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Hanibal

Hanibal

Titel: Hanibal Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gisbert Haefs
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wir so aus Zuneigung und Dankbarkeit fünfzehn Talente Gold für zehn Talente Silphion zahlen, nein, wir wollen dich auch noch von einer großen Bürde befreien.«
    »Bei fünf Talenten, sagt er, fällt ihm der alte Hellene ein, der ihm diesen Betrag schuldet. Er will den Mann aber nur herausgeben, wenn die fünf Talente sofort bezahlt werden. Nicht in zehn Raten.«
    »Es würde einen sehr schlechten Eindruck auf die Welt machen, wenn Leute, die mit dem Fürsten Brot und Salz gegessen haben, in seinem Zelt einen Unfall erlitten.«
    »Dieser verlauste Nomade«, sagte der Punier halblaut , »verweist darauf, daß es unser Salz war, nicht seines.«
    »Salz ist Salz. Der Fürst mag nun, da es ihm so gefällt, in seiner unauslotbaren Güte die Habseligkeiten seines hellenischen Gastes auf das Packpferd schaffen lassen und den alten Mann mit Worten des Bedauerns verabschieden.«
    Antigonos stand auf.
    Der Make blieb sitzen, blinzelte und legte die Hand auf den Griff des krummen Dolchs, der in seinem Gürtel steckte.
    »Er weigert sich – kurz gesagt.« Die Rede des Nomaden war erheblich länger gewesen.
    Antigonos seufzte. Als er wieder sprach, zuckte der Häuptling kaum merklich zusammen; die bisher sanfte Stimme des jungen Händlers hatte einen metallischen Unterton bekommen.
    »Sag ihm, daß die hundertfünfzig anderen Boten noch eine andere Botschaft aus Qart Hadasht haben, die nicht unbedingt ausgerichtet werden muß. Sie ist herber als die Grüße, die ich ihm übermittelt habe.«
    Der Punier übersetzte. Der Make knurrte wieder etwas und blieb noch immer sitzen.
    »Die Eleganz deiner Anspielungen, o Antigonos, hat ihn beeindruckt, aber er will es genau wissen. Was ist die andere Botschaft?«
    »Wie viele Köpfe hat sein Volk?«
    »Er sagt tausend. Ich halte es für übertrieben, aber…«
    »Das spielt keine Rolle.« Antigonos bückte sich, starrte den Maken an und deutete dabei auf die großen Waagschalen.
    »Diese Schalen, überfüllt mit Gold, fassen etwa soviel rote Flüssigkeit wie der Körper eines Menschen. Die andere Botschaft ist eher ein Auftrag und eine Bitte. Der Fürst möge, ermuntert durch eiserne Schwertspitzen, scharfen Auges zusehen, wie das Gold aus den Schalen entfernt wird. Danach soll er – dies die Bitte aus Qart Hadasht – bezeugen, daß die eine Schale fünfhundertmal, die andere vierhundertneunundneunzigmal mit roter Flüssigkeit redlich gefüllt wird; erst dann soll mit edlem Fürstenblut die Waage endgültig ausgeglichen werden.«
     
    In seiner Eile, das Lager und die Gefangenschaft zu verlassen, rutschte Lysandros vom Packpferd und landete auf dem Gesicht. Wucht und Umfang seiner Flüche erschienen Antigonos übertrieben, auch als der alte Mann einen Zahn hochhielt. Erst bei größerer Nähe begriff der junge Händler den Schaden.
    Lysandros sperrte den Mund auf und fuchtelte mit dem ausgebrochenen Zahn. »Der vorletzte«, knurrte er. Ein einsamer Augenzahn hing noch im oberen Gaumen. »Was soll ich jetzt essen?«
    Antigonos betrachtete nachdenklich den Mann, dessentwegen er gekommen war. Die Finger, die den Zahn hielten, waren fleckig, verätzt und verfärbt. Die gerühmte Nase, unter der Antigonos sich ein gewaltiges Gerät vorgestellt hatte, war kaum mehr als eine winzige Erhebung zwischen den Furchen des Gesichts, mit noch winzigeren und dazu verstrüppten Nasenlöchern. Die Ohren des Duftmeisters waren dafür riesig, Henkel einer großen Amphore.
    »Es gibt gute Ärzte in Karchedon«, sagte Antigonos. »Sie können dir neue Zähne einsetzen – aus Holz, aus Bronze, aus Elfenbein, wenn dich danach gelüstet. Oder aus dem Mund eines Toten.«
    Lysandros spuckte aus, kletterte behutsam auf das Pferd und kniff die Augen zusammen. »Karchedon, was? Aha. Freigekauft und neu versklavt. Pah.«
    »Nein – ich habe Vorschläge für eine Partnerschaft. Eine Werkstatt neben einer Glasmacherei, Fläschchen nach deinem Wunsch, andere Dinge. Und« – er grinste – »wir werden dir eine eiserne Fleischmühle bauen.«
    »Punische Pampe schlürfen – dieses Gemenge aus Mehl , Käse und Honig. Bah. – Wie war das, mit dieser Partnerschaft?«
    Lysandros nahm das Angebot an: ein gemeinsames Unternehmen, an dem die Bank mit sechs Zehnteln beteiligt war. Seine Einlage sollte aus seinen Kenntnissen und Fähigkeiten bestehen. Nach sechs Jahren, wenn die letzte Silphionlieferung gegen die letzte Schuldenrate aufgerechnet werden konnte, würde man neu verhandeln, wobei beide Seiten der anderen die

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