Handyman Jack 09 - Das Höllenwrack
sollten sie auch? Wir ankern außerhalb des Schutzgebietes im Innern des Riffs und befinden uns nicht in der Nähe eines der geschützten Wracks. Wir sind nichts anderes als zwei harmlose Sporttaucher.«
»Aber einfach mal angenommen, jemand kommt rein routinemäßig vorbei. Genau genommen sind wir so etwas wie illegale Einwanderer. Und ich habe keine Lust, als solcher in ihrem Gefängnis zu landen.«
»Kannst du nicht endlich aufhören, dir Sorgen zu machen? Du klingst wie eine ängstliche alte Jungfer.«
Auf Details zu achten, mögliche Probleme durchzuspielen, ehe sie tatsächlich auftauchten, das hatte Jack oft schon das Leben gerettet und aus jeder Gefängniszelle herausgehalten. Bis jetzt.
Tom ging zur Pumpe. Er hatte die schwere, dampfmaschinengroße Apparatur am Bootsrand aufgebaut. Die Schläuche trieben im Wasser und waren einsatzbereit. Der kurze Ansaugschlauch war am Ende mit einem Gewicht versehen, hing backbord über den Rand und trieb knapp einen halben Meter unter der Wasseroberfläche. Die Windungen des längeren Schlauchs, knapp zwanzig Meter lang, schwammen an Steuerbord in den kleinen Wellen.
Das Betätigen des Startknopfs ließ den Dieselmotor knatternd aufleben. Das Ende des längeren Schlauchs begann zu sich hin und her zu schlängeln, als es sich mit Wasser füllte, das von seinem kürzeren Bruder angesaugt wurde.
Tom zog sich die Tauchermaske übers Gesicht. »Wir sehen uns unten«, sagte er näselnd.
Er schob sich das Mundstück zwischen die Zähne, winkte noch einmal und ließ sich dann rücklings ins Wasser kippen. Er tauchte mit lautem Klatschen ein, kam hoch, orientierte sich und ergriff das Ende des Plastikschlauchs. Er gab Jack ein Zeichen, ihm zu folgen, dann schwamm er mit kräftigen Flossenschlägen in Richtung Meeresboden.
Jack rückte seine eigene Tauchermaske zurecht und machte probeweise einen Atemzug durch das Mundstück. Alles schien ordnungsgemäß zu funktionieren, doch er zögerte. Er war im Begriff, in ein Loch zu springen, und konnte nicht anders, als sich an ein anderes Loch zu erinnern, das Loch in den Everglades, das bodenlos war …
Er verdrängte das Bild, setzte sich auf den Bootsrand, die Sauerstoffflasche nach draußen, und – los ging’s. Er kippte nach hinten.
Dann schlug er auf und ließ sich sinken. Sofort verloren die Flasche und der Bleigürtel ihr Gewicht, die voluminöse, schwere und ungemütliche Ausrüstung wurde federleicht und funktionierte optimal. Er hielt sich die Nase zu und blies die Ohren frei, dann stieß er sich zum Meeresboden ab und folgte dem Schlauch dorthin, wo Tom im Wasser verharrte und knapp fünfzehn Meter unter ihm wartete.
Dieses Sandloch war eine gut fünfzehn Meter tiefe längliche Mulde im Riff, etwa halb so breit wie lang. Sie hatten den Anker in der Nähe des stromauf gelegenen Randes geworfen, daher untersuchte Jack, während er im kristallklaren Wasser versank und immer dann schluckte, wenn der Druck auf seinen Ohren unangenehm wurde, die Wand aus Korallen, die sich in seiner Nähe befand.
Etwas erschien ihm seltsam.
Er näherte sich mit einer Schwimmbewegung der Wand, um sich einen besseren Eindruck zu verschaffen. Die Korallen wirkten ausgebleicht und kahl – kein Seegras, keine Algen, keinerlei Vegetation. Er sah keine Schwämme oder Seeanemonen, keine Fische oder Seeigel. Nicht einmal die Korallen gaben ein Lebenszeichen von sich.
Das Riff war tot, abgestorben.
Jack hatte von Korallenkrankheiten gehört, die ganze Riffe ausgelöscht hatten. Vielleicht war das auch hier geschehen. Er sah sich um und konnte keinen einzigen Fisch entdecken. Selbst im seichten Wasser am Anlegesteg war er von einer Vielzahl bunter Fische mit großen Augen bestaunt worden. Er hatte einen Papageienfisch und einen Anglerfisch identifizieren können, der Rest war ihm fremd gewesen.
Hier, auf diesem Riff hingegen … keine Bewegung, keine Farben.
Auf gewisse Weise ergab es einen Sinn. Die Korallen waren die Grundlage des Riffs, das für sich ein geschlossenes Ökosystem darstellte. Wenn sie abstarben, suchten sich die Bewohner ergiebigere Nahrungsquellen.
Aber man hätte doch erwarten können, wenigstens den einen oder anderen Fisch zu finden.
Jack drehte sich einmal um seine Achse. Nichts. Nicht ein Meeresbewohner war zu sehen. In diesem Sandloch gab es außer Tom und ihm überhaupt nichts Lebendiges.
Er schüttelte das Unbehagen ab, das sich in ihm ausbreitete, und tauchte hinunter zu Tom, der ihm ungeduldig zuwinkte, er
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