Hanibal
die Hauptstadt einrichten würdest?«
Hasdrubal blieb stehen und legte eine Hand auf Antigonos’ Schulter. »Unter uns – ja«, sagte er halblaut. »Mastia wäre traumhaft, mit der großen Bucht, dem fruchtbaren Hinterland, der Insel, die man mühelos zur Festung ausbauen könnte. Nicht zuletzt mit den Handwerkern und Händlern deines Dorfs, Tiggo. Aber so weit sind wir noch nicht. Das Land nördlich und westlich der Säulen des Melqart ist gut erschlossen, mit Festungen und den ersten Straßen und verläßlichen Bündnisvölkern. Aber zwischen hier und Mastia liegt noch zuviel feindliche Wildnis. Dein alter Freund Mandunis ist jetzt König der Kontestaner, und er hätte nichts dagegen, wenn wir Mastia ausbauten. Übrigens – danke dafür. Ich fürchte, das ist wieder eines deiner Geschenke, gewollt oder ungewollt.«
Antigonos lächelte. »Kein Grund zum Dank; ich habe ihn damals aus Eigennutz gut behandelt. Aber es hat natürlich keinen Zweck, eine Hauptstadt an der Ostküste zu bauen, wenn nur der Westen erschlossen ist.«
Sie betraten ein dreistöckiges Gebäude am Rand der »Festung«, wie Hasdrubal die Truppenstadt nannte. »Mein Ausweichquartier«, sagte der Punier. »Hier laufen die Fäden des Kriegs und der Aufklärung zusammen.«
Im Erdgeschoß arbeiteten zwei Dutzend Schreiber; die Räume waren voll von Regalen und Rollen. »Hauptsächlich Versorgung. Komm nach oben.« Hasdrubal zog Antigonos die breite Steintreppe hinauf. Im ersten Stockwerk klatschte er die flache Hand gegen eine eisenbeschlagene Tür.
Ein Punier öffnete. Hasdrubal nickte ihm zu und durchquerte drei Räume, in denen weitere Schreiber, ausschließlich Punier , beschäftigt waren; sie blickten kaum auf. Der vierte Raum war durch eine schwere Holztür von den übrigen getrennt. Er enthielt überquellende Papyrosregale, drei übertürmte Tische, ein breites Lederbett und mehrere Scherenstühle. Aus einem kleinen Schrank nahm Hasdrubal zwei Krüge – Weinund Wasser und zwei schlichte Lederbecher.
»Hier sind die wichtigeren Dinge«, sagte er, als sie an einem der Tische saßen.
Antigonos nippte von dem Gemisch in seinem Becher.
»Deshalb die Punier?«
Hasdrubal faltete die Hände hinter dem Kopf und lehnte sich zurück. »Ja. Ich weiß nicht, wie viele von ihnen Hannos Leute sind. Trotzdem – du weißt ja, daß man keinem trauen kann, aber immer noch besser ein punischer Spitzel und Hannos Finger in meinem Geschäft als…« Er schwieg.
Antigonos stand auf und ging zum Fenster, das mit einem ins Mauerwerk eingelassenen Eisengitter gesichert war. Das Gebrüll, das er gehört hatte, kam von einem Ausbilder; auf dem großen ebenen Platz fochten zwei Hundertschaften Fußkämpfer mit kurzen Holzschwertern und lederbespannten Schilden gegeneinander. Vor den Werkstätten an der anderen Seite standen Männer und schauten zu.
»Als was?«
Hasdrubal gluckste. »Du würdest dich wundern.«
»Ich wundere mich gern.«
»Na gut. Also: Wir haben bisher vier Spitzel aus Massalia festgenommen, die wahrscheinlich außerdem für Rom arbeiten. Dann zwei Leute, die Hieron von Syrakosai mit Berichten versorgen sollten, fünf Spione des Ptolemaios, drei seleukidische Spitzel, einen Athener, zwei aus Pergamon, einen Kreter, der für die Parther arbeitet, und zwei arabischmakedonische Mischlinge, die für den Maurya-Herrscher spioniert haben. Sie waren übrigens nicht die einzigen; der erste war ein nordindischer Grieche, der als Elefantenpfleger herkam.«
Antigonos rüttelte an der Vergitterung. Sie war fest und stark.
»Und was geschieht mit ihnen?«
»Sie werden zu nützlichen Arbeiten eingesetzt, wo sie keinen Unsinn anrichten können – unter Aufsicht in den Gärten, zum Beispiel. Und irgendwann, wenn es sich lohnt, werden sie ausgetauscht.«
»Das heißt…?« Er wandte sich um.
Hasdrubal hatte die Sandalen abgestreift und die Füße auf den Tisch gelegt. »Natürlich. Es ist, wie soll ich sagen, eine Gepflogenheit zwischen den Völkern. Es gibt keine unnützen Kenntnisse.« Er lachte kurz. »Allerdings auch nicht viele nützliche. Wir kennen, mit dem unvermeidlichen Zeitverlust, die neuesten Straßenbaupläne des indischen Königs. Manchmal hört einer unserer Leute in Baktrien etwas von einem Sarten, der dort Pferde zureitet, was der Sarte von einem Karawanenmann aus Byzantion gehört hat, was diesem ein illyrischer Händler mitgeteilt hat über Gespräche zwischen römischen Centurionen am Ostufer des Illyrischen Meers.« Mit dem
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