Handyman Jack 05 - Todesfrequenz
Karton Nudeln aus einem fast leeren Regal sichern können.
Fette Beute, denkt er und freut sich über seine Auswahl. Lebensmittellieferungen erfolgen mittlerweile so selten, wobei Gruppen von Überlebenskämpfern allerdings immer wieder Lastwagen überfallen und ausrauben, so dass man nimmt, was man kriegen kann. Die Speisekarte für den Abend sieht ausgesprochen italienisch aus. Gia kann auch noch ihre berühmte rote Sauce zubereiten und ...
»Sie ist eine von ihnen!«, ruft eine korpulente Frau in einem türkisfarbenen Sari, die dicht hinter der jungen Frau mit der Erkältung steht und sich noch weiter von ihr zurückzieht. »Ich habe gesehen, wie sie die Maske angehoben hat, ehe sie hustete!«
»Nur eine Erkältung!« Die junge Frau hat große blaue Augen und kurzes schwarzes Haar. »Ich schwöre, es ist nur eine Erkältung.«
»Ich hab’s auch gesehen«, sagt der Schwarze hinter der Frau im Sari. »Sie hat die Maske fast ganz vom Gesicht genommen!«
Jack glaubt, es ebenfalls gesehen zu haben, aber nur aus den Augenwinkeln, daher äußert er sich nicht dazu. Die junge Frau war von zwei Leuten erwischt worden. Ein Dritter würde an ihrem Schicksal nichts ändern.
Er ahnt, in welche Richtung sich die Sache weiterentwickeln wird, daher zieht er seinen Wagen aus dieser Schlange und begibt sich ans Ende einer anderen. Er passiert aber auch diese, zieht sich weiter zurück und nähert sich dabei dem Ausgang.
Die Frau an der Kasse winkt einem Sicherheitsmann, doch der hat die entstandene Unruhe bereits bemerkt und ist schon unterwegs zum Schauplatz des Geschehens. Er ist mager und ziemlich klein, und in jeder anderen Situation hätte er sich zurückgehalten. Doch er trägt die braune Uniform eines eingeschworenen Angehörigen der NYC Miliz, er hat einen Testkoffer bei sich, und er ist bewaffnet. Und sein großspuriges Auftreten verkündet: Ich habe hier die Amtsgewalt, also kommt mir lieber nicht in die Quere.
»Was ist los?« Sein Mund ist wahrscheinlich grimmig verzogen, aber der Atemschutz verbirgt das.
Die Kassiererin deutet auf die junge Frau. »Sie sagen, sie hätte außerhalb ihrer Maske gehustet. Und zwar mit Absicht.«
»Stimmt das?« Die Augen des Sicherheitsmannes verengen sich zu Schlitzen, während er nach dem Serumtester greift, der an seinem Gürtel hängt. »Okay. Ich brauche eine Probe von Ihrem Blut.«
»Es ist nur eine Erkältung«, beteuert das Mädchen und weicht zurück.
»Wenn es wirklich so ist, dann können Sie sofort wieder Ihrer Wege ziehen – nach dem Test.«
Jack, der sich mittlerweile in eine Nische unweit der letzten Kasse zurückgezogen hat, bemerkt, dass der Hilfssheriff nicht sagt, was geschieht, falls es sich nicht nur um eine Erkältung handelt.
»Nein!« Die junge Frau reißt sich die Maske vom Gesicht. »Kein Bluttest! Wir spucken auf eure Bluttests!«
Dann wirft sie sich in die Menschengruppe um den Kassenschalter und fängt an zu spucken – nicht auf die Bluttests, sondern auf Leute. Entsetzte Kaufhauskunden schreien auf und versuchen zu flüchten, aber da ist kein Platz, um wegzurennen. Der Wachmann hat seine Pistole aus dem Halfter gezogen, doch es ist offensichtlich, dass er, wenn er schießen sollte, eine ganze Reihe harmloser Gaffer erwischen würde.
Plötzlich sieht Jack in der Hand des Mädchens etwas aufblitzen – es ist ein altmodisches Rasiermesser – und weiß, was als Nächstes kommt. Das wissen auch alle anderen.
»Sie ist eine Kamikaze!«, schreit jemand, als allgemeine Panik um sich greift.
Jack verfolgt, wie die junge Frau die Spitze der Klinge in ihren Hals bohrt und dann zur Seite reißt. Dann breitet sie die Arme aus, legt den Kopf in den Nacken und beginnt sich zu drehen. In ihren Bewegungen liegt eine gewisse Grazie, und ihr Tanz wäre sicherlich schön anzusehen, wäre da nicht der scharlachrote Blutstrom, der pulsierend aus ihrer Halswunde spritzt und jeden im Umkreis von drei Metern besprüht.
Es ist nur ein kurzer Tanz. Ihre Beine zittern, die Knie geben nach, und sie bricht zusammen und bleibt als wächserner Mittelpunkt eines blutroten Farbwirbels auf dem Boden liegen.
Obwohl der Tanz beendet ist, reagiert das Publikum noch weiter. Die Schreier, die sich zu den Kassenschaltern zurückgezogen haben, drängen, tiefer in den Laden hinein.
Diejenigen, die gerade hereinkommen, schauen sich hastig um und eilen zurück in die relative Sicherheit, die die Straße ihnen bietet. Jack, der sich in der Mitte im Niemandsland aufhält,
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