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Hannah, Mari

Hannah, Mari

Titel: Hannah, Mari Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sein Zorn komme uber uns
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Liste ausgelöst hatte? Er war ein Lebenslänglicher, das schon. Aber was hatte das zu sagen? Er war wenige Tage nach seiner damaligen Tat festgenommen worden, hatte überall am Tatort Spuren hinterlassen. Das konnte unmöglich der kaltblütige, berechnende Killer sein, den sie jetzt suchten.
    Gormley hatte Recht: Sein Profil passte einfach nicht.
    Gegen drei Uhr morgens hatte Daniels es sich längst auf dem Boden gemütlich gemacht. Mit untergeschlagenen Beinen saß sie da, den Rücken an einen Aktenschrank gelehnt, ein Glas Wasser in der einen Hand, Forsters Akte in der anderen. Und das war’s dann – kein Bezug zur Religion, nur sein Name auf einer Liste der zentralen Datenbank, ein Name, der auch auf einer von Jos Klientenlisten auftauchte.
    Daniels schrieb eine Haftnotiz für Gormley und klebte sie auf den Aktendeckel:
     
    Verdammte Zeitverschwendung.
    Mach dir nicht die Mühe, das noch mal durchzuarbeiten; ich hab alles mit der Zahnbürste durchkämmt.
    Wir sehen uns morgen. Kate.

86
    Sie warf einen verstohlenen Blick auf die Niederländerin und fühlte sich schuldig, weil sie ihr nicht geglaubt hatte. Was für Zweifel auch immer sie an Monica Stephens gehabt haben mochte, so wusste Daniels doch genau, dass nichts von dem, was Jo hatte ertragen müssen, ihre Schuld gewesen war. Sie war nicht verantwortlich dafür, dass Jo verhaftet worden war – das war Bright. Auf dem Weg zur Asservatenkammer hatten sie kaum ein Wort gewechselt. Und jetzt wartete Monica geduldig, bis Daniels in einer Kladde unterschrieben und den Officer aus der Asservatenkammer gebeten hatte, sich zurückzuziehen. Sie warteten, bis er im dahinterliegenden Büro verschwunden war, dann nahm Daniels einen großen, durchsichtigen Beutel aus einem Karton, den er auf den Tresen gestellt hatte.
    Monica ließ sich Zeit, um das Kleidungsstück darin anzusehen.
    »Können Sie mit absoluter Sicherheit sagen, dass das Ihr Mantel ist?«, fragte Daniels nach einer Weile. Sie kannte die Antwort schon. Der Mantel war aus dem Ausland, und Carmichael hatte eine Karte in der Tasche gefunden. Trotzdem war es unerlässlich, alle Schritte der Identifizierung korrekt abzuarbeiten.
    Monica nickte.
    »Sind Sie sich ganz sicher? Das ist sehr wichtig. Ich kann ihn herausnehmen, wenn Sie möchten.«
    »Darf ich?« Monica wies auf die Tüte, und Daniels gab sie ihr.
    »Ja, ganz sicher.« Monica zeigte auf eine Stelle am Aufschlag und strich das Plastik mit der Hand glatt, damit Daniels es besser sehen konnte. »Sehen Sie den herausgezogenen Faden hier? Das ist an dem Tag passiert, an dem alle Blumen anstecken wegen der Kriegstoten.«
    »Volkstrauertag?«
    »Ja. Alan hat ihn immer ›Poppy Day‹ genannt.«
    Daniels hob einen zweiten, wesentlich kleineren Beutel hoch, der die Karte enthielt.
    »Und das hier?«
    Monica brach fast zusammen, durchlebte ihren schlimmsten Albtraum noch einmal. Daniels hatte damit gerechnet. Sie hielt ihre Hand und bot ihr an, ihr ein Glas Wasser zu holen.
    »Nein, es geht schon«, sagte sie. »Geben Sie mir nur einen Augenblick Zeit.«
    Daniels seufzte. »Ich weiß, wie schwer das für Sie ist, Monica. Glauben Sie mir, ich wünschte, ich könnte Ihnen das ersparen.«
    Sie starrte jetzt auf die Karte, untersuchte sie genau, drehte und wendete den Beutel, damit sie ihn von beiden Seiten betrachten konnte. »Die sieht genauso aus wie die, die ich an dem Abend gefunden habe … an dem Abend, an dem Alan ermordet wurde.«
    »Sind Sie ganz sicher?«
    Monica antwortete mit einem Nicken.
    Daniels hatte das Gefühl, dass dies ein sehr langer Tag werden würde. Sie dankte Monica und ging sogleich zu einer Strategiesitzung, die kurzfristig oben in den neuen Räumen des Morddezernats einberufen worden war. Unter dem Vorsitz von Assistant Chief Constable Martin nahmen Polizeiangehörige aus zwei anderen Regionen teil – Durham und West Midlands – sowie ein hochrangiger Officer von der Hochschule der Polizei. Thema der Besprechung? Grenzübergreifende Mordfälle und die Frage, wer die Leitung der Ermittlungen übernehmen sollte.
    Mit anderen Worten: Wer zahlt die Rechnung?
    Weniger als zehn Meter entfernt, ein Stockwerk tiefer, war Gormley am Telefon. Sein Sohn machte ihm am anderen Ende der Leitung schwere Vorwürfe. Sie hatten seit Wochen nicht mehr richtig miteinander gesprochen, und Ryan war ganz und gar nicht glücklich. Während Gormley ihm zuhörte, begann er auf ein Blatt Papier zu kritzeln: den Kopf eines Jungen, eine niedliche Katze, ein

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