Handy-Falle
Schranktür zu, und ein Schlüssel drehte sich quietschend im Schloss. Kim schluckte. Jetzt saßen sie in diesem Kellerloch fest. Sie waren Franks Gefangene.
»So ein Mistkerl!«, schimpfte Franziska. »Na warte, der kann was erleben, wenn wir hier wieder draußen sind.«
Kim seufzte. »Das wird wohl noch eine Weile dauern, fürs Erste sitzen wir hier fest.«
Franziska zückte ihr Handy. »Ich hab’s! Wir können doch einfach die Polizei anrufen!« Nachdem sie einen Blick auf das Display geworfen hatte, ließ sie das Telefon enttäuscht wieder sinken. »Na super! In diesem Kellerloch gibt’s natürlich kein Handynetz. Verflixter Mist!«
Marie machte ein nachdenkliches Gesicht. »Meint ihr, Franks dringende Erledigungen haben etwas mit Anna zu tun? Immerhin hat er von einer Heulsuse geredet, um die er sich kümmern will. Ich finde, das klingt gar nicht gut …«
Kim nickte. »Stimmt. Vielleicht hat er Angst, dass Anna den Druck nicht mehr aushält. So wie sie vorhin geheult hat, könnte es gut sein, dass sie zusammenbricht und ihren Eltern doch alles erzählt. Ob er sie noch mehr einschüchtern will? Und dieses Mal nicht übers Handy, sondern persönlich? Aber das hieße ja, dass er weiß, wo sie gerade ist …«
Franziska wurde blass. »Wir müssen Anna warnen! Wenn Frank wirklich gerade auf dem Weg zu ihr ist, schwebt sie in großer Gefahr.« Franziska rannte die Kellertreppe hinauf, rüttelte an der verschlossenen Tür und schlug mit den Fäusten gegen das Holz. Aber die Tür bewegte sich keinen Millimeter.
»Lass mich mal«, sagte Marie, folgte Franziska auf den oberen Treppenabsatz und schob sie zur Seite. Sie zog eine Haarnadel aus ihrer Jeanstasche und begann, damit im Schloss herumzustochern. »Mein Vater hat mir mal gezeigt, wie man mit einer Haarnadel ein Schloss knacken kann. Das musste er für eine Folge von der Vorstadtwache lernen. Ich weiß bloß nicht, ob der Trick bei diesem Schloss auch funktioniert …«
Kim hatte den Lautsprecher wieder aufgedreht und lauschte den Geräuschen, die aus den Boxen drangen.
»Wir müssen unbedingt herausfinden, wo Anna gerade ist«, sagte sie. »Vielleicht können wir sie dann doch noch irgendwie warnen.«
Von Anna selbst war jetzt bis auf ein gelegentliches Seufzen nichts mehr zu hören. Sie schien sich wieder halbwegs beruhigt zu haben. Im Hintergrund schlug die Kirchturmuhr wieder. Es war halb zwei. Kim dachte kurz an ihre Mutter, die jetzt wahrscheinlich gerade fuchsteufelswild am Esstisch saß und sich über ihre unzuverlässige Tochter aufregte. Jetzt drangen wieder Stimmen aus dem Lautsprecher und das Geräusch von knirschendem Kies. Zwei Frauen unterhielten sich. Erst wurden sie lauter, dann wieder leiser.
»Eine Kirche, Menschen, Schritte auf einem Kiesweg …«, murmelte Kim. »Könnte ein Friedhof sein. Ob Anna auf dem alten Friedhof sitzt? Dort, wo sie neulich den Umschlag versteckt hat?«
Franziska schüttelte den Kopf. »Glaub ich nicht. Da gab’s keine Kieswege, und außerdem war der Friedhof doch total verlassen. Da liefen keine Leute herum, die sich unterhalten haben.«
Kim nickte und spitzte die Ohren. Jetzt ertönte wieder dieses merkwürdige, schnatternde Geräusch. Was zum Teufel war das? Es klang so ähnlich wie ein Haufen alter Tanten beim Kaffeeklatsch. Ob Anna in einem Café saß?
Plötzlich fiel es Kim wie Schuppen von den Augen. Sie schlug sich mit der Hand gegen die Stirn und rief: »Enten!«
Franziska sah Kim an, als hätte sie den Verstand verloren, und fragte: »Hä? Was ist los? Was für Enten?«
»Da sind irgendwo Enten in der Nähe«, erklärte Kim ungeduldig. »Sie machen dieses schnatternde Geräusch! Also, wir haben eine Kirche, Spaziergänger, Kieswege und Enten.«
»Ein Park!«, rief Franziska aufgeregt. »Anna sitzt in einem Park!«
Kim nickte. »Genau! Das denke ich auch. Fragt sich nur, in welchem.«
Franziska überlegte. »Im Schillerpark sind die Wege asphaltiert, der kann es also nicht sein. Im Stadtpark gibt es keinen Ententeich, soviel ich weiß. Was für Parks gibt es denn noch?«
»Der Jakobipark!«, rief Kim. »Du weißt schon, dieser kleine Park neben der Jakobikirche. Er liegt hier gleich um die Ecke. Dort ist eine Kirche in der Nähe, es gibt Kieswege und einen kleinen Teich, in dem bestimmt auch Enten schwimmen.«
Franziska strahlte. »Wahnsinn! Das ist es!«
Kim nickte zufrieden. Aber dann verdunkelte sich ihr Gesichtsausdruck wieder. »Das nützt uns bloß nichts, solange wir hier
Weitere Kostenlose Bücher