Handyman Jack 09 - Das Höllenwrack
warten.«
Er folgte Eusebio die Treppe zum Achterkastell hinauf.
»Dort«, sagte Eusebio und deutete auf einen Punkt vor der Tür zu den Offiziersquartieren. Dann hob er drohend den Finger. »Nicht drinnen.«
»Na gut.«
»Sobald er zurück ist, melde ich ihm, dass Sie hier sind.«
Francisco nickte und stellte seine Habseligkeiten auf dem Deck ab: einen Leinensack mit Kleidern und persönlichen Dingen, eine Mahagonikiste, die sein Astrolabium enthielt – das er nicht brauchen würde, bis sie die Küste nicht mehr sehen konnten – und seinen in Wachstuch eingewickelten Portolano.
Er ließ den Blick über das Hauptdeck schweifen, auf dem trotz der frühen Stunde geschäftiges Treiben herrschte. Drei Masten, im Augenblick noch leer, aber schon bald mit Rah- und Besansegel bestückt. Aber was sich unter Deck befand, interessierte ihn viel mehr: ein Geheimnis, das zwischen der restlichen Fracht verborgen sein mochte, die für die Neue Welt bestimmt war.
Es war dieses Geheimnis, das ihn hierher geführt hatte.
Auf gewisse Art und Weise hatte es mit König Philip zu tun, der alt und krank war und bereits mit einem Fuß im Grab stand. Vielleicht war der Grund die Demütigung durch drei gescheiterte Versuche, England zu erobern, deren jüngste er im vorangegangenen Jahr erfahren musste, als die dritte Armada durch schwere See zur Umkehr gezwungen wurde. Philip herrschte über die mächtigste Nation der Welt, jedoch gefährdete seine enorm hohe Besteuerung die spanische Hegemonie. Er würde seinem Nachfolger ein angeschlagenes Imperium hinterlassen.
Vielleicht waren die Tage Spaniens gezählt. Der Gedanke erfüllte Francisco mit Traurigkeit. Er hatte als junger Mann in der Marine gedient und die Santa Ciarita in der ersten Armada befehligt. Lag das wirklich erst zehn Jahre zurück? Ihm kam es wie ein ganzes Leben vor.
Seine kleine Galeone, die Santa Ciarita, war den Feuerschiffen Sir Francis Drakes entkommen, hatte jedoch mit dem Rest der Flotte nach Norden ausweichen müssen. Francisco hatte das Schiff an den sturmumtosten Orkneys nördlich von Schottland vorbei und zurück nach Lissabon gesteuert. Sein Schiff war eins von siebenundsechzig, die von den einhundertdreißig Schiffen der ursprünglichen Flotte übrig geblieben waren.
Trotz seines Versagens wurde Philip als loyales Mitglied der Katholischen Liga in den Hugenottenkriegen und als standhafter Verteidiger des Glaubens gegen die zunehmende calvinistische Bedrohung vom Vatikan bevorzugt.
Aus diesem Grund wahrte die Kirche äußerste Diskretion, als sie den Diebstahl einer wertvollen Reliquie von ihrem angestammten Platz tief in den Gewölben unter dem Vatikan untersuchte. Die Kardinäle hatten noch immer keine Erklärung dafür, wie der Dieb der Wachsamkeit der Schweizer Garden hatte entgehen und sich Zutritt zu dem Tresorraum hatte verschaffen können. Doch es gab keinen Zweifel, was seine Identität betraf: Es war Don Carlos von Navarre, König Philips geliebter Neffe.
Vor sechs Wochen hatte Seine Heiligkeit Papst Clemens VIII. Vater Claudio Aquaviva zum Heiligen Stuhl bestellt. Dort, hinter den geschlossenen Türen der innersten Sphäre des Vatikans, wurde der Ordensgeneral der Societas mit der Wiederbeschaffung und Beseitigung der gestohlenen Reliquie beauftragt, ohne dass Don Carlos zur Rechenschaft gezogen oder irgendeine Verbindung zum Vatikan offenbar wurde. Tatsache war: Falls der Verlust des Objekts wie ein Akt Gottes und nicht durch Menschenhand geschehen schien, umso besser.
Francisco fand es höchst erstaunlich, dass einem so jungen Orden eine derart hohe Ehre zuteil wurde. Ein ehemaliger Soldat namens Ignatius Loyola hatte die Societas Jesu vor weniger als sechzig Jahren gegründet, doch von Anfang an hatte sie die hellsten Köpfe der zivilisierten Welt wie ein Magnet angezogen.
Dass Francisco, ein Mitbruder, der noch nicht zum Priester geweiht worden war, für diese Mission ausgewählt wurde … nun, das erschien einfach unglaublich.
Waren wirklich erst drei Wochen verstrichen, seit Pater Diego Vega, der Stellvertreter des Ordensgenerals, seine Zelle betreten, die Tür geschlossen und ihm erklärt hatte, was er tun müsse?
In seinem Kopf drehte sich noch immer alles. Er hatte die letzten drei Jahre in Griechenland damit verbracht, die alten Texte über die Gestirne zu studieren, und war erst vor Kurzem von dort zurückgekehrt. Er musste noch immer die verwirrende Erkenntnis verarbeiten, zehn Tage seines Lebens scheinbar verloren zu
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