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Handyman Jack - Story-Sammlung

Handyman Jack - Story-Sammlung

Titel: Handyman Jack - Story-Sammlung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: F. Paul Wilson
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bedeutete, dass Julio wirklich aufgebracht war. Er war stolz auf seine Englischkenntnisse, und nur, wenn er sich wirklich aufregte, verfiel er wieder auf seine Muttersprache.
    »Er hat doch nur gefragt. Was ist daran falsch?«
    »Weil er mir verdammt viel Geld geboten hat, deswegen. Ich meine, wirklich viel Geld.«
    »Wie viel?«
    Julio flüsterte ihm den Betrag ins Ohr.
    Er hatte recht: Das war sehr viel Geld.
    »Ich frage dich noch mal: Was ist daran falsch? Du solltest stolz sein.«
    »Ich weiß nicht, ob das ein Grund ist, stolz zu sein, aber ich habe überlegt, das Angebot anzunehmen.«
    »Nein«, sagte Jack und war ehrlich schockiert. »Sag so etwas nicht, Julio. Du darfst so etwas nicht einmal denken.«
    »Ich konnte es nicht verhindern. Aber ich habe ihm gesagt, er soll sich verziehen. Ich meine, ich mag Geld so sehr wie jeder andere auch, aber ich riskiere doch nicht meinen Hals dafür.« Er deutete mit dem Daumen hinter sich auf die bunt zusammengewürfelte Schar griesgrämiger Schnapsnasen, die an der Theke saßen. »Kannst du dir vorstellen, was die Kerle da mit mir machen, wenn ich an einen Yuppie verkaufe? Ich müsste um mein Leben fürchten.«
    »Das musst du aber auch, wenn Maria herausfindet, dass du so ein Angebot abgelehnt hast.«
    »Erzähle ihr nichts davon. Kein Sterbenswort, Jack.«
    »Dein Geheimnis ist bei mir sicher aufgehoben.«
    Jack verließ die Kneipe mit einem eisgekühlten Sixpack Rolling-Rock-Bier und ging um die Ecke auf die Amsterdam Avenue Richtung Downtown. An der Upper West Side war es ungewöhnlich ruhig in dieser Nacht. Bei vielen der Restaurants ist Montags Ruhetag und für einen gemütlichen Spaziergang war es zu kalt. Jack hatte die Straße beinahe ganz für sich.
    Der Trend zur Übernahme des Viertels durch das gut betuchte, hippe Klientel verlief hier nicht so rasant wie in anderen Stadtteilen – wahrscheinlich weil hier der Lebensstandard schon früher höher war – und die Unterschiede vor allem in Haarlem und sogar in Morningside Heights deutlicher zutage traten. Trotzdem hatte sich auch diese Gegend, in der früher einmal alle Schichten und Hautfarben vertreten gewesen waren, zu einer einheitlich weißen, besserverdienenden Enklave entwickelt; aus den alten Kneipen waren Brasserien und Bistros geworden, aus Tante-Emma-Läden und Bodegas wurden teure Delikatessenläden, Straßencafes, luxuriöse Boutiquen und Geschenkeläden. Die Mietpreise waren in astronomische Höhen geklettert.
    An der nächsten Ecke sah Jack einen Streifenwagen, der neben einem Hydranten vor Costins Laden parkte. Instinktiv wäre er beinahe umgekehrt und in die andere Richtung gegangen, aber das hätte vielleicht Aufmerksamkeit erregt.
    Im Geiste überprüfte er sein Erscheinungsbild: mittellanges braunes Haar, eine New York Jets Trainingsjacke über einem Flanellhemd, abgetragene Jeans und schmutzige weiße Turnschuhe. Ein ganz gewöhnlicher Kerl. Nahezu unsichtbar.
    Also ging er einfach weiter.
    Am Straßenrand musste er warten, bis ein vorbeikommender Wagen an ihm vorbei war, und nutzte die Zeit, die Situation abzuchecken. Alles ruhig. Im Wagen saß nur ein Polizist, auf dem Beifahrersitz, und er wirkte entspannt. Sein Partner betrat gerade Costins Laden. Das Licht, das durch die Tür nach außen drang, enthüllte einen sehr jung wirkenden Polizisten. Ein Babyface. Wahrscheinlich war er auf der Suche nach einem donutförmigen Schnullerersatz.
    Costins Laden gab es schon seit undenklichen Zeiten – ein urzeitlicher Prototyp des kleinen Eckladens. Jetzt war er einer der letzten Tante-Emma-Läden in der Gegend. Der alte Costin musste den Laden rund um die Uhr geöffnet halten, nur um die Miete wieder hereinzubekommen. Die wenigen verbliebenen Alteingesessenen blieben dem Geschäft treu, und die meisten der Polizisten aus dem 20ten Revier kamen regelmäßig während ihrer Schicht vorbei, um dem Betrieb die Daseinsberechtigung zu erhalten.
    Jack war halbwegs über die Straße, als er einen Knall hörte. Er kannte das Geräusch. Schrotflinte. Instinktiv duckte er sich hinter das nächste geparkte Auto. Die Detonation war gedämpft gewesen. Der Schuss war in einem Haus abgefeuert worden.
    Scheiße. Costins Laden.
    Er stellte das Sixpack ab und spähte über die Motorhaube. Der Polizist war aus dem Streifenwagen gesprungen, stand auf dem Bürgersteig und zog die Waffe. In diesem Moment flog die Tür von Costins Laden auf und ein Riese sprang über die Schwelle. Er war mindestens zwei Meter groß und

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