Hanibal
Beweisen gegen bestechliche Zöllner, Zollaufseher, Männer der Zollverwesung, Mitglieder verschiedener Pentarchien und Mitgliedes des hohen Rats von Qart Hadasht vor. Die Vermögensabgabe brachte fast dreitausend Talente ein, ohne jemandem Schaden oder Schmerzen zuzufügen. Die Suffeten beauftragten einen erfahrenen Unterführer aus dem Römischen Krieg, Adherbal, mit der Aufstellung einer Grenztruppe von sechstausend Mann zu Fuß und tausend Reitern, verstärkten und säuberten die Wachtruppen der Stadt, forderten die Zünfte auf, in den Stadtvierteln Bürgerwachen zu bilden. Mit den zehn Trieren und ausgewählten Mannschaften unternahm Bonqart einen schnellen Vorstoß gegen die Seeräuber der Syrte; Besatzungen wurden in die punischen Städte und Handelsplätze zwischen Takape und Philainon gelegt.
Plötzlich kamen wieder Karawanen an; innerhalb von zwei Monden verdreifachte sich das Aufkommen aus Land und Hafenzöllen. Masinissa schickte Gesandte. Die neuen Richter verhängten harte Strafen gegen bestechliche Amtsträger; Vermögen wurden beschlagnahmt. Der Seehandel kam wieder in Schwung; in der uralten Stadt, die immer noch über die klügsten Kaufleute und besten Handwerker der Oikumene verfügte und deren fruchtbares Hinterland wieder Überschüsse zu liefern begann, kam der verschüttete, verödete, mißbrauchte, vergessene Reichtum wieder zum Vorschein, und er war ungeheuer. Antigonos schätzte, daß beim Ablauf der Amtszeit von Hannibal und Bonqart die Stadt imstande sein würde, die restlichen achttausendachthundert Talente Silber an Rom auf einen Schlag zu zahlen. Rom, ein bis an die Zähne bewaffneter, ansonsten zerrütteter Staat von Hungerleidern, das immer weiter zerbröckelnde Makedonien, die hellenischen Städte und Staaten wie Pergamon, das reiche, von Unruhen erschütterte Ägypten, sogar der immer weiter in die Ägäis vordringende Seleukide Antiochos blickten nach Qart Hadasht, schickten Botschafter und weiteten den Handel aus. Vor siebzig Jahren war die Stadt Herrin des Meers und stärkste Macht der westlichen Oikumene gewesen; trotz der Kriege, Zusammenbrüche, Verkleinerung und Beschneidung war sie nun wieder die wichtigste und stärkste Wirtschaftsmacht.
Hannibal, nun auch im Frieden das Staunen der Welt, hatte dieses und ein anderes neues Leben gezeugt: Elissa war schwanger. Aber die Wunder, die sich innerhalb weniger Monde vollzogen, forderten ihren Preis an Ruhe. Hannibal und Bonqart zertrümmerten mit Hilfe der Volksversammlung und der neuen Richter den zähen Widerstand der Reichen und des Rats, und sie hatten durchgesetzt, daß auch Suffeten nur einmal für ein Jahr gewählt werden konnten. Es würde keine Wiederwahl geben; alles, was sie zu tun beabsichtigten, mußten sie in diesem einen Jahr durchpeitschen. Der Palast in der Megara wimmelte zu jeder Tagesund Nachtzeit von Boten, Botschaftern, Mitarbeitern, Amtsträgern, Bittstellern… Qart Hadasht brodelte und blühte, während Rom litt, Iberien den nächsten Aufruhr begann, die norditalischen Kelten den Krieg fortsetzten, in Oberägypten ein Aufstand gegen den jungen Ptolemaios losbrach und Antiochos den Hellespont überschritt, um auch im Westen das Reich des Alexandros wieder zu errichten.
Antigonos besuchte Elissa am Vorabend ihrer Abreise; sie wollte Hannibals Kind auf Hannibals Gut in der Byssatis gebären, nicht im Trubel und Taumel von Qart Hadasht?
»Die alten Wölfe fletschen die Zähne«, sagte sie. »Ich fürchte, irgendwann wird ihre Stunde kommen. Tiggo, ich habe Angst. Alles geht zu schnell, zu gut, zu wunderbar. Und dies.« Sie legte die Hand auf den Bauch, wo sich die Wölbung zu zeigen begann.
»Ich will versuchen, auf ihn aufzupassen.«
Sie nickte langsam. »Wenn es dir gelingt.«
Aber es kam nicht die Stunde der Wölfe. Es kamen zwei Briefe aus Rom, mit einem schnellen Boot – sie kamen einen Tag vor dem großen römischen Kriegsschiff mit den Gesandten. Ein Brief stammte von Sosylos dem Verräter, der nach der letzten Schlacht zu Scipio gegangen war. Der andere Brief kam von Torquatus, dem römischen Schreiber, der sich der guten Behandlung erinnerte. Beide waren an Antigonos gerichtet; Briefe an den Suffeten Hannibal hätten Rom nicht mehr verlassen können. Beide bezichtigten Publius Cornelius Scipio eines ehrenhaften Verbrechens, für das ihm, dem Sieger von Naraggara und princeps des römischen Senats, ewiger Ruhm gebührt. Er hatte beide zu sich kommen lassen, sich wie nebenbei nach Hannibals
Weitere Kostenlose Bücher