Handyman Jack 05 - Todesfrequenz
machen.«
»Ist es legal?«
Ein Achselzucken. »Manchmal ja, manchmal nein.«
Kate lehnte sich zurück und musterte ihn. Wer war dieser Mann, der ihr gegenübersaß? Er hatte gesagt, er lebe in einer anderen Welt, einer Welt, die sie nie verstehen würde, und sie fing allmählich an, ihm zu glauben. Er war wie ein Fremder von einem fernen Planeten, auf andere Art und Weise aber war er unleugbar immer noch ihr kleiner Bruder Jackie.
Erst Jeanette, jetzt Jack… ihre eigene Welt, während der letzten paar Jahre keinesfalls ein einladender, angenehmer Ort, schien jetzt vollends auseinander zu fallen. Sie fühlte sich ganz ohne Halt. Gab es denn nichts mehr, worauf sie sich verlassen, sich stützen konnte?
Jack sagte: »Kannst du jetzt begreifen, weshalb ich es für alle Beteiligten für besser hielt, mich völlig aus dem Verkehr zu ziehen?«
»Ich weiß nicht.« Zu Beginn ihres Treffens hätte Kate diese Frage wahrscheinlich verneint – du hättest alles Mögliche tun können, es hätte unsere Gefühle für dich in keiner Weise beeinträchtigt. Jetzt hingegen war sie sich dessen nicht mehr so sicher. »Vielleicht.«
»Ich glaube, Dad hat irgendwie vermutet, dass ich etwas verberge. Weißt du, was er mich gefragt hat, als wir das letzte Mal miteinander sprachen?« Jack grinste. »Er wollte wissen, ob ich schwul bin.«
Kate verschlug es den Atem. Sie konnte nichts dafür, aber sie kam sich vor, als hätte ihr soeben jemand einen ganzen Eimer eiskaltes Wasser ins Gesicht geschüttet.
»So schlimm ist es nun auch wieder nicht«, wiegelte Jack ab, als er Kates geschockten Gesichtsausdruck bemerkte.
Er wunderte sich darüber. Als Kinderärztin musste sie es mit zahlreichen Teenagern zu tun gehabt haben, die glaubten oder befürchteten, schwul zu sein. Vielleicht war es in Kates geordneter, bürgerlicher Welt noch immer eine ganz schlimme Sache. Hier hingegen störte sich niemand daran.
»Er hat dich direkt gefragt?« Sie war völlig aus dem Konzept gebracht. »Einfach so? Wann denn?«
»Vor zwei Monaten. Das war, als er von Florida raufkommen und dich und Tom besuchen wollte. Ich hatte versucht, ihm einen Abstecher bei mir auszureden.«
»Was hat er denn gesagt? Den genauen Wortlaut, meine ich.«
Jack war verblüfft über ihr so heftig erwachtes Interesse.
»Er meinte, ihm würde allmählich klar, dass es in meinem Leben vielleicht Dinge gäbe, die er nicht erfahren sollte – was natürlich absolut zutraf –, und dann fuhr er fort, dass, wenn ich schwul wäre …« Jack musste bei der Erinnerung lächeln. »Er brachte kaum das Wort über die Lippen. Jedenfalls sagte er, wenn ich schwul oder ›etwas in dieser Richtung‹ wäre – er hat aber nicht näher ausgeführt, was ›etwas in dieser Richtung‹ seiner Meinung nach sein könnte –, dass es ja nicht schlimm sei.«
»Er sagte, es wäre nicht schlimm?« Kate schien ihm nicht zu glauben. »Wir reden über unseren Vater, den eingefleischten Republikaner und Reagan-Anhänger, den Rush-Limbaugh-Fan. Dad sagte, es wäre okay?«
»Ja. Er meinte: ›Damit kann ich leben. Du bist noch immer mein Sohn.‹ Ist das nicht ein Hammer?«
Nicht dass das irgendetwas änderte. Sein Vater mochte sich zwar mit einem schwulen Sohn abfinden, doch er würde niemals akzeptieren, wie Jack seinen Lebensunterhalt verdiente.
Er bemerkte Tränen in den Augen seiner Schwester und fragte: »Stimmt etwas nicht?«
Sie wischte sie schnell weg. »Seltsam, wie sehr die Menschen einen überraschen können.« Sie entfernte die letzten Tränenspuren und sah ihn an. »Nun, bist du’s?«
»Was?«
»Schwul.«
»Nein. Streng hetero.«
»Aber du hast nie geheiratet.«
»Nein. Ich habe es ziemlich wild getrieben, als ich noch jünger war, aber im Augenblick bin ich einigermaßen fest mit einer Frau zusammen.«
»Einigermaßen?«
»Nun, ich habe eine feste Beziehung, aber sagen wir einfach, sie hat einige Vorbehalte hinsichtlich meiner Arbeit. Wie sieht es denn bei dir aus? Ich wette, nach deiner Scheidung haben die Verehrer sich bei dir die Türklinke in die Hand gegeben. Bist du mit jemandem zusammen?«
»Ja.« Sie nickte, deutete ein Lächeln an, das voller Wärme war. »Mit jemand ganz besonderem.«
»Läuten da etwa bald wieder die Hochzeitsglocken?«
Jetzt ein trauriger Blick. »Nein.«
Eine seltsame Antwort. Ganz und gar nicht zögernd. Es sei denn, sie war mit einem verheirateten Mann liiert. Das passte jedoch nicht zu der sittenstrengen Kate aus seiner Erinnerung. Aber
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