Handyman Jack 02 - Der Spezialist
also wieder abgewimmelt! Das ist genauso, als würde man in einer Lotterie gewinnen und sich seinen Preis nicht abholen, nicht wahr?«
»Nicht ganz. Sehen Sie, Thomas besitzt selbst so gut wie keinen Penny.«
Jack beugte sich vor und fixierte sie verblüfft. Jetzt zeigte er echtes Interesse.
»Wissen Sie das genau?«
»Das habe ich jedenfalls angenommen. Ich meine, er hat einen ziemlich unbedeutenden Job in der Forschung bei ATT, seit er das College abgeschlossen hat. Woher sollte er eine so große Hypothek bekommen? Also habe ich ihn überprüfen lassen: Seine Kreditwürdigkeit ist gleich Null, und außerdem hat er seinen Job etwa zu dem Zeitpunkt gekündigt, als er mich das erste Mal anrief.«
»Hm … ein Typ ohne Geld und ohne Job bietet Ihnen vier Millionen an. Ich kann es Ihnen nicht verdenken, daß Sie einfach aufgelegt haben.«
»Nein«, wandte Alicia ein, »Sie verstehen nicht. Ich denke sehr wohl, daß er das Geld hat – in bar.«
»In bar?«
»Das war es, was er mir anbot – er sagte, ich könnte es annehmen, oder er könnte es irgendeinem wohltätigen Zweck meiner Wahl spenden. Wie erklären Sie sich das?«
»Entweder ist er verrückt, oder irgend jemand steht hinter ihm.«
»Genau, aber wer? Und warum wendet sich der Betreffende nicht direkt an mich? Warum benutzt er Thomas als Mittelsmann?«
»Macht das irgendeinen Unterschied?« fragte Jack und lehnte sich zurück. »Eine wertvolle Immobilie fällt Ihnen in den Schoß. Sie können entweder selbst darin wohnen oder sie verkaufen. Sie brauchen nicht mich, Sie brauchen einen Steuerfachmann.«
Alicia spürte, daß er sich zurückzog, daß er das Interesse verlor. Sie beeilte sich, mit dem Rest ihrer Geschichte herauszurücken.
»Aber ich kann nicht darin wohnen, und ich kann das Haus nicht verkaufen. Als ich ihn abwies, engagierte Thomas ein paar teure Anwälte, um das Testament anzufechten. Ich kann das Haus nicht in Besitz nehmen, ehe diese Angelegenheit geklärt ist. Sie haben sich sogar einen Gerichtsbeschluß besorgt, um das Haus zuzunageln, damit ich mich noch nicht einmal darin umsehen kann.« Nicht, daß ich jemals den Wunsch gehabt hätte, so etwas zu tun.
»Warum sollte es zugenagelt werden?«
»Offenbar ist dort eingebrochen worden, seit es leer steht. Thomas sagt, er wolle schützen, was einmal sein Eigentum sein wird, sobald über die Anfechtungsklage entschieden worden ist, und zwar zu seinen Gunsten, wie er sicher zu glauben scheint. Er hat sogar einen Sicherheitsdienst engagiert, der das Anwesen bewacht.«
Jack lächelte. »All das von einem Burschen ohne Einkommen. Ihr Halbbruder ist sehr einfallsreich.«
»Das ist nicht gerade das Wort, das auf Thomas paßt.«
»Dennoch, Sie brauchen nicht mich – Sie brauchen einen Anwalt.«
Alicia biß sich auf die Unterlippe. Nein, sie brauchte Jack für das, was sie wollte. Aber wie würde er reagieren, wenn sie ihn fragte?
Manchmal ist es ganz gut, von seiner Routine abzuweichen, dachte Jack und versuchte, eine interessierte Miene aufzusetzen. Und manchmal ist es das nicht.
Dieses Treffen hätte niemals stattgefunden, wenn er seinem üblichen Modus Operandi gefolgt wäre. Er unterhielt sich stets telefonisch mit potentiellen Kunden, ehe er sich mit ihnen persönlich traf. Auf diese Art und Weise entging er den Dr. Claytons der Stadt – Leuten mit Problemen, die mit Hilfe orthodoxerer Methoden gelöst werden konnten.
Aber da er Alicia bereits kennengelernt hatte, hatte er dieses Treffen ohne die sonst üblichen Prälaminarien arrangiert.
Zwar keine totale Zeitvergeudung, dachte er, aber fast. Es war nur die Ärztin selbst, die dieses Treffen rettete.
Irgend etwas an Alicia Clayton machte ihn neugierig. Er hatte schon viele Menschen mit Geheimnissen kennengelernt. Praktisch alle seiner Kunden hatten irgend etwas zu verbergen. Er war daran gewöhnt, beim erstenmal nie die ganze Geschichte zu erfahren. Und er war ziemlich geübt darin, die Löcher sofort zu finden. Er wußte zwar nicht, was sie jeweils in ihren Geschichten ausließen, aber er wußte sofort, wann sie etwas zurückhielten.
Alicia Clayton war anders. Er konnte sich kein eindeutiges Bild von ihr machen. Entweder verbarg sie gar nichts, oder sie war so gut im Verbergen, daß sie praktisch alles verbergen konnte, sogar die Tatsache, daß sie etwas verbarg.
Jack entschied sich für letzteres. Er betrachtete sie, wie sie ihm so am Tisch gegenübersaß, und ahnte, daß sie unter diesem Mantel und dem dicken
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