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Hannah, Mari

Hannah, Mari

Titel: Hannah, Mari Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sein Zorn komme uber uns
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tragischer Unfall – eine arme Sau hatte Blödsinn gemacht, war in Schwierigkeiten geraten und hatte an diesem entlegenen Ort keine Chance gehabt, jemanden zu Hilfe zu rufen.
    Das Leben war verwichst.
    Er griff in die Tasche, holte Jennys Foto hervor und legte es neben sich ins Gras. Und immer noch lächelte sie ihn an, wie sie es in all den Jahren getan hatte. Aber war sie reif, so fragte er sich, um für die Brutalität seiner Mutter zu bezahlen? War irgendeiner von ihnen reif? Ein Jammer, falls sie es nicht wären. Wenn es sein musste, würde er den Rest seines Lebens darauf verwenden, sie zur Strecke zu bringen.
    Und dann würde er auch sie finden und besser kennenlernen.
    Er wog die Waffe in seiner Hand. Ihre Herkunft interessierte ihn nicht. Der Junge hatte sie gut ausgesucht. Eine Schande, dass er nicht dabei sein konnte. Balance und Gewicht fühlten sich gut an, als er den rechten Arm hob und Jenny ins Visier nahm.
    Er tastete nach dem Abzug, drückte sanft zu.
    KLICK.
    Er ersetzte die leere Patrone durch eine volle.
    Sie glitt geräuschlos in das Magazin.
    Ja – das würde das Richtige für sie sein.
    Jennifer Tait betrat mit Einkaufstaschen beladen ihr Haus, einen bekümmerten Ausdruck im Gesicht. Sie schloss die Sicherheitsverriegelung, stellte ihre Taschen ab, holte ein Taschentuch heraus und trocknete sich den Schweiß von der Stirn. Mit klopfendem Herzen stellte sie sich auf die Zehenspitzen und lugte durch den Spion der Haustür.
    Das Bild war verzerrt; bis auf zwei Kinder, die auf ihren Fahrrädern Runde um Runde drehten, war die Straße wie ausgestorben. Sie beobachtete die Kinder eine Weile, getröstet von ihrem Lachen, dann ließ sie sich erleichtert auf die Fersen zurücksinken.
    Jenny sammelte die Einkaufstaschen ein, ging zu ihrer Küche im hinteren Teil des Hauses, stellte sie auf die Küchenbank und setzte den Wasserkessel auf. Doch sie konnte nicht anders als weiter über die letzten unangenehmen Wochen nachzugrübeln. Sie hatte das sichere Gefühl, dass sie beobachtet wurde: wenn sie zum Einkaufen ging, im Bus, sogar als sie mit einer Freundin im Auto gefahren war. Tag und Nacht, auch wenn sie niemandem davon erzählt hatte, weil sie nicht als paranoid gelten wollte.
    Aber war das allein nicht schon paranoid?
    Jenny musste es zugeben. Sie war schon immer eher ängstlich gewesen, besonders seit ihr während ihrer Ausbildung zur Krankenschwester jemand vom Hartlepool General Hospital nach Hause gefolgt war. Sie seufzte. Das war jetzt über dreißig Jahre her!
    War es nicht an der Zeit, mit dem ganzen Unsinn aufzuhören?
    Wie schon viele Male zuvor tat Jenny ihre Gefühle als Produkt einer übersteigerten Fantasie ab und schwor sich, ihr ewiges Misstrauen anderen Menschen gegenüber aufzugeben. Sie gab sich ein Versprechen: Von jetzt an würde sie aufhören, sich ständig umzusehen, und stattdessen ihr Alter genießen. Heute würde der erste Tag vom Rest ihres Lebens sein.
    Jenny goss Wasser über einen Teebeutel und heiterte sich mit einem Schokoladenkeks auf. Sie strich gerade die Krümel zusammen, als das Telefon klingelte. Dorothy war eine alte Freundin und ehemalige Nachbarin, eine Frau, zu der sie seit fünfzehn Jahren Kontakt hielt, seit sie beide beschlossen hatten umzuziehen, um den Lebensabend näher bei ihren Kindern zu verbringen.
    »Es ist höchste Zeit, dass du mich mal besuchen kommst«, wiederholte Dorothy ihre Einladung, wie sie es beinahe jedes Mal tat, wenn sie anrief. »Du musst wirklich mal kommen, Jen – und wenn es nur für ein paar Tage ist. Der Lake District ist wunderschön, und es ist schon viel zu lange her, dass wir uns gesehen haben.«
    »Ich komme schon noch«, log Jenny. Sie wollte ihrer Freundin nicht sagen, dass die Zeiten hart waren und das Geld knapp. »Oder du könntest herkommen! Wir könnten all unsere alten Treffpunkte abklappern. Newcastle würdest du heute gar nicht mehr wiedererkennen. An der Quayside verschlägt es einem schier die Sprache.«
    »Wir könnten zu einer Show im Sage gehen!«, schlug Dorothy vor. »Ich habe gehört, das soll großartig sein.«
    Das bereitete Jenny wiederum Sorgen. Wie sollte sie ein solches Vergnügen bezahlen? Sie wechselte schnell das Thema, begann über die alten Zeiten zu schwatzen und bemerkte die schwarze Figur mit der Kapuze nicht, die schnell unter ihrem Fenster vorbeihuschte.
    Ein Glück für sie, er war noch nicht bereit, sie zu töten … noch nicht.

9
    Jo Soulsby kam beim Psychiatrischen Dienst an, beinahe

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