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Hanibal

Hanibal

Titel: Hanibal Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gisbert Haefs
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von Qart Hadasht, beriefen die Versammlung der Vollbürger für den übernächsten Tag ein. Alle erwachsenen Punier, die ein Haus oder ein Geschäft oder Vermögen besaßen, sollten die neuen Suffeten wählen und über die Taten der Strategen urteilen.
    Am Vorabend besuchte Antigonos den Palast in der Megara.
    Er war verblüfft über die Zartheit, mit der Hamilkars Pranken den winzigen Sohn hielten. Der »Blitz« – aus dem baraq war im Sprachengewirr der Stadt längst Barkas geworden – wirkte entspannt, fast glücklich. Später, nach dem Essen, begannen die langen Erzählungen. Gegen Mitternacht, kurz bevor Antigonos aufbrach, fragte Hamilkar nach der Stimmung und der Lage in der Stadt.
    »Die Stimmung ist gut«, sagte Antigonos. »Die Lage auch – seit die See wieder frei ist, fließt genug Gold. Aber ob gute Stimmung und gute Lage reichen, um deine Pläne zu befördern, weiß ich nicht. Ich mißtraue deinen Leuten, Punier, genauso wie meinen. Wenn die italischen Hellenen vernünftig gewesen wären, hätten sie sich zusammengetan und Roms Geiern die Flügel gestutzt, als es noch möglich war. Wenn deine Leute vernünftig wären, hätten sie schon vor mehr als zehn Jahren genug Geld bereitgestellt, und der Krieg wäre siegreich beendet worden.«
    Hamilkar grunzte. »Ah, bah, wir werden sehen. Wir haben ein paar Überlegungen angestellt, und bei der Versammlung wird Hanno sich ein bißchen wundern.«
    Antigonos verzog das Gesicht. »Du solltest damit rechnen, daß er auch ein paar Überlegungen angestellt hat. Und er ist schon länger wieder hier als du. Ich weiß nicht, was deine Partei vorbereitet hat, aber Hanno wird auch nicht mit leeren Händen kommen. Er läßt sich nicht jedes Jahr so fein einwickeln wie im letzten Winter.«
    Genau so geschah es. Antigonos, als Metöke von allen politischen Vorgängen ausgeschlossen, verfolgte die Versammlung aus einer an der Agora liegenden Wohnung; dort lebte seine derzeitige Nachtgefährtin, eine Elymerin, Witwe eines punischen Offiziers. Tausende drängten sich auf dem Platz. Vor allen Häusern und in Reihen zwischen den Leuten standen Tische, die Antigonos ebenso mißtrauisch machten wie die vorbereiteten Holzstöße, Roste und Bratspieße.
    Die Versammlung begann mit den zähen Rechenschaftsberichten der Suffeten und der Wahl ihrer Nachfolger, ebenfalls von den »Alten«. Das Volk war längst gelangweilt und unruhig, als man endlich zu den Strategen kam.
    Himilko, einer der »Neuen«, hielt eine kurze Rede über die vortrefflichen Leistungen Hamilkars im Sizilischen Krieg und die großartigen Möglichkeiten, die sich dort böten, wenn die Versammlung den Rat beauftragen wollte, Verstärkungen zu genehmigen. Es gab mehr Zustimmung und Johlen als Gemurre.
    Antigonos summte leise vor sich hm. Zumindest war der Zug geschickt – die Volksversammlung war leichter zu beeinflussen als die festgelegten Ratsparteien; eine Empfehlung der Versammlung, mehr Mittel zu bewilligen, mußte nicht befolgt werden, wöge aber schwer.
    Hamilkar ergriff das Wort. Seine mächtige Gestalt überragte alle anderen auf der Erhöhung vor dem Ratsgebäude und wurde noch hervorgehoben durch den metallbesetzten, glitzernden Lederpanzer über dem Chiton und den purpurfarbenen Umhang des Strategen. Die volle tiefe Stimme drang überall hm.
    »Ich will gleich zum Kern kommen, da ihr schon so lange ausgeharrt habt. Bisher gab es in Qart Hadasht den Brauch, schlechte oder unglückliche Strategen zu kreuzigen und gute oder zu erfolgreiche Strategen abzuberufen.« Gekicher, ein paar Pfiffe, hier und dort wurde getuschelt oder getrampelt. Eine zweite Gestalt stand plötzlich neben Hamilkar; Hanno. Er war fast ebenso groß wie der sizilische Stratege, allerdings wesentlich schmächtiger. Hanno trug einen langen, goldbesetzten Wollrock, unter dem sich der pralle Bauch abzeichnete.
    Hamilkar warf ihm – soweit Antigonos aus der Entfernung die Bewegungen wahrnehmen oder deuten konnte – einen Blick zu; dann fuhr er fort. »Nun haben wir ein gutes Jahr gehabt. Was Sizilien angeht, so will ich nichts mehr dazu sagen; die wichtigsten Dinge habt ihr bereits von Himilko gehört, und was dort mit mehr Truppen und mehr Nachschub getan werden kann, hoffe ich, im nächsten Jahr zeigen zu können. Aber wir wollen auch Hanno den Großen nicht vergessen, der, vielleicht mit etwas mehr Gewalt als unbedingt nötig, den Frieden in Libyen zurückzubringen beginnt. Wir beide haben Erfolg gehabt und Glück, zum Ruhm unserer

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