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Hanibal

Hanibal

Titel: Hanibal Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gisbert Haefs
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der Römer. Sieben Jahre sind daraus geworden.«
    Antigonos lachte; es klang beinahe wie das Kratzen von Kieseln auf dünnem Metall. »Na gut; ich erhöhe den Einsatz. Nicht drei oder vier Jahre. Sagen wir, Hannibal tut Wunder, und wir überstehen fünf oder sechs Jahre. Zufrieden?«
    »Nein, aber du hast wahrscheinlich wieder recht.
    Scheußlich.« Bostar wandte sich halb um und starrte aus dem Fenster über den Hafen. »So viele Möglichkeiten«, sagte er halblaut. »So große einzigartige Möglichkeiten. Der beste Stratege, den es je gab. Und sie werfen alles ins Wasser. Wir haben Geld und Männer und Bauteile – dreihundert Schiffe könnte man allein dieses Jahr bauen; im nächsten Jahr noch einmal. Die Leute gründlich ausbilden, die römische Seeherrschaft brechen. Und jetzt reden sie vom Ausbau der Flotte – hat Himilko dir genaue Zahlen genannt? Nein? Dann hörst du sie von mir. Wir haben achtzig Schiffe, jetzt und hier. Hasdrubal hat vielleicht noch einmal fünfzig. Weitere fünfzig sollen nun gebaut werden. Man könnte sie gleich nach der Fertigstellung versenken. Viel mehr werden sie ohnehin nicht taugen.«
    Antigonos lehnte sich in seinem Sessel zurück und schloß die Augen. Sie brannten. »Der Tag, an dem Qart Hadasht unterging, war gestern. Alles weitere wird nur die zähe lange Ausführung der Entscheidung sein. Wenn es zu spät ist, werden sie Schiffe bauen und Truppen aufstellen wie vor sechsundzwanzig Jahren.«
    »Es gibt Unterschiede.« Bostar zupfte an seinem Ohrläppchen. »Damals hatte Hanno eine knappe Mehrheit. Die Grundherren wollten den Krieg beenden, Frieden um jeden Preis, und sich wieder ihren libyschen Geschäften widmen. Die Fernhändler wollten den Krieg schnell gewinnen, konnten sich aber nicht durchsetzen. Heute zerren Grundherren und Fernhändler am selben Ruder – bei Melqarts rotem Auge, Tanits Schoß und Baals Schlachterbeil muß alles geschützt und darf nichts gewagt werden. Die iberischen Märkte! Die iberischen Gruben! Die Möglichkeit, wieder Geschäfte auf Sizilien zu machen! Italien ist weit, Hannibal hat Rom schon so gut wie besiegt. Und wie sie heulen werden, wenn die Sache zu Ende geht. Tiggo!« Bostar glitt von der Fensterbank, kam zum Tisch und packte den Hellenen bei den Schultern. »Was glaubst du denn, wie ich geredet habe! Versucht, ihnen all das klarzumachen. Daß sie Iberien verlieren, wenn sie jetzt nur daran denken, es zu schützen. Daß sie Sizilien nicht bekommen werden, weil Rom es erst dann wieder freiläßt, wenn Rom am Boden liegt und nicht mehr aufstehen kann. Daß sie Libyen auch verlieren werden, wenn sie jetzt nicht alles, alles, alles nach Italien schicken, was überhaupt zu schicken ist.« Er ließ den Hellenen los und ging zurück zum Fenster, mit schlurfenden Schritten.
    Antigonos blickte an die Decke. »Soweit dieses.« Seine Stimme klang wieder fest. Und kalt. »Da die punischen Ratsherren die Zukunft der Oikumene verschenkt haben und nur an ihr Geld denken, wollen wir das jetzt auch tun. Retten können wir ohnehin nichts – nur vielleicht unser Geld.«
    Bostar nickte langsam. »Was schlägst du vor?«
    »Laß uns mit Nachdenken beginnen, Freund. Gemächlich , aber gründlich. Wenn wir Iberien und Libyen aufgeben, was bleibt dann?«
    Bostar kaute auf der Unterlippe. »Wie lange, o großer Zukunftseher, wird Rom brauchen, um nach der Niederwerfung von Qart Hadasht auch die östliche Oikumene aufzufressen?«
    Antigonos winkte ab. »Das dauert. Sie werden zunächst, nehme ich an, ihre Herrschaft in Iberien ausbauen müssen, um es nicht wieder zu verlieren – sobald sie es endgültig haben. Es wird nämlich nicht lange dauern, bis die Iberer genau wie jetzt die Sikelioten merken, wie liebenswürdig die punische Herrschaft war. Es wird Aufstände geben. Rom wird sie niederschlagen, kein Zweifel; aber in dieser Zeit kann es sich nicht ganz und mit aller Gewalt um die Hellenen kümmern. Sagen wir…« Er zögerte. Leiser fuhr er fort: »Es ist ein wenig unheimlich, all dieses Prophezeien. Wir reden auch über die Leichen von Hannibal und Hasdrubal, weißt du?«
    »Und über hunderttausend andere Leichen«, sagte Bostar heftig. »Willst du sie einzeln aufzählen?«
    »Nein. Sagen wir – fünf Jahre bis zum Sturz von Qart Hadasht. Dann zehn Jahre, bis die meisten hellenischen Städte und Staaten abhängig von Rom sind. Noch einmal zehn oder zwanzig, bis sie ihre Freiheit völlig verloren haben. In dreißig bis fünfunddreißig Jahren kommt

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