Handyman Jack 07 - Todessumpf
eingehen, dass man dich dabei erwischt. Ich hingegen kann gehen, wohin ich will, ohne lange darüber nachdenken zu müssen. Wenn ich irgendwohin fliegen will und jemand überprüft auf dem Flughafen meinen Ausweis, brauche ich mir keine Sorgen zu machen. Aber du musst ständig mit der Angst leben, dass du durch eine Kleinigkeit auffällst.«
Sie ließ ihn los, ging ein wenig auf Distanz und musterte ihn mit ihren wundervollen blauen Augen.
»Wer ist denn freier, Jack? Mal ehrlich.«
Sie verstand ihn nicht. Sie würde ihn wahrscheinlich niemals richtig verstehen. Aber das war okay. Deshalb liebte er sie nicht weniger, weil er wusste, woher sie kam. Sie war jahrelang allein gewesen, eine allein erziehende Mutter, die sich eine eigene Position und ein angenehmes Leben für sich und ihr Kind hatte erkämpfen müssen. Sie hatte weitergehende Verpflichtungen wahrnehmen müssen. Ihre Tage, ausgefüllt mit der Bewältigung des alltäglichen Lebens und seinem ständigen Auf und Ab, waren auch ohne von außen herangetragene zusätzliche Probleme ausreichend hektisch und ermüdend.
»Das lässt sich nicht miteinander vergleichen, Gia. Ich habe immer gelebt, wie ich glaubte, leben zu müssen. Nach meinen Regeln, nach meinem ganz persönlichen Kodex. Dass ich keine Steuern bezahle, hat nichts mit Geld zu tun, es hat mit dem Leben an sich zu tun und damit, wem mein Leben oder dein Leben oder Vickys Leben gehört.«
»Das verstehe ich – und rein philosophisch betrachtet bin ich voll und ganz deiner Meinung. Aber wie soll das in der praktischen Arbeitswelt für einen Mann funktionieren, der Familie hat? ›Oh, tut mir Leid, Schätzchen. Daddy verreist nicht mit uns, weil er eine falsche Identität benutzt und nicht möchte, dass wir Probleme bekommen, wenn man ihn erwischt. Aber keine Sorge, wir werden ihn am Ziel wiedersehen. Zumindest hoffe ich das.‹ Das ist keine Art und Weise, wie man ein Kind aufziehen sollte.«
»Wir könnten doch alle falsche Identitäten haben. Wir könnten eine offiziell nicht existente Familie sein.« Schnell hob er beschwichtigend die Hände. »Es war nur ein Scherz.«
»Das hoffe ich. Für mich wäre es nämlich ein Albtraum.«
Diesmal zog er sie an sich. »Ich arbeite daran, Gi. Ich werde einen Weg finden.«
Sie küsste ihn. »Das weiß ich doch. Du bist nun mal Handyman Jack. Du findest für alles eine Lösung.«
»Es freut mich, dass du so denkst.«
Aber aus dem Untergrund aufzutauchen und gleichzeitig seine Freiheit zu behalten … das war ein bisschen viel verlangt.
Du solltest lieber eine Lösung für mich finden, Abe, dachte er, denn ich weiß nicht mehr weiter.
Er wollte sich die Suche nach einem Parkplatz am Flughafen ersparen, daher bestellte er ein Taxi, um zum LaGuardia Airport zu gelangen. Da Gia praktisch im Schatten der Fifty-ninth Street Bridge wohnte, brauchte er nur einen kleinen Umweg zu machen, um sie unterwegs an ihrer Wohnung abzusetzen.
»Sei vorsichtig«, flüsterte sie nach einem langen, innigen Abschiedskuss. »Komm heil zurück zu mir, und sieh zu, dass dir da unten nichts zustößt.«
»Ich besuche meinen schwer verletzten Vater. Wie um alles in der Welt soll mir dabei etwas zustoßen?«
8
Eine Stunde vor dem nächsten planmäßigen Flug erreichte Jack den Schalter der OmniShuttle Airways.
Ehe er Gia absetzte, hatte er sich mit dem Taxi zu Abe bringen lassen, wo er das Paket zurückließ, damit es per Express an die Adresse seines Vaters geschickt wurde. Abe benutzte dazu die Dienste eines kleinen, exklusiven und teuren Frachtunternehmens, das keine lästigen Fragen stellte. Die Taxifahrt verlief ohne Zwischenfälle, doch es war ein seltsames Gefühl, ohne eine Pistole im Gürtel oder in einem Knöchelholster in der City unterwegs zu sein. Er wagte es trotzdem nicht, eine Waffe ins Flugzeug zu schmuggeln, noch nicht einmal im eingecheckten Reisegepäck, da mittlerweile jedes Gepäckstück durchleuchtet wurde.
Der Ticketkauf ging glatt vonstatten. Eine dunkelhäutige Frau mit unbestimmbarem Akzent nahm die Tyleski-Kreditkarte und den Tyleski-Führerschein entgegen, betätigte eine Anzahl Tasten – eine verdammt große Anzahl – und gab ihm beides zusammen mit einem Flugticket und einer Bordkarte zurück. Jack hatte sich für OmniShuttle entschieden, weil er sich die für ein Rückflugticket notwendigen Prozeduren ersparen wollte. Die Fluglinie verkaufte einfach Tickets, ohne sich mit verbilligten Wochenendarrangements und Ähnlichem
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