Handyman Jack - Story-Sammlung
Spiel nun mal: Man verlangt zunächst eine exorbitante Summe und schließt dann einen Vergleich ungefähr in der Höhe des Deckungsbetrags seiner Versicherung. Wenn ich ihm sein ganzes Hab und Gut abknöpfen wollte – und das würde ich wahrscheinlich sogar schaffen, wenn die Sache vor Gericht geht –, dann stünde uns eine langwierige Liquidierung bevor und das ist mühselig. Da ist es viel einfacher, einen dicken Scheck von der Versicherung einzustreichen, meine vierzig Prozent zu kassieren und dann mit der nächsten goldenen Gans von vorn zu beginnen.«
»Und das ist alles, was er ist? Eine goldene Gans?«
»Die darauf wartet, gerupft zu werden.«
Er wusste, dass das jetzt etwas schief klang, wollte sich aber keine Gedanken darüber machen, woran das lag. Er fand die Stelle, die er auf dem Band gesucht hatte, und markierte sie mit einem Filzstift.
»Lass die Reinschrift hier enden.«
»Warum?«
»Da fängt der Doc an, sein weinerliches Schlussplädoyer über die Bedrohung seiner Familie zu halten und …«
„… und von deiner Sorge um dein Bankkonto zu reden?« Sie lächelte zu ihm auf.
»Ja. Ich will das nicht in der Akte haben.«
Ihr Lächeln bekam eine schelmische Note. »Mir hat dieser Teil eigentlich ganz gut gefallen.«
»Streich ihn.«
»Das kann ich nicht tun.«
»Sicher kannst du das, Schwesterlein.«
Ihr Lächeln war plötzlich wie weggewischt. »Das werde ich aber nicht. Das ist illegal.«
In einem plötzlichen Wutanfall riss Howard das belastende Bandende ab und zerfetzte es in kleine Teile. Das hätte er bei keiner anderen vereidigten Stenografin gewagt, aber Lydia war seine Schwester und große Brüder können sich bei kleinen Schwestern schon gewisse Freiheiten herausnehmen. Das war der Hauptgrund, warum er immer wieder sie anforderte. Seit ihrer Heirat vor vier Jahren lautete ihr Nachname Chambers und niemand wusste von ihren verwandtschaftlichen Beziehungen.
Er warf die Papierschnipsel in die Luft und sie flatterten wie Konfetti zu Boden.
Lydias Lippen bebten. »Ich hasse dich! Du bist genau wie Daddy!«
»Sag nicht so was!«
»Aber es stimmt doch! Du bist ein ›Daddy Shoog‹ mit einem Jurastudium!«
»Halt den Mund!« Harold schloss hastig die Tür zum Vorzimmer. »Ich habe dir doch gesagt, du sollst ihn hier nie erwähnen.«
Er betete, dass keine der Sekretärinnen sie gehört hatte. Eine von denen könnte anfangen zu denken und die richtigen Schlüsse ziehen. Sie könnte herausfinden, dass Lenny Winter, der Radio-DJ aus den Fünfzigerjahren mit dem Künstlernamen »Daddy Shoog«, niemand anderes war als Leonard Weinstein, Howards Vater. Und dann würde das in ganz Manhattan die Runde machen: Howard Weinstein war der Sohn dieses fetten, glatzköpfigen Widerlings, der Oldiesendungen moderierte und marktschreierisch im Nachtprogramm der Shoppingsender seine »Golden Oldie Remixe« verscherbelte.
Gott! Wenn sich das herumsprach, würde ihn nie wieder jemand bei einer Anhörung ernst nehmen, geschweige denn vor Gericht.
Er hatte alles unternommen, um selbst die geringste Ähnlichkeit mit seinem Vater zu kaschieren: Er hatte sich einen dichten, schwarzen Schnurrbart zugelegt, frisierte sorgfältig sein Haar und kämmte es auf eine Art, wie es sein Vater nie getan hatte, selbst als der noch volles Haar gehabt hatte, und er hielt seinen Körper fit und athletisch. Niemand würde je auf die Idee kommen, er wäre der Sohn von Daddy Shoog.
Aber eines musste er dem alten Knacker schon lassen: Er verdiente mit diesen runderneuerten Ladenhütern; vor allem, weil er auf das lästige Zahlen von Tantiemen an die Originalkünstler verzichtete.
»Wirklich bedauerlich, dass du zwar Daddys Moral, nicht aber seine Ausstrahlung geerbt hast. Der einzige Grund, warum ich mit dir zu tun habe, ist der, dass du zur Familie gehörst. Deine Frau hat dich verlassen, du hast …«
» Deine Ehe hat auch nicht sehr lange gehalten, Mss Überkorrekt.«
»Das stimmt, aber ich habe sie beendet, nicht Hai. Du dagegen bist verlassen worden.«
»Elise hat mich nicht verlassen. Ich habe sie verlassen!«
Und er hatte sich dabei richtig Mühe gegeben. Sie hatte keinen Cent von ihm bekommen. Und was war er doch froh gewesen, als er sie endlich los war! Drei endlose Jahre mit ihrem nörgelnden ›Du bist ja nie zu Hause! Ich komme mir vor wie eine Witwe!‹ Bläh bläh bläh. Er hatte ihr bewiesen, dass es eine Dummheit war, sich von einem Anwalt scheiden zu lassen.
»Was hast du denn vorzuweisen, Howie?
Weitere Kostenlose Bücher