und Tassen. Ein Grammophon lief, und jetzt erkannte Unwin das Lied. Es war dasselbe, das Cleopatra Greenwood vergangene Nacht im
Ratzekatz
gesungen hatte.
    Im hinteren Teil des einzigen Raumes standen zwei Betten, säuberlich gemacht und nur wenige Zentimeter voneinander entfernt. Noch mehr Bücher waren über die Bettenverstreut, und die Kissen waren makellos. Edwin Moore saß an das Fußende des einen Bettes gelehnt. Er war

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