Handyman Jack 02 - Der Spezialist
stoppeligen Kopf. »Okay, Hector, ich sehe mir deinen Igelschnitt an, aber dann …«
Ihr Lächeln versiegte, und sie legte ihm die Hand auf die Stirn. »Ich glaube, du fühlst dich ein wenig warm an.«
»Er rennt die ganze Zeit herum wie aufgedreht – ›Ich bin ein Igel! Ich bin ein Igel!‹ Er ist bestimmt ein wenig erhitzt davon.«
»Das könnte sein, Gladys, aber bringen Sie ihn auf jeden Fall noch in mein Büro, ehe er nach Hause geht, okay?«
Hector hüpfte vor Jack herum und neigte ihm den Kopf entgegen. »Fühl mal meine Igelfrisur!«
Jack zögerte. Hector war ein süßer kleiner Kerl, aber er war ein süßer kleiner Kerl mit HIV.
»Na los!«
Jack fuhr mit der Hand schnell über Hectors Haarstoppeln. Er haßte sich dafür, daß er seine Hand schnell wieder zurückzog.
»Ist das nicht toll?« fragte Hector.
»Das Tollste vom Tollsten«, versicherte ihm Jack.
Gladys brachte Hector wieder ins Spielzimmer, und sie gingen weiter zum nächsten Bereich, wo die Atmosphäre nicht so angenehm war. Jack blickte durch ein Fenster in einer Tür und schaute in ein Zimmer voller Kinder, die an intravenöse Tropfvorrichtungen angeschlossen waren.
»Das ist der klinische Bereich. Hierher kommen die Kinder zur ambulanten Therapie – wir verabreichen ihnen Infusionen, untersuchen sie eingehend, stellen fest, welche Fortschritte sie machen, und schicken sie wieder nach Hause.«
Und dann kamen sie zu einem riesigen Fenster, das in Taillenhöhe begann und bis zur Decke reichte.
»Hier bringen wir die obdachlosen oder ausgesetzten Kleinkinder unter«, erklärte Alicia. »Wir haben Freiwillige, die sie auf den Arm nehmen und ihnen ein wenig Wärme geben. Die Crack-Babys brauchen sehr viel Zuwendung.«
Jack entdeckte Gia am anderen Ende der Glasscheibe, wo sie gerade ein Baby im Arm hatte und es wiegte, aber er blieb nicht stehen. Er wollte nicht, daß sie ihn sah.
»Sie leisten hier aber eine ganze Menge«, stellte er fest, während sie ihren Weg fortsetzten.
»Ja, wir mußten alles mögliche aufbauen – eine Klinik, einen Kindergarten, ein Tagesheim und ein Waisenhaus.«
»Und alles nur wegen eines einzigen Virus.«
»Aber wir müssen uns mit viel mehr beschäftigen als nur dem Virus«, sagte Alicia. »So viele von den Kindern kommen nicht nur HIV-positiv zur Welt – als ob man ein Wort wie ›nur‹ im Zusammenhang mit ›HIV‹ benutzen könnte –, sondern auch abhängig von Crack oder Heroin. Sie werden geboren und schreien wie jedes andere Baby, das den warmen, schützenden Mutterleib verlassen muß, aber dann schreien sie weiter, weil sich die Qualen eines Rauschgiftentzugs bemerkbar machen.«
»Ein doppelter Hammer«, sagte Jack. Die armen Kinder.
»Ja. Manche Eltern hinterlassen ihren Kindern ein wertvolles Erbe, andere hinterlassen versteckte Narben. Diese Kinder haben als Vermächtnis ihrer Eltern nichts anderes als ein sicheres Todesurteil.«
Jack glaubte etwas sehr Persönliches aus dem letzten Satz herauszuhören, aber er konnte nicht entscheiden, was es gewesen sein könnte.
»Vielleicht ist ›Todesurteil‹ ein wenig übertrieben. Wir können mittlerweile sehr viel für diese Kinder tun. Die Überlebensrate nimmt ständig zu, aber trotzdem … wenn sie erst einmal den Entzug überstanden haben, leiden sie trotzdem auch weiterhin an den Nachwirkungen der Sucht. Crack und Heroin zerstören Teile des Nervensystems. Ich will Sie jetzt nicht mit Ausführungen über Dopaminrezeptoren langweilen, aber die Folge sind zerstörte Verbindungen in den Teilen des Hirns, die Lust empfinden. Wodurch unsere kleinen Crack-Babys gereizt und mißmutig sind und unfähig, Trost und Zerstreuung in den einfachen Dingen zu finden, die normale Babys erfreuen. Daher weinen sie. Endlos. Bis die völlig überforderten Junkie-Mütter, die für ihren Zustand verantwortlich sind, sie schlagen, um sie zum Schweigen zu bringen.«
Jack begriff, daß sie diesen Vortrag wahrscheinlich allen Besuchern hielt, doch er wünschte, sie würde damit aufhören. Er verspürte zunehmend den Drang in sich, irgend jemandem wehzutun.
»Die Glücklichen« – sie räusperte sich rauh –, »versuchen Sie sich mal ein glückliches HIV-positives Crack-Baby vorzustellen – kommen hierher.«
Sie blieb vor einer fensterlosen Tür stehen.
»Dies ist der Lagerraum, in dem die Spielsachen aufbewahrt wurden.«
Sie zeigte ihm den Raum, der leer war bis auf ein paar Stücke Klebestreifen und zerrissenes Geschenkpapier.
»Waren die Spielsachen
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