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Handyman Jack - Story-Sammlung

Handyman Jack - Story-Sammlung

Titel: Handyman Jack - Story-Sammlung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: F. Paul Wilson
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übernächsten weitermachen, bis er eine Faust ballen konnte. Und dann würde er das Gleiche mit der linken Hand machen.
    Er starrte seinen Zeigefinger an, engte seinen Blick, seine ganze Welt, auf dieses eine Glied ein, kanalisierte seine ganze Energie auf diesen Punkt.
    Und dann bewegte er sich.
    Oder doch nicht? Das Zucken war kaum merklich gewesen, so schwach, dass es auch eine optische Täuschung sein könnte. Oder Wunschdenken.
    Nein, er hatte sich bewegt! Er musste sich an diesem Gedanken festhalten. Er hatte sich bewegt! Er gewann die Kontrolle über seinen Körper zurück. Er würde aus diesem Loch herauskommen.
    Mit frischem Selbstvertrauen verstärkte er seine Konzentration auf das widerspenstige Fingerglied.
     
    Bei Anbruch der Nacht war Hank erschöpft, aber er gönnte sich keinen Schlaf.
    Wie sollte er? Mit der Dunkelheit war der Abwasserkanal zum Leben erwacht. Zuerst ein schwaches zischelndes Scharren, das von den Wänden widerhallte, dann schwoll es zu einer Kakofonie klickender Zangen an, die einen hungrigen Gegenakkord zu den zahllosen Chitinfüßen bildeten, die über den Beton schabten; dann folgten die sich windenden, im Licht des aufgehenden Mondes nur vage sichtbaren Gestalten, die sich von links und rechts auf ihn zuschlängelten, unter ihm durch das Wasser platschten oder über ihm an der Decke entlangkrabbelten. Die dünnsten waren so dick wie sein Oberarm, die größeren hatten den Durchmesser seines Oberschenkels. Die Kreaturen ignorierten ihn, während sie sich vorwärtsschoben, sich mit einer schrecklich trägen Eleganz, die der Schwerkraft zu trotzen schien, über und umeinander schlängelten und das blasse Grau des Betons verdunkelten, wo sich gordische Massen verdrehter Leiber wanden und den Mond ausblendeten, während sie sich gegen den geschlossenen Gitterrost pressten.
    Er hörte ein metallenes Kratzen, dann ein Kreischen, als das Gitter umklappte und auf dem Asphalt landete. Im Verhalten der Tausendfüßler war eine plötzliche Veränderung zu beobachten: Ihre bisherige Trägheit wich einem hungrigen Drängeln, als sie sich in ihrem irren Drang, ihre nächtliche Jagd an der Oberfläche zu beginnen, ineinander verkrallten und gegeneinanderpeitschten.
    Augenblicke später hatte sich auch das letzte Insekt durch die Öffnung gequetscht. Hank war wieder allein im Mondlicht.
    Nein – er war nicht allein. Da kam etwas. Etwas Großes. Er brauchte nicht hinzusehen, um zu wissen, was das war. Und ein paar Minuten später sah er, wie der gewaltige scherenbewehrte Kopf der Königin wieder pendelnd über ihm aufragte.
    Nicht noch einmal! Lieber Gott, nicht noch einmal!
    Er hatte den ganzen Tag damit verbracht, die Kontrolle über seinen Körper zurückzugewinnen und lange Zeit war ihm das als eine unmögliche Aufgabe erschienen. Wie sehr er sich auch konzentrierte, wie sehr er sich auch anspannte, sein Körper wollte einfach nicht reagieren. Aber er hatte weitergemacht und als das Licht allmählich schwand, hatte er ermutigende Ergebnisse festgestellt. Er bemerkte leichtes Zucken in den Armen und Beinen und in seinen Bauchmuskeln. Entweder ließ die Wirkung des Giftes nach oder er hatte es mit seiner Willenskraft besiegt. Aber das war auch egal. Er gewann die Kontrolle über seinen Körper zurück – und das war alles, was zählte.
    Aber all seine Bemühungen wären umsonst, wenn die Königin jetzt erneut das Gift in ihn injizierte.
    Sie rührte sich nicht, sie ragte nur über ihm auf und ihr Kopf hing über seinem Körper. Hatte sie Verdacht geschöpft?
    Oh, bitte, lieber Gott, bitte, bitte, bitte …
    Er hatte den ganzen Tag damit verbracht, seine Muskeln zu irgendeiner Bewegung anzuregen, jetzt flehte er nur noch darum, dass sie nicht die geringste Regung von sich gaben. Ein Zucken, ein kleines Zittern, ein winziger Tic und sie würde ihren Rüssel wieder in ihn hineinstoßen und er wäre wieder ganz am Anfang.
    Sie beobachtete ihn eine Zeit lang, die ihm wie eine Ewigkeit vorkam, dann begann sie, sich zu rühren …
    Nein!
    … senkte ihren Kopf seinem Bauch entgegen …
    NEIN!
    … und an ihm vorbei. Sie kroch über ihn hinweg und ihre harten kleinen Füße streiften die Haut seines Bauches. Er spürte nichts, aber er sah, wie seine Bauchmuskeln vor Ekel zuckten und bebten. Er betete, dass sie das nicht merkte.
    Sie tat es nicht. Ihr endlos scheinender Körper gab den seinen schließlich wieder frei und sie kroch durch das Gitterloch aus dem Rohr in die Nacht hinaus.
    Endlich –

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