Handyman Jack - Story-Sammlung
einen Schritt zurücktrat und seine Waffe fester packte. »Ich wollte euch nur sagen, dass sich darin etwas wirklich Übles rumtreibt.«
»Was denn?«, fragte der mit dem Ziegenbärtchen feixend. »Der Jersey Devil?«
»Nein. Aber auch kein wehrloser Pflanzenfresser, der sich einfach zum Sterben niederlegt, wenn ein paar Patronen in ihn reingefeuert werden. Vom heutigen Datum an steht ihr nicht mehr an der Spitze der Nahrungskette in den Pine Barrens, Jungs.«
»Damit können wir leben«, sagte der Magere.
»Tatsächlich? Wann habt ihr den je irgendwas gejagt, das irgendeine Gefahr für Euch bedeutet hätte? Ich warne euch bloß, da drin gibt es etwas, das schlägt zurück, und ich weiß nicht, ob einer von eurer Sorte damit klarkommen kann.«
Der Magere blickte jetzt nervös drein. Er sah die anderen an. »Was, wenn er recht hat?«
»Ach du Scheiße!«, höhnte der mit dem schütteren Haar. »Wirst du jetzt ein Weichei, Charlie? Willst du dich von so ‘nem Ökofritzen mit Ammenmärchen ins Bockshorn jagen lassen?«
»Nein, natürlich nicht, aber …«
Der vierte Jäger klemmte sich die glänzende neue Remington unter den Arm. »Der Jersey Devil! Den hol ich mir! Das war doch mal was, wenn man dessen Kopf über dem Kamin hängen hätte.«
Alle lachten, und auch Charlie fiel ein.
Er war in Ehren wieder in ihre Gemeinschaft aufgenommen.
Jack zuckte die Achseln und ging davon. Er hatte es versucht.
Jagdsaison. Er musste lächeln. Narbenlippes Existenz in den Pine Barrens gab dem Begriff eine ganz neue Dimension. Er fragte sich, wie diese großspurigen Jäger wohl reagieren mochten, wenn sie erfuhren, dass sie zur Jagd freigegeben waren.
Und dann fragte er sich, ob die alten Legenden über den Jersey Devil einen wahren Kern besaßen. Höchstwahrscheinlich hatte es vorher nie einen wirklichen Jersey Devil gegeben, aber ganz sicher gab es ihn jetzt.
FAMILIENNOTDIENST
Der Baulöwe sah nicht gerade aus wie Donald Trump. Zum einen war er älter – mindestens Mitte fünfzig – und korpulent, und außerdem wurde er kahl. Er war einer der größten Bauherren auf Long Island, wie er immer wieder betonte. Reich, aber nicht so reich wie Trump.
Und er schwitzte. Jack überlegte, ob Donald Trump schwitzte. Vielleicht transpirierte der, aber er würde niemals schwitzen.
Der Name des Typen war Oscar Schaffer und ihm gefiel der Treffpunkt nicht.
»Ich hatte erwartet, wir würden dieses Gespräch in privaterer Umgebung führen«, sagte er.
Jack sah zu, wie er ein weißes Taschentuch hervorholte und sich den Schweiß von der Stirn wischte. Es hieß, Schaffer habe als Bauarbeiter angefangen, sei ins Immobiliengeschäft gewechselt und habe dann ein Vermögen mit Fertighäusern gemacht. Auch wenn Formulierungen wie ›privatere Umgebung‹ zu seinem Wortschatz gehörten, klang in seiner Sprache doch immer noch die Gosse mit. Und er trug ein Taschentuch bei sich. Jack fiel niemand aus seinem Umfeld ein, der ein Stofftaschentuch benutzen würde – wahrscheinlich kannte er nicht einmal jemanden, der überhaupt eines besaß.
»Privater als hier bekommen Sie es nirgends«, erwiderte Jack und blickte vielsagend auf die leeren Tische um sie herum. »Julios ist kein Laden, in den man zum Frühstücken geht.« Stimmen drangen von der Bar auf der anderen Seite des riesigen Raumteilers herüber, auf dem lauter vertrocknete Topfpflanzen standen. »Außer man nimmt sein Frühstück in flüssiger Form zu sich.«
Julio stolzierte mit einer Kaffeekanne um den Raumteiler. Der gedrungene Vierzigjährige wirkte in seinem engen ärmellosen Hemd grotesk muskulös. Er war rasiert, mit frisch gestutztem Schnurrbart, und das wellige Haar war glatt nach hinten geölt. Er roch nach einem neuen Rasierwasser, noch süßlicher als üblich.
Jack räusperte sich, als Julio seine Tasse nachfüllte und Schaffer ohne zu fragen eingoss.
»Mein Gott, Julio, wie riecht das?«
»Das Parfüm? Brandneu – nennt sich Midnight.«
»Vielleicht sollte man es auch nur dann benutzen.«
Julio grinste. »Denkste. Die Hasen stehen drauf, Mann.«
Nur wenn sie den Tag im Hasenstall verbracht haben, dachte Jack, behielt das aber für sich.
»Ist der Kaffee entkoffeiniert?«, fragte Schaffer. »Ich trinke nur entkoffeinierten Kaffee.«
»Gibt’s hier nicht«, sagte Julio, als er die Tasse vollgegossen hatte. Er stolzierte zur Bar zurück.
»Langsam wird mir klar, warum es hier so leer ist«, sagte Schaffer und sah hinter Julio her. »Der Kerl ist
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