Handyman Jack 05 - Todesfrequenz
wie er die Weinflasche öffnete, aber ihr Blick war in Wirklichkeit in unbekannte Gefilde gerichtet.
Jack wusste, dass seine Fähigkeiten für belanglosen Smalltalk etwa denen einer gewöhnlichen Geranie entsprachen, und meist verließ er sich darauf, dass andere die Unterhaltung in Gang hielten. Aber Jeanette war geistig überhaupt nicht anwesend. Hatte er sie so sehr gelangweilt, dass sie in eine Trance gefallen war?
Er blickte sehnsüchtig zur Couch. Viel lieber wäre er jetzt dort drüben, wo er genau verfolgen und gegebenenfalls korrigieren könnte, was Kate Gia zu erzählen hatte…
Kate sagte: »Er hat unserer Familie oft Sorgen gemacht.«
»Nicht möglich«, meinte Gia mit einem sarkastischen Lächeln. Sie trug ein langes Sommerkleid, das das tiefe Blau ihrer Augen hervorhob.
Kate hatte auf Anhieb Zuneigung zu Gia gefasst. Sie hatte sofort gespürt, dass sie es mit jemandem zu tun hatte, der nicht nur schön und sehr gescheit war, sondern auch sehr selbstständig, wenn nicht gar eigenwillig.
»Er war in gewisser Weise ein Einzelgänger.«
Gia trank von ihrem Wein. »Als ausgesprochenen Teamplayer kann man ihn noch immer nicht bezeichnen.«
»Er gehörte zur Langlaufmannschaft der High-School, nahm jedoch ausschließlich an Querfeldeinrennen teil. Auch dort hatte er nicht viele Freunde. Aber es waren die Filme, die unserer Familie das größte Kopfzerbrechen bereiteten. Er konnte von diesen billigen alten Horror- und Sciencefiction-Schinken nicht genug kriegen.«
»Daran hat sich bis heute nicht viel geändert.«
»Es gab so manchen sonnigen Samstagnachmittag, an dem Jackie ...«
Gia grinste.
»Jackie?
Oh, das liebe ich!«
»So hat unsere Mutter ihn immer genannt, und wir anderen haben das übernommen. Wie dem auch sei, an so manchem schönen Samstag meinte er, er würde in den Park gehen. Wenn man dann aber am städtischen Kino vorbeifuhr, fand man in der Nähe todsicher sein Fahrrad, angekettet an irgendeinen Laternenpfahl. Jeden Samstag liefen im Lenape die alten Horror- und Scifi-Streifen in einer Doppel-Matinee, und dann saß er lieber alleine im dunklen Kinosaal, als mit den anderen Kindern zu spielen.«
»Dieses Kind steckt noch heute in dem Mann dort«, sagte Gia und deutete auf Jack.
Jack und Filme… Kate erinnerte sich, dass sie, als er neun war, einmal gehört hatte, wie Jacks Wecker um zwei Uhr morgens rasselte und er im Dunkeln die Treppe hinunterschlich. Als zehn Minuten verstrichen waren und er nicht zurückkam, folgte sie ihm nach unten, um nachzusehen, was er trieb. Sie fand ihn, eingewickelt in seine Bettdecke, auf dem Fußboden vor dem Fernseher sitzend. Die Lautstärke war heruntergedreht, und er wirkte geradezu verzaubert – von irgendeinem billigen Schwarzweißfilm. Sie hatte damals gemeint, er solle wieder ins Bett gehen, doch er flehte sie an, erklärte, er wäre schon seit langem ganz wild auf
Fliegende Untertassen greifen an,
der würde jedoch nie im Kino oder im Fernsehen gezeigt, bis zu dieser Nacht. Er
müsste
den Film sehen. Er bekäme vielleicht nie wieder die Gelegenheit dazu. Bitte!
Also kroch sie zu ihm unter die Bettdecke, legte schützend einen Arm um seine Schultern und sah sich den Film mit ihm gemeinsam an. Sie erkannte sehr bald, warum niemand den Film zeigen wollte:
Fliegende Untertassen greifen an
war einfach grässlich. Aber für Jack war es so etwas wie ein wertvoller Schatz, den er endlich gefunden hatte. Indem sie sich an diese Episode erinnerte, begriff sie, dass es ein ganz besonderer Augenblick gewesen war, wie es ihn dank der Erfindung des Videorecoders nie mehr geben würde. Kate schaute in die Küche, wo Jack mit Jeanette stand. Wäre das Leben doch wieder so schön und einfach.
Und dann fiel es ihr siedend heiß ein: »Der Dip. Ich habe vergessen, den Dip anzuwärmen.«
Das anhaltende Schweigen wurde unangenehm. Jack sah, dass Jeanettes Tanktop schlanke, muskulöse Arme enthüllte. Gut entwickelte Deltamuskeln, wie man sie nur durch intensives Krafttraining erhält.
Das schien etwas zu sein, womit sich ein Gespräch beginnen ließ.
»Treiben Sie Kraftsport, Jeanette?«
»Hmmm?« Sie blinzelte und kehrte nach Nordamerika zurück.
Jack winkelte den Arm in einer Bodybuilderpose an. »Trainieren Sie?«
Sie lächelte. »Früher mal, als ich so etwas noch für wichtig hielt.« Ein Achselzucken. »Jetzt kommt es mir irgendwie albern vor. Wie so vieles, das heute völlig unsinnig erscheint.«
Jack erkannte, wie die Tatsache, zu erfahren,
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