Handyman Jack 04 - Tollwütig
Material.«
»Mein Gott, Doug! Sie erwischen dich!«
»Kein Sorge. Ich habe es über eine Vermittlung in Chicago versucht.«
»Chicago? Wie –?«
»Ein alter Hackertrick.«
»Bitte, Doug«, sagte Nadia, plötzlich von einer schlimmen Vorahnung erfüllt, »tu das nicht. Du gerätst nur in Schwierigkeiten.«
Er seufzte. »Du hast wahrscheinlich Recht. Aber es beschäftigt mich, Nadj. Sie zahlen mir Provisionen für Verkäufe, die nicht stattgefunden haben. Die Gewinne, die sie angeblich für den Bereich Forschung und Entwicklung vorgesehen haben, sollten ausreichen, um ein zehnstöckiges Gebäude mit Forschern und allen nötigen Geräten zu füllen. Dabei wissen wir beide, dass die GEM-Basic-Abteilung nicht mehr als einen einzigen Flur einnimmt und dieser auch noch ziemlich sparsam bevölkert ist. Das Geld geht irgendwohin. Wenn nicht an GEM Basic, wohin dann? Oder an wen?«
»Wohin das Geld auch immer geht, es wird dir nicht helfen, wenn du ins Gefängnis wanderst.«
»Ich bin vorsichtig.«
»Warum sagen wir nicht, dass es ein Rätsel ist und belassen es dabei?«
Er lächelte. »Weißt du. Ich erinnere mich an den Religionsunterricht in der Schule, als ich den Nonnen alle möglichen Fragen über Gott und den Himmel und die Hölle stellte. Sehr oft sagten die Nonnen ›Das ist ein Rätsel und ließen es dabei. Thema beendet. Das stellte mich damals nicht zufrieden, und heute erst recht nicht.«
Nadia erinnerte sich aus ihrer eigenen Zeit in der katholischen Schule an Kinder wie Doug. In jeder Klasse gab es einen, dem die heiligen Worte und die Forderung, einfach »zu glauben« nicht ausreichten. Sie stellten weiterhin ihre Fragen, bohrten und stocherten tiefer. Alle anderen in der Klasse hatten das jeweilige Dogma geschluckt und wollten endlich weitermachen. Aber nicht diese Typen – sie wollten eine Erklärung. Sie mussten alles wissen.
»Okay, versuchen wir es anders: Es geht dich nichts an.«
»Wenn unser beider Lebensunterhalt von GEM abhängt, dann, so denke ich, geht es uns sogar eine Menge an.«
Ihr Lebensunterhalt, so wusste Nadia, war es eigentlich nur zu einem geringen Teil. Selbst wenn Doug an diesem Nachmittag in einer Millionenlotterie gewonnen hätte, er würde trotzdem versuchen, den Computerschutz von GEM zu überwinden. Er hatte es sich in den Kopf gesetzt und würde keine Ruhe geben.
Sie beugte sich vor und küsste ihn auf den Mund. »Ruf mir ein Taxi. Ich muss nach Hause.«
»Was ist mit deinem Hackerunterricht?«, fragte er.
»Ein andermal. Ich muss früh und hellwach wieder zum Dienst antreten.«
Er griff nach seinem Mobiltelefon und bestellte ein Taxi für sie. Dougs Wohnung befand sich im DUMBO-Teil Brooklyns. Man konnte schwarz werden, wenn man unter der Manhattan Bridge darauf wartete, dass ein Taxi vorbeifuhr.
Als er das Gespräch beendete, streckte er die Arme aus und zog sie auf seinen Schoß. »Wenn du hier wohnen würdest«, sagte er und liebkoste ihren Hals mit den Lippen, »dann wärst du schon zu Hause.«
Nadia blies die Wangen auf und atmete lautstark aus. »Wir wollen doch nicht schon wieder davon anfangen, oder?«
»Du wirst sowieso hier wohnen, sobald wir verheiratet sind.« Seine Liebkosungen erzeugten bei ihr eine Gänsehaut auf dem Rücken. »Warum ziehen wir diesen Schritt nicht einfach ein paar Monate vor?«
»Es ist über ein Jahr. Und möchtest du darüber mit meiner Mutter reden?«
Er lachte. »Nein danke!«
Sie war nach ihrer Assistenzzeit zu ihrer Mutter gezogen. Damals war es ihr wie eine grandiose Idee erschienen. Sie hatte so viel Zeit im Krankenhaus verbracht, dass es keinen Sinn ergab, sich eine Wohnung zu mieten, wenn Moms kleine mietgebundene Zweizimmerwohnung an der oberen Grenze von Kipps Bay nur ein paar Straßen vom medizinischen Zentrum entfernt war. Dann zahlte sie die Miete lieber an ihre Mutter als an einen Fremden.
Nun wünschte sie sich, sie hätte es nicht getan. Nicht dass sie nicht miteinander auskamen. Ganz im Gegenteil. Sie kamen viel zu gut miteinander aus. Mom war siebzig und Witwe – Dad war vor fünf Jahren gestorben. Sie war vor dem Krieg aus Polen herübergekommen. Sie mochte jetzt eine amerikanische Bürgerin sein, aber sie hatte ihre alte Heimat nie vergessen. Ihr Akzent war noch immer unüberhörbar, und die Wände ihrer Wohnung waren mit Bildern von Johannes Paul II. beklebt.
Bis auf die Religion – Nadia besuchte sonntags nicht mehr die Messe, während ihre Mutter täglich ging – kamen sie bestens miteinander
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