Handyman Jack 09 - Das Höllenwrack
bestimmt nicht.«
Sie zog ihn durch die Halle. »Vicky hat entsetzlichen Hunger.«
Dort, wo sich sein Magen befand, spürte er einen eisigen Klumpen.
»Ich nicht.«
»Ich auch nicht. Alle paar Minuten habe ich das Gefühl, als müsste ich ins Bad rennen und mich übergeben. Aber wir sollten lieber den Schein wahren, meinst du nicht?«
»Natürlich.«
»Ich wünschte, du hättest ihr nicht versprochen, zu Amalia’s zu gehen. Ich hätte dir liebend gerne was gekocht.«
»Meine Henkersmahlzeit?«
»Nicht, Jack. Bitte!«
»Okay, okay. Es ist nur … ich weiß nicht, wie ich damit umgehen soll.«
»Ich aber.« Ihre Unterlippe zitterte. »Ich breche gleich zusammen.«
Er drückte sie einige Sekunden lang an sich. »Wo ist Vicky?«
»In der Küche.«
Er deutete aufs Wohnzimmer. »Dann lass uns einen kurzen Umweg machen.«
Er holte den Rucksack aus der Halle, trug ihn zur Couch und stellte ihn auf den Beistelltisch unter die Leselampe.
»Ich will, dass du das an dich nimmst.«
Misstrauisch musterte Gia den Rucksack. »Was ist das?«
Er öffnete den Reißverschluss des vorderen Fachs und klappte es auf.
»Wirf einen Blick hinein.«
Sie kam einen Schritt näher und gehorchte zögernd. Dann runzelte sie die Stirn, und gleich darauf ruckte ihr Kopf hoch.
»Goldmünzen? Weshalb?«
»Sie sind für dich.«
»Aber sind das nicht deine …?«
»Ersparnisse für das Alter. Ja.«
Sie wich zurück. »Das will ich nicht.«
Jack hatte schon erwartet, dass sie so reagieren würde.
»Gia, ich möchte, dass du sie annimmst. Wenn ich weggehe, möchte ich sicher sein können, dass ihr beide – Vicky und du – versorgt seid.«
Ihre Augen wurden feucht. »Aber wenn du mir deine Ersparnisse gibst, dann bedeutet es, dass dein Leben beendet ist. Und ich kann nicht – «
»Hey, betrachte es nicht so. Ich brauche nur jemanden, der darauf aufpasst, solange ich weg bin. Du weißt schon … bis ich zurückkomme.«
Sie weinte, und Jack nahm sie in die Arme.
»Das kann doch unmöglich passieren, Jack. Das darf nicht sein.«
»Vielleicht tut sich ja gar nichts. Vielleicht schlagt es morgen früh acht Uhr, und wir sitzen herum und kommen uns ziemlich dämlich vor.«
»Das glaubst du doch selbst nicht.«
Richtig. Er tat es nicht.
Zumindest nicht verstandesmäßig. Er hatte im Kompendium gelesen und wusste, dass es kein gewöhnliches Buch war. Und bisher war alles, was darin stand, tatsächlich eingetroffen: der Fleck, sein Anwachsen, dann die Übertragung von einer Person auf eine andere … alles. Weshalb sollte es sich dann in Bezug auf das irren, was geschehen würde, wenn die beiden Enden des Flecks miteinander verschmolzen?
Doch ein verborgener, nicht rational denkender Teil seiner Persönlichkeit weigerte sich zu glauben, dass er am nächsten Tag nicht mit Gia und Vicky zusammen sein würde.
»Ich kann hoffen, nicht wahr? Aber nur für den Fall, dass tatsächlich geschieht, was im Kompendium beschrieben wird, möchte ich, dass du dich davon bedienst, wann immer es nötig ist. Bis ich zurückkomme.«
Er spürte, wie ihre Schultern bebten. Er musste sie aus dieser Stimmung herausholen. Er wusste, dass sie sich gegenüber ihrer Tochter nichts anmerken lassen durfte.
»Komm, wir holen Vicky und sehen zu, dass wir zu Amalia’s kommen, ehe Vicky wirklich noch verhungert.«
Gia trennte sich von ihm und wischte sich die Tränen ab.
»Das sieht mir gar nicht ähnlich.«
»Nun, du hast ja eine solche Situation auch noch nie erlebt.«
»Du auch nicht.«
So ganz stimmte das nicht. Jack war schon des Öfteren in Situationen gewesen, in denen er nicht gewusst hatte, ob er sie lebendig überstehen würde. Aber das war etwas anderes gewesen. In diesen Situationen hing sein Überleben von seinen Aktionen ab. Tu das Richtige und lebe – oder tu das Falsche und stirb.
Aber diesmal … Er hatte keine Möglichkeit zu wählen, Entscheidungen zu treffen, irgendetwas zu tun, nichts. Er kam sich wie in einer eisernen Zwangsjacke vor.
»Nun ja, ich bin ein harter Bursche, oder?«
Aber nicht so hart, dass er vor dem Abendessen mit Vicky keinen Heidenbammel hatte. Denn in der nächsten Stunde würde er ihr erklären müssen, dass er sie vielleicht für immer verlassen müsste.
13
-11:23
Jack war froh, dass er sich nicht über seine Empfindungen äußern musste, während er Vicky dabei zusah, wie sie ihren Muscheln in Knoblauch und Weißwein zu Leibe rückte. Er konnte sie nämlich gar nicht in Worte fassen. Aber
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