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Hannah, Mari

Hannah, Mari

Titel: Hannah, Mari Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sein Zorn komme uber uns
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dass Daniels sie sich ansehen sollte.
    Sie saßen in ihrem Wohnzimmer, Jo mit untergeschlagenen Beinen auf dem Sofa, und las aus dem psychologischen Gutachten vor, das sie in der Hand hielt. »Ich zitiere: Schon von klein auf hat Forster nur zum Spaß kleine Vögel und Nagetiere getötet, Zitatende …« Jo sah auf. »Es gibt weitere Hinweise auf ähnliches Verhalten über die Jahre, manche kannte ich, andere nicht.«
    Der Auszug brachte Daniels’ Blut zum Kochen. »Wenn das kein Anzeichen dafür war, dass der sich mal zu einer bösartigen Kreatur entwickeln würde, dann weiß ich’s auch nicht.«
    »Er ist ein Gewohnheitstier, Kate. Dieses sich wiederholende Verhalten überrascht mich nicht.« Jo streckte ihre Beine auf der Couch aus. »Er war ein eifersüchtiges, herrisches Kind, das zu Wutanfällen neigte, wenn es seinen Willen nicht bekam. Als Jugendlicher hat er sich einen runtergeholt, während er durch anderer Leute Fenster sah, was dann zu Exhibitionismus führte, zu sexuellen Übergriffen, Vergewaltigung und schließlich zu Mord.«
    »Hört sich an wie ein echter Kontrollfreak«, sagte Daniels.
    »Korrekt. Er muss dominieren und kontrollieren. Das macht ihn so gefährlich.« Jo ließ den Bericht in einen Karton auf dem Boden fallen, wo er mit einem dumpfen Aufschlag landete. »Wenn er dein Mann ist, dann ist es dieses Bedürfnis, das ihn im Jahr achtundachtzig von einem Vergewaltiger zum Mörder hat werden lassen.«
    Ein Stapel Akten, in denen die Passagen und Notizen, die Jo besprechen wollte, mit gelben Haftzettelchen markiert waren, lag zwischen ihnen auf dem Tisch, und sie waren noch lange nicht fertig. Als Jo die nächste Akte zur Hand nahm, rieb sich Daniels die müden Augen, und da kam ihr plötzlich eine Erleuchtung.
    »Gewohnheitstier, sagst du?« Sie sprang von ihrem Sessel auf und begann, auf dem Boden den Karton mit den alten Akten durchzusehen.
    Jo hob den Kopf. »Spann mich nicht auf die Folter«, sagte sie. »Wonach suchst du?«
    »Warte mal, kann auch nichts sein.« Daniels fand einen bestimmten Ordner, schlug ihn auf und blätterte durch die Seiten, während sie weitersprach: »Hattest du mir nicht gesagt, dass er irgend so ein religiöses Magazin in seinem Besitz hatte, als er auf lebenslange Bewährung entlassen wurde? ›Wahrer Glaube‹ oder so was in der Art?«
    »Stopp!« Jo lachte. »Wahrer Glaube ist das Fan-Magazin von Newcastle United, du Idiot!«
    Daniels musste auch lachen.
    »Es hieß Lebendiger Glaube «, sagte Jo. »Warum?«
    »Irgendwo hier drin war eine Notiz dazu.« Daniels suchte weiter. »Hier ist sie!«
    Sie zog eine kurze, handschriftliche Anmerkung auf einem A5-Bogen mit dem Briefkopf der Bewährungsstelle hervor. Ihr Herz raste, als sie das Datum erkannte. 10. Oktober, 1988 – der Tag, an dem Forster verurteilt worden war. Sie überflog die Notiz noch einmal, löste sie aus der Akte und gab sie Jo.
     
    10.10.’88
    Zur Kenntnisnahme des Aufnahmebeamten, HMP Durham
    Betr.: Jonathan Forster
    Nach der Verkündigung des Urteils besuchte ich den Vorgenannten in seiner Zelle, um ein Nachbereitungsgespräch zu führen und eine Risiko-Einschätzung zu erstellen, nachdem ich mit seinen Eltern gesprochen hatte, von denen sich keiner in der Lage sah, ihm persönlich gegenüberzutreten.
    Ich holte eine Sondergenehmigung des diensthabenden Senior Prison Officer ein, um zwei Gegenstände zu überreichen: ein kleines Kruzifix und eine religiöse Zeitschrift. Seine Eltern hoffen, dass diese Gegenstände ihn in den dunklen Monaten und Jahren, die vor ihm liegen, leiten und ihm dabei helfen können, damit fertig zu werden, was er getan hat. Forster nahm die Gegenstände an, weigerte sich jedoch, über sein Urteil zu sprechen. Als ich ihn drängte, wurde er ausfallend, und ich beendete das Gespräch. Es wurde keine Risiko-Begutachtung durchgeführt. daher empfehle ich, ihn unter Beobachtung zu stellen, bis er von einem Mitglied des medizinischen Dienstes begutachtet wurde. Seine Eltern haben außerdem darum gebeten, ihn so bald wie möglich zum Gefängniskaplan zu schicken.
    Matthew Spencer
    - Verbindungs-Officer des Crown Court.
     
    Plötzlich fühlte sich Daniels wie mit elektrischer Energie aufgeladen. Ihr standen die Nackenhaare zu Berge, und sie hatte eine Gänsehaut. Verschiedene Bilder gingen ihr durch den Kopf, wetteiferten um ihre Aufmerksamkeit: eine Frau in schwarzer Burka, ein Foto von Jamil Malik, der kleine Zeitschriftenausschnitt, den sie im Restaurant Ron Naylor

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