Handyman Jack 10 - Der Erbe
Unterholz, weißstämmige Kiefern und Eichen. Zweispurige Asphaltstraßen wechselten sich mit kurvigen Sandpisten ab und auf der ganzen Insel gab es nicht eine Ampel. Sie hatte in west-östlicher Richtung eine Ausdehnung von ungefähr 25 Kilometern, von Norden nach Süden ungefähr die Hälfte, wirkte aber größer. Zu dieser Jahreszeit gab es hier nur Einheimische. Man hatte ihm gesagt, im Sommer sähe das ganz anders aus.
Sie fuhren zum Stop & Shop, weil das der nächste Supermarkt war. In dem Dorf, das sich am anderen Ende der Insel um den Hafen schmiegte, gab es noch einen Grand Union . Irgendwann in der Woche würde er hinfahren und sich umsehen. Auf dem Weg vom Hafen hierher waren sie durch den Ort gefahren und er wirkte nett und freundlich.
In dem Stop & Shop herrschte reger Betrieb. Die tief hängenden, bleigrauen Wolken an diesem späten Vormittag und der Wetterbericht, der heftigen Schneefall ankündigte, hatten vielleicht etwas damit zu tun.
Er grinste und stieß Grell an, einen langen Lulatsch mit roten Haaren und Armen, die fast bis zum Boden reichten. »Da kommt ein Sturm auf. Wir decken uns besser ein, bevor die Hamsterkäufer uns alles wegschnappen.«
Grell nickte. »Gute Idee.«
Cal seufzte. In dem rothaarigen Schädel war der Witz nicht angekommen.
»Ich brauche meine Pringles-Ration«, meinte Novak.
Cal beäugte den beeindruckenden Bauch des stämmigen Mannes, sagte aber nichts.
»Ihr wisst, was ihr zu tun habt. Ich sehe mich mal um.«
Eigentlich hätte er sich lieber draußen umgesehen und die Insel erkundet, aber der eisige, schneidende Wind nahm dem jeden Reiz. Vielleicht ein andermal.
Er griff sich einen Einkaufskorb und suchte sich ein paar Dinge für den Eigengebrauch zusammen. Er mochte Essen, das noch Biss hatte, also packte er Tüten mit Karotten und Sellerie ein. Er aß sein Gemüse gern mit Guacamole, aber in dem Laden gab es nur Maries Guacamole Dip . Na ja, wenn es nicht anders ging, musste er sich eben damit begnügen.
Er sah die Zeitungsständer im Eingangsbereich und arbeitete sich unauffällig darauf zu. Um diese Zeit sollten die Tageszeitungen auf der Insel angekommen sein. Was die Nachrichten anging, so bekamen sie über das Satellitenfernsehen nur die überregionalen Sender und die Lokalsender von Boston herein. Er wollte auf dem Laufenden bleiben, was in New York vor sich ging, vor allem wollte er es wissen, falls da acht verstümmelte Leichen gefunden werden würden. Beziehungsweise wollte er eben das nicht erfahren.
Die Schlagzeile der Post ließ ihn wie angewurzelt stehen bleiben. Sogar aus ein paar Metern Entfernung war die Riesenschrift nicht zu übersehen:
Yeniceri?
Wer ist das?
Und dann die Daily News :
Wer ist der »Erbe«?
Was hatte das zu bedeuten?
Er hastete hin und griff sich von jeder Ausgabe ein Exemplar, fand einen Vorsprung am Vorderfenster und setzte sich, um zu lesen. Mit zitternden Fingern blätterte er die Seiten um.
Die Artikel schilderten so ziemlich das Gleiche. Jemand hatte eine Leiche neben dem FDR Drive gemeldet. Der Mann war mit einer Kugel erschossen worden – mitten durchs Herz, wie man vermutete –, aber das Herz fehlte. Der Mann hatte keine Ausweispapiere bei sich, aber er war klein und schmächtig, mit dunklem Haar und braunen Augen. Jeder, der Hinweise dazu geben konnte, sollte sich unter der angegebenen Telefonnummer melden. Dann ging es um die unverständliche Nachricht, die man an der Leiche gefunden hatte:
Ich stehe auf Yeniceri-Herzen. Jetzt sind es acht und die Sammlung wächst weiter.
Der Erbe
Die News fragte: »Ist ›Der Erbe‹ ein neuer Serienmörder?«
Cal sackte gegen das Fenster zurück. Der Erbe … Jack … ja, vielleicht war er genau das.
Zeklos … das musste der Tote sein. Der arme Zeklos, das Herz herausgerissen wie bei den anderen …
Cal schüttelte den Kopf. Er hatte Jack gemocht und hätte nicht im Traum gedacht, er würde so etwas tun oder sei auch nur dazu imstande. Und ganz sicher nicht bei jemandem, der so ungefährlich war wie Zek.
Und dann diese Unverfrorenheit, es in die ganze Welt hinauszuposaunen. Und den Yeniceri mitzuteilen, dass er derjenige war, der ihre Brüder getötet hatte.
Die Wut kam in ihm hoch, versiegte aber schnell wieder. Irgendwas an dieser Sache passte nicht. Er konnte nicht genau sagen, was es war, aber irgendwas stimmte daran nicht.
»Davis!«
Er sah auf und bemerkte, wie Novak ihm von der Kassenschlange aus zuwinkte.
Er würde es ihnen sagen müssen. Er kämpfte
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