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Hanibal

Hanibal

Titel: Hanibal Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gisbert Haefs
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gebändigt hast, was war das? Kalte Absicht, tolle Dummheit? Bist du auch Krieger?«
    »Ich übe bisweilen ein wenig, um nicht sinnlos fett zu werden. Und ich mußte sie trennen. Wer weiß, was sonst alles geschehen wäre?«
    »Es war also keine freie Entscheidung.«
    Antigonos hob ihre Hand an seine Lippen. Plötzlich erinnerte er sich der langen Gespräche mit einem indischen Weisen, vor mehr als zehn Jahren. »Wir alle sind auf das Rad gebunden«, sagte er.
    Sie drückte seine Hand. »Ein Feuerrad, besetzt mit Dornen?
    Ein Rad der Lust, mit Zunge und Geschlecht?«
    »Wie können wir die Seite wählen, wenn wir nicht wissen , wie die Münze fällt?«
     
    Der Bote blieb lange fort. Als er endlich zurückkam, schien er sehr verblüfft.
    »Herr, die Nachricht mußte warten, da Herr Hasdrubal erst eben aus dem Rat gekommen ist.«
    Antigonos legte das Schreibrohr fort und warf einen Blick auf die letzte Zahl. Alles in allem, einschließlich der Schiffskosten und des Solds für Kontestaner, lagen die Ausgaben weit unter dem Gewinn, nicht zuletzt dank Hannos Hilfe. Es würden etwa neunhundert Talente Silber bleiben – zu gleichen Teilen für Hamilkar, für Hasdrubal und für die Bank. Antigonos war bester Laune, hatte schon den halben Nachmittag Bostar durch gelegentliches Kichern ohne Erklärung empört und war in diesem Moment sicher, daß seine Stimmung sich noch bessern würde.
    »Und was hat er gesagt?«
    »Nur dies, Herr.« Der junge Bankbote breitete die Arme aus.
    ›»Wir müssen trinken, bis wir Hamilkar für zwei Römer halten.
    Wenn er‹ – das bist du, Herr – ›wenn er nicht bei Sonnenuntergang hier erscheint, lasse ich ihn holen und durch die Straßen schleifen.‹ Das waren Hasdrubals Worte.«
    Antigonos nickte. »Es ist gut. Du kannst gehen.«
    Als sich der Vorhang hinter dem jungen Mann geschlossen hatte, stand Bostar auf, kam hinter seinem Tisch hervor, durchquerte den Raum und legte die Hand an Antigonos’ Stirn.
    »Nein, er ist nicht krank«, sagte er halblaut. »Er muß also doch wahnsinnig sein. Warum, o blödester aller Metöken, grinsest du? Dein Maul ist so breit, daß eine Pentere quer darin ankern könnte.«
    »Ich werde es dir sagen, und du wirst kreischen und mir die Füße küssen…«
    Bostar blickte fast besorgt. »Ich kenne viele Wahnsinnige, aber du übertriffst alles.«
    Antigonos wischte sich die Lachtränen fort und wurde ernst.
    »Hör zu, mein alter Freund, vorher noch etwas anderes. Am Ende der Geschichte wird dir einleuchten, daß gewisse Dinge sich nicht vermeiden lassen. Du kannst die Bank eine Weile nach deinem Geschmack leiten.«
    »Was ist das nun wieder?«
    »Sitz still. Gieß dir Wein ein. Und halt dich fest.«
     
    Hasdrubal begrüßte Tsuniro mit einem Kuß auf die Wange. Vor vier Tagen hatten er und Iona die nach dem Aufbruch der Iberer endlich eingerichtete Wohnung am Tynes-Tor besucht und Antigonos’ dunkle Gefährtin angenommen.
    »Komm setz dich, wo du magst – oder leg dich gleich hin.« Sein Gesicht war gerötet, die Augen funkelten. Iona nahm Tsuniros Arm und zog sie zu einer der beiden breiten Lagerstätten aus aufgetürmten Teppichen und Kissen. Zahllose große und kleine Öllampen erhellten den Raum; in allen Ecken und unter den Fenstern standen Kohlebecken. Der niedrige Tisch zwischen den Lagern war überladen mit Gebäck, Fleischplatten, Gemüsetellern, Früchten, Näpfen und Schüsseln. Auf der kostbaren uralten Truhe standen fünf große Krüge.
    »Das da«, sagte Hasdrubal glucksend, »ist das mindeste.« Er deutete auf die Truhe. »Im ersten Krug ist Wein, syrischer, zur Hälfte mit Wasser vermischt. Im letzten nur Syrer. In den drei Krügen dazwischen nimmt das Wasser immer mehr ab. Keiner von uns wird dieses Haus verlassen, solange noch ein Tropfen in einem Krug ist.«
    »Nun sag schon.«
    Hasdrubal stieß einen schrillen Schrei aus, schlug Antigonos auf die Schultern, daß es krachte, packte ihn an den Ohren, küßte ihn auf den Mund, ließ ihn los, ergriff seine Hände und zerrte ihn in einem wilden Tanz durch den Raum. Schließlich ließ er ihn so los, daß der Hellene kopfüber zwischen die beiden Frauen purzelte. Dann machte der Punier einen Luftsprung, warf sich auf den Boden, wälzte sich herum und biß in den Teppich.
    Antigonos, die Füße an Tsuniros Schulter, den Kopf zwischen Ionas Knien, ließ lange Jauler durch die Nase hören, gluckste immer wieder, rutschte langsam bäuchlings vom Lager, kroch zu Hasdrubal und trommelte auf

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