Handzahm
Cassy gereicht, mit Derek spielerisch SM zu erfahren, doch nun, da sie den dunklen Lord beobachtete, der so erfahren mit seiner Sklavin umging, erwachte eine starke Sehnsucht in ihr:
Sie wollte sich einem echten Dominus unterwerfen.
Aber was bedeutete «echt»? Cassandra lehnte sich gegen die Marmorsäule und grübelte, ohne den Blick vom Sofa abzuwenden. Erfahren sollte er sein und eine natürliche Dominanz besitzen ... So wie er.
«Schau nicht so verträumt.» Deity war zu ihr geschlendert. «Den wirst du nicht rumkriegen.»
Verwundert hob Cassy die Augenbrauen. War ihr Verlangen so offensichtlich?
«Der dunkle Lord spielt nur mit erfahrenen Sklavinnen, keinen dummen Gänsen.» Die Domina lachte schallend und verließ den Saal, während die anderen Gäste zu spielen begannen oder einfach nur den Champagner genossen.
Widerstand regte sich in Cassandra. Warum nannten sie nur alle Prinzesschen, Engelchen oder Gänschen? Nur weil sie klein war und blonde Locken und Rehaugen hatte? Lag es an ihren prallen Brüsten, die ihrer Meinung nach viel zu groß für ihre zierliche Statur waren? Sie hatte sich nie über einen Mangel an Zuspruch von Männern beklagen können. Bei Kerlen weckte sie den Beschützerinstinkt. Man verwöhnte sie, las ihr ihre Wünsche von den Augen ab und behandelte sie so behutsam, als wäre sie aus Porzellan.
Aber das war es nicht, was sie wollte!
Cassy sehnte sich nach Schmerzen und Demütigungen. Träumte von einer inszenierten Vergewaltigung, qualvoller Orgasmuskontrolle, einer Verschmelzung von Leid und Lust. Sie wollte verbal niedergemacht, tabulos in alle Löcher gefickt und so hart rangenommen werden, dass sie danach einen Tag das Bett hüten musste, weil sie völlig fertig war.
Fast alle Gäste trugen schwarze oder rote Latex- oder Lederbekleidung, es gab nur wenige Ausnahmen, wie zum Beispiel die Domina im Krankenschwester-Outfit. Die meisten Frauen färbten ihre Haare schwarz oder trugen dunkelhaarige Perücken. Ihre Fingernägel waren dunkelrot oder schwarz lackiert, ihre Augen dick mit dunklem Kajal umrandet und ihr Lippenstift hatte die Farbe von Blut.
Cassandra stach mit ihrer blonden Lockenpracht, der weißen Korsage und dem dezenten Make-up aus der Menge heraus. Sie hatte mittlerweile das Gefühl, dass man sie nicht ernst nahm. Aber sie war kein Vanillasex-Typ, der mal was Verrücktes tun und auf eine SM-Party gehen wollte, nur um festzustellen, dass BDSM zu verrückt war, und der deshalb schon am nächsten Tag wieder zu Vanilleeis zurückkehrte.
Ihre Seele war genauso schwarz wie die der anderen hier. Sie war kein Püppchen, dachte sie und versperrte dem Lord, der aufgestanden war, um zum Buffet zu gehen, aufmüpfig den Weg. Sie wusste auch nicht, weshalb sie ihn provozieren wollte. Um seine Aufmerksamkeit zu bekommen?
Er war einen Kopf größer als sie und schaute naserümpfend auf sie hinunter. «Sei nicht so dumm und bettele ein zweites Mal um eine Bestrafung.»
«Nein», antwortete sie ernüchtert und fügte rasch ein «Sir» an.
«Meine Sklavin hat deine Strafe bereits abgegolten.»
«Es tut mir leid für sie, Sir.»
«Mir nicht. Die Peitschenhiebe auf ihre Möse haben ihren Orgasmus noch gesteigert.»
«Darf eine Bestrafung lustvoll sein? Ich meine, sie soll doch läutern?», fragte Cassy und bereute es sogleich. Manchmal sprach sie, bevor sie nachgedacht hatte. Verlegen suchte sie Unterstützung bei Derek, doch der stand nur stumm neben ihr, als müsse er schweigen, wenn der Meister – der dunkle Lord – sprach. Auch er schien sich ihm unterzuordnen, obwohl er selbst dominant war.
Zuerst zog der Lord seine Stirn kraus, dann schmunzelte er spöttisch. «Es gibt zwei Arten von Strafe. Die eine dient dem Lustgewinn, die andere ist ausschließlich schmerzhaft und wird als Erziehungsmethode angewandt. Wieso sollte ich meine Sklavin ernsthaft für dein Vergehen strafen? Das wäre unfair und ich kein guter Dominus.»
Überrascht riss sie die Augen auf. Er war also doch nicht so skrupellos, wie es den Anschein hatte, sondern nur ein geschickter Pokerspieler. Seine Augen funkelten und Cassy verlor sich in ihnen. Sie wünschte, ein Fünkchen Interesse in ihnen erkennen zu können, aber da war nur Hohn, weil sie so wenig über SM wusste und ihn anhimmelte. Mit Derek war es nur ein Spiel, beim ihm dagegen hatte alles den Anschein, real zu sein. Genau das erregte Cassandra.
Er wandte sich an Derek. «Ist sie deine Sklavin?»
«Ja, Sir.»
«Nenn mich nicht ‹Sir›.
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