Handyman Jack 02 - Der Spezialist
aushändigte, dann hieß das, daß er dabeisein würde, wenn sie erfuhr, was in ihnen enthalten war. Er wollte nicht ihr Gesicht sehen müssen, wollte sich nicht einmal vorstellen, was sie in diesem Moment empfinden würde. Denn dazu reichte seine Phantasie bestimmt nicht aus.
Immer noch unschlüssig, kehrte er schließlich nach New York zurück.
10
Yoshio stand in einem Hauseingang, von wo aus er sowohl den Vordereingang des Aids-Centers als auch die gesamte Gasse übersehen konnte, die an der stadtauswärts gelegenen Seitenfront des Hauses verlief. Schon früh an diesem Nachmittag hatte er seinen Wagen an der üblichen Stelle geparkt und beobachtet, wie Jack-san das Center betrat. Er war offenbar nicht mehr herausgekommen, deshalb nahm Yoshio an, daß er den Nachmittag dort verbringen würde.
Aber erst vor wenigen Sekunden hatte er zu seinem Schrecken gesehen, wie Jack-san – in der Hand eine große Staples-Einkaufstasche – das Center wieder betrat. Yoshio wußte, daß er unmöglich übersehen haben konnte, wie er das Center verlassen hatte. Das konnte nur bedeuten, daß es noch einen anderen Weg nach draußen gab.
Er entdeckte die Seitentür, nachdem er ein oder zwei Minuten hektisch danach gesucht hatte. Wie sorglos von ihm. Aber er vergeudete keine Zeit damit, mit sich selbst zu hadern. Er hatte die frühere Möglichkeit versäumt, Jack-san zu verfolgen, aber so leicht würde sich der ronin nicht wieder davonschleichen können. Yoshio rannte zu seinem Wagen zurück, als er Jack-san und Alicia Clayton durch den Vordereingang herauskommen sah. Jack-san trug noch immer die Staples-Einkaufstasche. Yoshio folgte ihnen um die Ecke, als sie nach Westen gingen. Er wartete darauf, daß sie ein Taxi anhalten oder in einen eigenen Wagen steigen würden, doch sie verschwanden im U-Bahneingang auf der Sixth Avenue.
Yoshio zerbiß einen Fluch zwischen den Zähnen und hämmerte mit der Faust wütend auf das Lenkrad. Sicher, er könne den Wagen parken – ganz gleich, ob auf einem ordnungsgemäßen Parkplatz oder im Halteverbot – und sie weiter zu Fuß verfolgen, doch das wäre nicht besonders klug. Selbst wenn er an ihnen dran blieb und sich so gut wie möglich in Deckung hielt, hätte Jack-san keine Mühe, ihn zu entdecken.
Der ronin ging kein Risiko ein.
Yoshio seufzte. Schon wieder eine verpaßte Gelegenheit. Er würde Jack-san und Alicia Clayton an diesem Tag wohl nicht wiedersehen, wen also sollte er statt dessen beobachten? Samuel Baker, Kernel Mulhallal oder den anderen Clayton?
Er entschied sich für letzteren. Im Augenblick hielt er es jedoch für sinnvoller, Vorbereitungen zu treffen, falls Jack-san wieder irgendeinen Trick auf Lager hatte. Beim nächsten Mal würde Yoshio auf alles vorbereitet sein.
Das hoffte er zumindest.
11
»Erzählen Sie mir bloß nicht, daß das nur ein weiterer Ihrer Scheinwohnsitze ist«, sagte Alicia, »denn das würde ich Ihnen ganz bestimmt nicht abnehmen.«
Was tue ich hier eigentlich, fragte sie sich, während sie zwischen den Antiquitäten und den Wandbehängen im zweiten Stock umherschlenderte. Sie waren mit der Bahnlinie F zur West Fourth gefahren, dann ging es mit der Linie A zurück zur Twenty Third, und nun stand sie in diesem eleganten viktorianischen Stadthaus in Chelsea.
»Nein, ich fürchte, das ist es nicht«, gestand Jack und beobachtete die Straße aus einem der vorderen Fenster. »Ich habe nur zufälligerweise einen Schlüssel dafür.«
»Sie scheinen sich hier aber sehr gut auszukennen. Wer ist der Besitzer?«
»Er ist tot.«
»Demnach verstecken wir uns also im Haus eines Toten …« Alicia erschauerte. Ihr gefiel es überhaupt nicht an diesem Ort. »Ich komme mir vor wie auf der Flucht.«
»In gewisser Weise sind Sie das auch.« Jack, der immer noch am Fenster stand, drehte sich zu ihr um.
Irgend etwas Seltsames lag in dem Blick, mit dem er sie jetzt ansah. Sie hatte diesen Ausdruck auch schon während der Fahrt mit der U-Bahn bei ihm gesehen. Irgend etwas schien nicht in Ordnung zu sein.
»Aber wenn wir Glück haben, müssen wir nur für eine Nacht mit dieser Unterkunft vorliebnehmen«, fuhr er fort. »Wenn wir den Sender morgen finden und damit an die Öffentlichkeit gehen, sollten Sie eigentlich gefahrlos nach Hause zurückkehren können.«
»Warum sollte dies unsere Feinde aufhalten?«
»Na schön, Thomas wird vielleicht nicht aufgehalten – er wird weiterhin meinen, daß ihm ein Anteil zusteht, und jeder Winkeladvokat wird ihm die Tür
Weitere Kostenlose Bücher