Handyman Jack 02 - Der Spezialist
niemand wird uns hier finden. Wenn wir es heute noch versuchen würden, könnte es weitere Schwierigkeiten der Art geben, wie wir sie gerade überstanden haben.«
Dieser verdammte Kerl, dachte sie. Er weiß genau, was er sagen muß. Das Letzte, was sie wollte, war noch mehr Gewalt.
»Na schön«, gab sie sich geschlagen. »Aber können wir denn nichts Besseres finden als dies hier?«
»Wir haben im Augenblick nicht gerade Hochsaison«, sagte Jack. »Dieses Haus ist geöffnet, laut Leuchtreklame verfügt es über freie Zimmer, und außerdem bleiben wir nur ein halbes Dutzend Stunden hier. Das Beste an dieser feudalen Herberge ist jedoch, daß man den Parkplatz von der Straße aus nicht sehen kann. Warten Sie hier.«
Ehe sie widersprechen konnte, war er aus dem Auto gestiegen und unterwegs zum Empfang.
Alicia schloß die Augen und versuchte, ihren Geist völlig zu leeren. Das alles war nichts anderes als ein Alptraum. Nichts von alledem war tatsächlich passiert. Schon bald würde sie aufwachen und feststellen, daß alles nur ein schlimmer Traum gewesen war.
Sie zuckte zusammen, als an das Fenster geklopft wurde. Es war Jack – er hielt einen Schlüssel hoch und deutete auf eine Reihe von Türen links vom Wagen. Mit einem unterdrückten Stöhnen stieg sie aus und folgte ihm. Sie bewegte sich nur noch schleppend vorwärts, und es kam ihr so vor, als hätte sich das Mark in ihren Knochen in Blei verwandelt.
Jack blieb vor einer Tür stehen, die mit einer »17« beschriftet war, und hielt sie für Alicia auf. Nachdem sie eingetreten war, folgte er ihr und schloß die Tür hinter sich.
Ein wenig besser ausgestattet als Jacks »Landsitz«, aber genauso muffig und ungemütlich. Die geblümten Vorhänge an den Fenstern paßten zu den Tagesdecken auf den beiden Betten, aber nicht zum Teppich.
»Welches wollen Sie?« fragte Jack.
»Welches was?«
»Welches Bett.«
»Sie scherzen wohl«, antwortete sie. »Wir sollen ein gemeinsames Zimmer teilen? Sehen Sie, wir mögen zwar knapp bei Kasse sein, aber ich kann durchaus …«
»Es hat nichts mit Geld zu tun. So ist es am sichersten.« Er deutete erneut auf die Betten. »Also, welches?«
Alicia entschied sich für das Bett am Badezimmer. Mein Gott, sie brauchte eine Dusche – sehnte sich geradezu danach –, aber sie hatte keine frischen Kleider, also was würde es schon nützen?
»Dieses.«
»In Ordnung«, sagte er, ließ sich auf das andere fallen und testete die Matratze, indem er darauf auf und ab federte. »Dann gehört dieses mir.« Er senkte die Stimme zu einem sonoren Charlton-Heston-Raunen. »Aber seien Sie sich über eins im klaren, junge Dame: Ich weiß, daß Sie geradezu verrückt nach mir sind, aber Sie sollten sich lieber keine falschen Hoffnungen machen.«
Er versucht mich zu beruhigen, dachte sie und mußte lächeln. »Ich denke, ich werde es schon irgendwie schaffen, mich im Zaum zu halten.«
»Gut«, sagte er. »Ich bin nämlich schon vergeben.«
Alicia spürte irgendwie, daß seine letzte Bemerkung nicht scherzhaft gemeint war. Sie betrachtete Jack für einen kurzen Moment und versuchte, sich über ihre Gefühle für diesen Mann klar zu werden. Vieles an ihm machte ihr angst … er war ein tödlicher, mörderischer Zeitgenosse – wie viele Männer hatte er in dieser Nacht getötet? Dennoch teilte sie sich mit ihm ein Motelzimmer und glaubte ihm nicht nur, daß er »vergeben« war, sondern beneidete beinahe die Frau, die sein Herz gewonnen hatte.
Ich kann mich jetzt nicht damit beschäftigen, dachte sie, während sie zu ihrem Bett ging. Ich brauche Schlaf, eine Pause, eine Auszeit.
Zuviel war an diesem Tag passiert. Da war die Rückkehr in das Haus, ihr altes Zimmer, das Zimmer jenes Mannes, dann die Morde auf dem Hinterhof … das war schon mehr als genug gewesen. Aber dann war da diese kleine Armee und jagte sie, dann waren da die Schüsse, die Schreie, der explodierende Truck, der die Nacht zum Tage gemacht hatte …
Alicia kam sich vor, als wäre sie in einen gallertartigen Nebel eingehüllt, als sie sich wie in Zeitlupe diesem Bett näherte, diesem wundervollen, einladenden Bett.
Zuviel … zuviel … völlig überfordert … ich brauche Ruhe…
Endlich erreichte sie das Bett. Sie schlug die Decke zurück und kroch zwischen die Laken.
»Gute Nacht«, sagte sie und zog sich die Decke über den Kopf.
Stille … und Dunkelheit … heißgeliebte Dunkelheit …
21
»Gute Nacht«, wünschte Jack und beobachtete, wie Alicia sich unter
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