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Handyman Jack 07 - Todessumpf

Handyman Jack 07 - Todessumpf

Titel: Handyman Jack 07 - Todessumpf Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: F. Paul Wilson
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zurückziehen. Er schaute nach und erblickte mehrere lange Schnitte quer über die Handfläche.
    Carl lachte. »Hier muss man sich sogar vor dem Gras in Acht nehmen.« Mit seinem Armpaddel machte er eine ausholende Bewegung. »Pa-hay-okee.«
    Jack erinnerte sich, dieses Wort schon aus Anyas Mund gehört zu haben.
    »Indianisch, nicht wahr? Es heißt ›Fluss des Grases‹ oder so ähnlich, hm?«
    Carl grinste. »Hey, Sie haben schnell gelernt.«
    Fluss des Grases … Meer des Grases würde viel eher passen. Ein Ozean aus braunem Riedgras erstreckte sich in alle vier Himmelsrichtungen, hier und da von inselähnlichen Zypressen-, Eichen- und Kiefernwäldchen unterbrochen, die aussahen wie übergroße grüne Pilze, die auf einer abgestorbenen Wiese wachsen. Er hoffte, dass diese Wiese nicht wirklich abgestorben war, sondern lediglich eine Art Sommerschlaf hielt.
    So eben, so flach. So ähnlich hatte er sich Kansas vorgestellt. Viel zu offen für Jack. Er war an ein Leben in Schluchten gewöhnt, die von Stahl, Beton und Glas gesäumt waren. Der Horizont kam ihm hier unendlich weit entfernt vor. Wer brauchte überhaupt einen Horizont? Horizonte flößten ihm Angst ein. Er könnte ganz gut ohne sie leben. Und zu Hause tat er das auch.
    Was konnte eigentlich irgendjemanden dazu bringen, hier draußen leben zu wollen? Kein Feinkostimbiss, kein Pizzaservice, kein elektrischer Strom, um Bier zu kühlen. Das war genauso, als lebte man in der Steinzeit.
    Carl sagte: »Ich habe Miccosukeeblut in meinen Adern, wissen Sie. Zumindest hat mir meine Mutter das erzählt. Sie haben nördlich von hier, an der Route 41, ein Reservat. Dort betreiben sie sogar ein Spielkasino, aber ich bin da noch nie gewesen. Meine Mutter stammt von den Miccosukees. Woher mein Vater kommt, weiß ich nicht. Meine Mutter hat ihn an der Lagune kennen gelernt. Wie ich hörte, hat es ihn dort, nachdem er mich gesehen hatte, nicht mehr lange gehalten. Er machte sich einfach aus dem Staub, und wir haben nie mehr von ihm gehört.«
    Jack streifte Carls verhüllten rechten Arm mit einem kurzen Blick. Sollte er dazu eine Frage stellen?
    Später vielleicht.
    Stattdessen sagte er: »Demnach leben schon seit mehreren Generationen Leute in der Nähe der Lagune?«
    »Ja und nein«, antwortete Carl. »Die Einzigen, die im Augenblick dort wohnen, sind die Kinder von denen, die früher an der Lagune lebten. Alle zogen weg, als wir noch kleine Babys waren, weil sie meinten, die Lagune würde uns irgendwie verändern, sogar schädigen. Aber wir Kinder kamen zurück.«
    »Warum?«
    »Ich nehme an, weil wir wahrscheinlich glaubten, an keinen anderen Ort zu gehören.«
    Jack suchte nach einer möglichst behutsamen Ausdrucksweise. »Wegen Ihres Aussehens, möglicherweise?«
    Carl zuckte die Achseln. »Sicherlich zum Teil auch deshalb. Aber vorwiegend, weil die Lagune genau der richtige Ort für uns zu sein schien. Wir empfanden sie als … unser Zuhause.«
    »Trotzdem sind Sie weggezogen.«
    »Ja. Aber nicht weit. Deshalb war ich auch nicht gerade begeistert, jetzt zurückzukehren. Ich habe Angst, dort wieder hängen zu bleiben.«
    »Wie viele Leute leben eigentlich an diesen Ufern?«
    »Etwa zwanzig. Wir sind alle ungefähr im gleichen Alter plus oder minus zwei Jahre.«
    Jack zog instinktiv den Kopf ein, als ein großer Vogel mit erstaunlicher Flügelspannweite über ihnen auftauchte.
    »Was zum Teufel ist denn das?«
    »Nur ein großer Reiher.«
    »Ach.«
    Für einen kurzen Augenblick hatte Jack geglaubt, es wäre ein Pterodaktylus. Oder vielleicht ein Pteranodon. Was auch immer. Auf jeden Fall ein Flugmonster mit Schwanz.
    Sie kamen jetzt an Alligatoren unterschiedlicher Größe vorbei, die sich am Ufer sonnten, doch keiner hatte auch nur annähernd die Größe des Monsters vom Vortag.
    Plötzlich hörte Jack ein Kratzen vom Boden des Kanus.
    »Von hier ab hilft uns der Motor für ein ganzes Stück nicht mehr weiter«, verkündete Carl.
    Sie benutzten ihre Paddel, bis der Kanal auch dafür zu seicht wurde.
    »Was tun wir jetzt?«
    Carl erhob sich und stieg aus dem Boot. »Wir tragen das Boot, bis das Wasser wieder tiefer wird.«
    Du hast gut reden, dachte Jack. Du hast Stiefel an den Füßen.
    Das Tragen an sich war nicht so schlimm – sie brauchten nur rund dreißig Meter zu gehen, bis das Wasser wieder tief genug war –, aber das Bewusstsein, jeden Augenblick könnte ein hungriger Alligator aus dem grünen Dickicht ringsum auftauchen, beschleunigte Jacks Schritte derart,

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