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Handyman Jack 09 - Das Höllenwrack

Handyman Jack 09 - Das Höllenwrack

Titel: Handyman Jack 09 - Das Höllenwrack Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: F. Paul Wilson
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wird. Jemand hat einmal gesagt, dass man das ganze Leben mit dem Wort ›essen‹ erklären kann, und zwar sowohl im aktiven als auch im passiven Sinn. Der Volksmund sagt ›Fressen und gefressen werden‹. Und ich stehe lieber auf der aktiven Seite, danke.«
    »Nun, es gibt auch noch eine dritte Art: meine. Und bisher hat noch niemand einen Bissen von mir gekriegt.« Er seufzte. »Vielleicht klinge ich wirklich wie ein Tugendapostel, aber … Mein Gott, Tom, ohne deine Integrität, was bleibt von dir übrig? Was ist da noch?«
    Tom schnaube abfällig. »Dann verrate mir doch mal, was diese Integrität dir letzten Endes an Vorteilen bringt. Kannst du damit dein Essen bezahlen? Bezahlst du damit deine Miete? Glaubst du, dieser Typ im Bootshafen hätte dir den Sprit geschenkt, nur weil du integer bist? Ich glaube nicht.«
    Welchen Sinn hatte das Ganze, dachte Jack. Es war genauso, als würde man mit einem Blinden über Farbe diskutieren.
    Kopfschüttelnd stieg Jack wieder nach oben. Während er auf den leeren Ozean hinausblickte, dachte er an die verlorene Seele unten im Ruderhaus: seinen Bruder. Sein Bruder raffte es nicht. Er würde es niemals begreifen. Vielleicht weil er es nie erfahren hatte.
    Nein. Er musste es eigentlich wissen.
    Jack kehrte nach unten zurück und nahm seinem Bruder gegenüber Platz.
    »Ich möchte dich mal etwas fragen. Bist du glücklich mit dem, was du bist?«
    Tom verzog den Mund. »Glücklich? Wie kann ich glücklich sein? Ich stecke bis zum Hals in Problemen.«
    »Weich der Frage nicht aus. Du weißt, wovon ich rede. Bist du mit dir zufrieden?«
    Tom seufzte. »Nein. Das kann ich nicht behaupten. Tief in meinem Herzen weiß ich, dass ich ein Arschloch bin.«
    »Und wie bist du dazu geworden? Wie ist es passiert?«
    Tom blickte von seiner Tasse hoch. »Ich denke, du wirst mir glauben, dass ich anfangs nicht das Ziel vor Augen hatte, ein korrupter Richter zu werden.«
    »Das glaube ich dir. Also wie?«
    »Es war ein schleichender Prozess. Manchmal denke ich, dass mein Jurastudium daran schuld war.«
    Jack schnaubte. »So ein Quatsch.«
    »Nein. Es ist mein Ernst. Und ich sage damit nicht, dass es nicht meine Schuld war. Aber während des Jurastudiums wird einem beigebracht, dass der Buchstabe des Gesetzes alles ist, was zählt. Vergiss den Geist des Gesetzes – es ist der Buchstabe und immer wieder nur der Buchstabe. Wenn man nun ein Schlupfloch findet oder eine Interpretation, die einem gestattet, vom Geist des Gesetzes abzuweichen, dann nutzt man diese Gelegenheit eben aus. Richtig oder Falsch, Recht oder Unrecht haben nichts damit zu tun. Das Einzige, was zählt, ist das, was auf dem Papier steht.«
    »Okay, aber selbst der Buchstabe des Gesetzes gibt dir kein grünes Licht für Bestechung.«
    Tom nickte. »Das stimmt. Aber man fängt nicht mit Bestechung an. Zuerst beugt man hier das Gesetz ein wenig, dann nutzt man es dort zu seinem Vorteil. Und je besser man dabei fährt, desto gewagter agiert man und riskiert so immer mehr. Man gerät in einen Prozess, der einen nach und nach verändert, bis man eines Morgens aufwacht und feststellt, dass man nicht mehr der Mensch ist, der man eigentlich hatte sein wollen. Nicht einmal andeutungsweise. Tatsächlich ist man selbst genau die Art von Arschloch, die man verabscheut hat, als man anfing.«
    »Dann müsste das doch der Tag sein, an dem man damit anfangen sollte, sich zu verändern.«
    »Ich wünschte, das wäre so einfach. Man schuldet Leuten Gefälligkeiten – es läuft alles nach dem Prinzip quid pro quo – und diese Leute wissen eine ganze Menge über dich. Sie ziehen deine Fäden, Fäden, die du schon nicht mehr durchtrennen kannst. Du bist zwar noch keine richtige Marionette, aber doch schon dicht davor. Also spielst du mit. Und setzt deinen Abstieg unaufhaltsam fort.« Er sah Jack an. »Das Gleiche ist wahrscheinlich auch dir passiert, stimmt’s?«
    Das überraschte Jack völlig. »Mir?«
    »Komm schon, Jack. Gib es zu. Du bist nicht nach New York gegangen, um ein Krimineller zu werden. Aber vielleicht hast du hier ein wenig gestohlen, dort ein wenig Stoff verkauft, hast das ein oder andere ergaunert, und dann bist du ins große Geschäft eingestiegen. Und jetzt bist du Handyman Jack.«
    Jack schüttelte den Kopf. »Weit davon entfernt. So ist es bei mir ganz und gar nicht gelaufen. Als ich Rutgers verließ und in New Brunswick in den Bus stieg, hatte ich den Entschluss gefasst, mit all dem zu brechen, wer oder was ich gewesen war

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