Handyman Jack 08 - Der schwarze Prophet
Menschen glauben offensichtlich daran.«
»Von wegen! Millionen, Schmillionen. Das behaupten sie. Ich wette, es ist nur ein winziger Bruchteil davon.«
»Na ja, bald ist es ein Bruchteil plus eins. Ich habe Lust, mal wieder in die Kirche zu gehen.«
»Heißt das, du willst einer Sekte beitreten?«
»Sie bezeichnen sich als Religionsgemeinschaft.
Die Regierung ist einverstanden.«
Abe schnaubte. »Von wegen Religionsgemeinschaft. Sollen wir auf die Regierung hören? Die Dormentalisten überlassen ihren Anführern die Kontrolle. Sämtliche Entscheidungen werden ihnen abgenommen – wie und was man denken soll, was man glaubt, wo man wohnt, wie man sich anzieht, ja, sogar in welchem Land man lebt! Ohne Verantwortung gibt es keine Schuld – und man denkt nicht über die möglichen Folgen seines Handelns nach, daher verspürt man einen allumfassenden inneren Frieden.
Das ist eine Sekte, und eine Sekte ist eine Sekte, ganz gleich, was die Regierung sagt. Wenn das Landwirtschaftsministerium einen Bagel einen Apfel nennt, ist es dann ein Apfel? Nein, es wäre immer noch ein Bagel.«
»Aber an was glauben sie denn?«
»Besorg dir das Buch Hokano und lies, Kleiner, lies einfach. Und glaub mir, mit so was vor der Nase ist Schlaflosigkeit kein Problem mehr für dich.«
»Na ja, schön, aber ich schlafe noch besser, wenn du einen Weg findest, wie ich wieder ein ganz normaler Durchschnittsbürger werden kann.«
Die bevorstehende Vaterschaft brachte Jacks Leben, so wie er es bisher kannte und führte, ziemlich durcheinander, da er sich gezwungen sah, einen Weg aus dem Untergrund ins Alltagsleben zu finden, ohne allzu viel amtliche Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen. Schon vor dem 11. 9. wäre es nicht einfach gewesen, aber jetzt … nahezu unmöglich. Wenn er keine einleuchtende Erklärung hinsichtlich seiner Existenz während der letzten fünfzehn Jahre präsentieren und nicht nachvollziehbar darlegen konnte, weshalb er nicht in den Verzeichnissen der Sozialversicherung oder in den Datenbanken der IRS als braver Steuerzahler auftauchte, würde man ihn nach den Kriterien des Homeland Security Acts durchleuchten.
Er bezweifelte jedoch, dass seine Vergangenheit einer solchen Überprüfung standhielte. Und er hatte keine Lust, den Rest seines Lebens unter ständiger Beobachtung zu verbringen.
Er musste irgendeinen anderen Weg finden. Die beste Idee schien eine neue Identität zu sein … jemand zu werden, der eine unverfängliche Vergangenheit hatte.
»Gibt es was Neues von deinem Freund in Europa?«
Abe hatte Kontakte auf der ganzen Welt. Jemand in Osteuropa hatte angedeutet, er könnte vielleicht irgendetwas organisieren – natürlich nur zu einem angemessenen Preis.
Abe schüttelte den Kopf. »Nichts Endgültiges. Er arbeitet noch daran. Vertrau mir, wenn ich etwas höre, bist du der Erste, der es erfährt.«
»Ich kann nicht ewig warten, Abe. Das Baby kommt schon Mitte März.«
»Ich versuche, ihm Dampf zu machen. Ich geb mir alle Mühe. Das müsstest du eigentlich wissen.«
Jack seufzte. »Sicher weiß ich das.«
Aber das Warten, die Tatsache, von einem gesichts- und namenlosen Kontaktmann abhängig zu sein, die frustrierende Ohnmacht, dieses Problem nicht aus eigener Kraft lösen zu können … es zerrte an seinen Nerven und fraß ihn innerlich auf.
Er hielt das Buch hoch. »Hast du eine Tüte?«
»Warum? Befürchtest du etwa, die Leute könnten dich für einen Dormentalisten halten?«
»Du sagst es.«
8
»Iss langsam, Vicky«, sagte Gia. »Du musst dein Essen richtig kauen.«
Vicky liebte Muscheln in Weißweinknoblauchsoße. Sie verzehrte sie mit einem Appetit, der Jack das Herz wärmte, kratzte mit ihrer kleinen Gabel das Fleisch aus den Schalen, tunkte es in die milchige Soße und schob es sich dann in den Mund. Sie aß zügig, planmäßig, und arrangierte, während sie sich durch die Schüssel arbeitete, die leeren Schalen auf ihre ganz eigene Art und Weise, indem sie die Muscheln halb geöffnet an der Gelenkseite ineinander steckte und so einen Kranz aus glänzenden schwarzen Muschelgehäusen schuf.
Ihr hochgestecktes Haar schien fast genauso dunkel wie die Muscheln. Sie hatte die blauen Augen ihrer Mutter und auch deren makellose Haut – und sie war seit zwei Wochen ganze neun Jahre alt.
Jeden Sonntag seit seiner Rückkehr aus Florida hatte es sich Jack nicht nehmen lassen, Gia und Vicky zu einem Familiendinner, wie er es nannte, auszuführen. Heute Abend war Vicky an der Reihe gewesen zu
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