Handyman Jack 02 - Der Spezialist
schon schlimm gewesen war, so war die Fahrt nach oben noch zehn-, zwanzig-, hundertmal schlimmer. Klar, Milkdud hatte alles genau erklärt, hatte ein paar Skizzen angefertigt und darin dargestellt, wieviel Platz neben und über dem Stützträger am oberen Ende des Schachtes freigelassen worden war, aber Jack sah sich trotzdem schon zerquetscht wie ein lästiger Käfer auf dem Kabinendach liegen.
Die mittlere Fahrstuhlkabine kam auf ihrem Weg nach unten an ihnen vorbei, und das Gegengewicht seiner eigenen Kabine flitzte hinter der Rückwand der Kabine irgendwann zwischen zwei der sieben Stopps auf dem Weg nach oben vorbei. Wenn er seine Hand zu weit ausgestreckt hätte, hätte er sie wahrscheinlich verloren. Mit dem Bummelzug zu fahren, machte Jack gewöhnlich verrückt, wenn er drinnen saß. Aber hier, außen auf der Kabine machte es ihm nichts aus.
»Nimm dir Zeit«, flüsterte er. »Nimm dir alle Zeit, die du brauchst.«
Aber nach dem sechzehnten Stock – Jack hatte die Nummer über der Tür lesen können – fuhr die Kabine wieder aufwärts und hielt diesmal nicht an.
Während er dem oberen Ende des Schachts entgegenschwebte, kauerte Jack sich hin und starrte in die Schatten in der Hoffnung, irgend etwas erkennen zu können. Und dann entdeckte er den Hauptstützpfeiler über der Mündung des Schachtes. Während er sich ihm näherte, erkannte Jack das Mehrfach-Führungsrad in der Mitte des Stützpfeilers, das sich rasend schnell drehte, während es die durchlaufenden Zugkabel aufnahm und weiterleitete.
Und dann hielt die Kabine an. Sechsundzwanzigstes Stockwerk. Endstation.
Jack stieß die Luft aus, die er die ganze Zeit angehalten hatte. Milkdud hatte mit seiner Schilderung des zusätzlichen freien Raums am oberen Ende des Schachtes nicht übertrieben. Die Kabine hielt ein Stück vor dem Stützpfeiler an, und der Schacht selbst ging nach oben noch etwa sechs bis sieben Meter weiter.
Jack wußte, daß Dud sich auf den TÜR-AUF-Knopf stützte, um ihm noch ein wenig zusätzliche Zeit zu verschaffen, aber er würde ihn nicht für ewige Zeiten bedienen können. Jack schaute sich um und entdeckte eine Stahlleiter, die in die linke Schachtwand eingelassen war und zu einer Tür hinaufführte – sie befand sich genau an der Stelle, die Milkdud beschrieben hatte.
Er packte eine Sprosse, verließ das Kabinendach und kletterte zu der Tür hinauf. Dud hatte erklärt, sie wäre ungesichert und er würde sie offenlassen, so daß Jack sie jetzt benutzen konnte.
Er schloß die Tür hinter sich und stand für einen kurzen Moment in der Dunkelheit und genoß das Gefühl, festen Boden unter den Füßen zu haben, während sich der hektische Rhythmus seines Herzschlags beruhigte.
Was für eine Teufelsfahrt. Nur ein paar Minuten an realer Zeit, aber eine, wenn nicht gar zwei Ewigkeiten in seinem subjektiven Erleben.
Aber er hatte sie überlebt. Das Schlimmste war vorüber. Von jetzt an würde er alles ein wenig mehr unter Kontrolle haben.
Bis er aussteigen mußte.
Aber darüber würde er sich später den Kopf zerbrechen.
Er tastete sich an der Wand entlang und fand den Lichtschalter. Eine Reihe nackter Leuchtstoffröhren flammte flackernd über seinem Kopf auf.
Er war an einer Stelle, die Milkdud den HVAC-Bereich nannte – Heizung, Ventilation, Air-Conditioning. Direkt vor ihm befanden sich die Luftfilter des Systems, jeder etwa so groß wie ein Lieferwagen. Fast drei Meter weite Rohre führten zu ihnen hin und von ihnen weg.
Jack ging zum nächsten Rohr hinüber und löste den Aktenkoffer von seinem Hosengürtel. Er klappte ihn auf und entnahm ihm einen einteiligen Overall – sollte Dud, wenn es ihm gefiel, Strumpfhosen tragen. Jack bevorzugte Overalls. Er legte seine Anzugjacke, die Hose und die Krawatte ab, dann schlüpfte er in den Overall und zog den Reißverschluß bis zum Hals zu. Er tauschte seine Straßenschuhe gegen Turnschuhe aus. Das kleine Mobiltelefon verstaute er in seiner Brusttasche. Er befestigte die Stirnlampe an seinem Kopf und steckte das Batteriepack in die rechte Gesäßtasche. Er justierte die Kopfhörer auf seinen Ohren, dann schaltete er den Walkman ein und verstaute diesen in seiner linken Gesäßtasche.
In seinen Ohren erklang leise Milkduds Stimme.
»Okay, Jack. Wenn du dies hier hörst, dann bedeutet es, wie ich vermute, daß du nicht als zerschmetterter Haufen Knochen auf dem Grund des Fahrstuhlschachts liegst.« Danach kicherte er verhalten.
»Ha, ha, ha«, äffte Jack ihn erbost
Weitere Kostenlose Bücher