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Hanibal

Hanibal

Titel: Hanibal Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gisbert Haefs
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Gesandten entehrt. Wie furchtbar soll dieser Krieg werden – unmittelbar vor den Mauern der Stadt, ohne Verbündete, ohne Geld, ohne Kämpfer, gegen Söldner, die gefrevelt haben und nichts mehr verlieren können … Und das ist noch nicht das Schlimmste.«
    »Sag es. Sag es, damit wir wissen, was wir zu tun haben.«
    Antigonos tastete nach Tsuniros Hand.
    »Römische Kaufleute haben das Geld der Söldner angenommen und Schiffe mit Getreide und anderen Dingen geschickt – zu den Söldnern, die Hipu belagern. Unsere Flotte hat sie abgefangen und nach Qart Hadasht gebracht. Fünfhundert römische Bürger… Am Tag, bevor ich auslief, ist eine römische Gesandtschaft eingetroffen. Sie drohen mit Krieg – und die Söldner haben ihnen einen Vertrag angeboten: gegen Qart Hadasht.«
     
    Antigonos war zutiefst niedergeschlagen. Er starrte die Amphore an, füllte seinen Becher mit Wein, ohne Wasser beizumischen, seufzte ein paarmal und setzte das Gefäß an die Lippen.
    Tsuniro streckte die Hand, nahm den Becher und goß den Inhalt zurück in die Amphore. »Nichts da, Herz meines Herzens.«
    Er blickte verwundert auf. Ihre Augen trafen sich. Beide wußten, was der andere dachte.
    »Offenbar bin ich doch Punier«, murmelte Antigonos.
    »Laß die Stadt untergehen – wenn sie sich nicht rettet, hat sie es nicht verdient. Ich werde dir diese Nacht beweisen, daß auch ohne Wein und Qart Hadasht das Leben wüst und sanft ist.«
    Sie ergriff seine Hand. »Aber nur, wenn du jetzt sofort mit mir ins Badehaus da drüben gehst. Nach all den Tagen an Bord… Wenn nicht, das verspreche ich dir, rühre ich dich bis zum Ende der Fahrt nicht einmal mit den Zehen an. Du beleidigst meine Nase, meine Zunge und noch einiges andere.«
     
    Krüge, Körbe, Amphoren und Säcke wurden an Bord gebracht – gesalzener Thunfisch, Früchte in Öl, Dörrobst, eingelegtes Fleisch, Getreide, mehr Wein. Ein Karren mit steinernen Handmühlen stand auf dem Kai. Hiram riß die Augen auf, als er Antigonos’ Frage hörte. »Bin ich ein punischer Seefahrer oder ein römischer Plattfuß vom Land? Angst! Pah!« Er spuckte aus. »O mein Herr Tiggo, ich habe diese Strecke viele Male zurückgelegt und weiß, wie ich fahren muß, welche Sterne wichtig sind und welche Winde bei welcher Strömung. Noch ist Herbst, und er ist mild. Wenn wir jetzt aufbrechen, können wir es schaffen. Wir werden dann sogar guten Wind für die Rückfahrt haben. Aber ungefährlich ist es nicht.«
    Antigonos klopfte ihm auf die Schulter. »Mastanabal wird das anders sehen«, sagte er mit mattem Grinsen.
    »Hah. Mastanabal sieht das genauso. Er sagt nur immer das Gegenteil von dem, was ich meine. Das ergibt zusammen einen brauchbaren Kurs.« Hiram kratzte sich den Bart. Dann verschwand sein Lächeln. »Sag mir, Herr, warum du, warum jetzt, warum dorthin?«
    Antigonos schloß die Augen. »Weil ich möglichst weit fort sein will, wenn Qart Hadasht fällt. – Laß noch ein wenig Raum. In Gadir laden wir Eisen. Die Britannier haben davon sehr wenig.«
    Einen halben Tag, nachdem sie den großen Hafen der Insel Vektis erreicht hatten, brach der erste wirkliche Wintersturm los. Memnon, der sich den Norden kälter vorgestellt hatte und enttäuscht gewesen war, stapfte begeistert durch den Schnee, stemmte sich gegen den Wind und trug seine dicken Felle wie eine goldene Rüstung. Mastanabal geisterte als weißer Umriß an Bord der Schwinge des Westwinds herum, besorgt um Schiff und Ladung. Hiram ließ sich mit britannischem Bier vollaufen und würfelte mit massaliotischen Händlern. Die Hellenen aus dem Süden Galliens verfluchten den Sturm, der sie im Hafen festhielt, priesen ihn, weil er andere Händler von der gallischen Nordküste daran hinderte, ihre Geschäfte zu schädigen, verleumdeten die Einheimischen und versuchten, Hiram auszuhorchen. Der alte Punier gewann beim Würfeln und erfand unglaubliche Sternbilder und Windrichtungen, denen er seit Gadir gefolgt sei. Außerdem, knurrte er irgendwann, helfe es den Hellenen doch sowieso nicht, da die Flotte von Qart Hadasht niemanden die Säulen des Melqart passieren lasse.
    Die Hafentaverne, gebaut aus Lehm und Holz, ruhte auf einem in die Grundfelsen gehauenen Gewölbe. Über dem geschwärzten, nach Feuer, Fisch, Fett, Bier und Tran stinkenden Schankraum gab es eine Reihe kleiner Zimmer mit Strohsäcken und groben Tonschüsseln. Das Schindeldach war mit Steinen beschwert; der jaulende Wind zerrte daran und drang durch die Ritzen des

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