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Hannah, Mari

Hannah, Mari

Titel: Hannah, Mari Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sein Zorn komme uber uns
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Von da an war er sehr viel zu Hause gewesen.
    Heute war Ed Daniels ein gebrochener Mann, dessen Gefühle noch immer verletzt waren von den Ereignissen während des Bergarbeiterstreiks. Die Erinnerungen an die bittere und blutige Konfrontation mit der Polizei an den Streikposten – zwischen Thatcher und Scargill – waren nicht verblasst. Er hatte nie wieder seinen Status als Ernährer seiner Familie zurückgewinnen können, nachdem seine Zeche geschlossen worden war. Es hatte ihn beinahe umgebracht, am letzten Tag zum Tor hinauszugehen. Als Daniels mit siebzehn mit überdurchschnittlichen Noten von der Schule abging und darauf brannte, zur Polizei zu gehen, empfand er ihre Wahl als persönlichen Verrat und weigerte sich, ihr seinen Segen zu geben. Sie fragte sich, wie lange es wohl noch dauern würde, bis er ihr verzieh. Sie war wirklich für die Polizeiarbeit geboren, aber jetzt hatte Stephens’ Tod alles verändert, und, wieder einmal, lasteten verschiedene Loyalitäten schwer auf ihrer Seele.
    Um einen Tisch in einer Ecke des Einsatzraumes hatte sich eine Menschentraube gebildet. Als sie sich langsam auflöste, sah Daniels hocherfreut DC Robson daraus auftauchen. Er war gestern Nacht Vater eines Kindes geworden; ein Junge – Simon –, gesunde 2850 Gramm. Die Stimmung im Raum war beschwingt, als die Leute allmählich zur Arbeit kamen und die Nachricht hörten. Alle gratulierten Robson, bevor sie ihre Plätze einnahmen, in dem Bewusstsein, dass der Neuankömmling weniger Aufmerksamkeit bekommen würde als er verdiente. Das lag in der Natur der Sache. Es würde nicht das erste Mal sein, dass der Druck der Arbeit eine angemessene Feier zur Geburt eines Babys verhinderte. Und auch nicht das letzte Mal.
    »Ich werde noch nicht gleich Vaterschaftsurlaub nehmen«, sagte Robson.
    Daniels stutzte. »Ach?«
    Er lächelte. »Ich könnte Ihnen erzählen, dass es an meiner unerschütterlichen beruflichen Hingabe liegt, aber das wäre gelogen. Meine Mutter ist gestern Abend angekommen. Sie ist fest entschlossen, zwei Wochen zu bleiben. Ich habe es mit Irene besprochen und bin ganz der Ihre, bis meine Mutter wieder nach Hause fährt. Irene hat nicht viel Lust, den Schiedsrichter zu spielen.«
    Daniels versetzte ihm hocherfreut einen leichten Klaps auf den Arm. »Danke. Wir können uns vor Arbeit kaum retten.«
    Gormley kam herübergeschlendert, gratulierte ebenfalls und erklärte Robson, dass ein Sohn sein Leben für immer verändern würde.
    »Zum Guten natürlich«, setzte er hinzu. »Die ersten sechzehn Jahre sind die schlimmsten.«
    »Vielen Dank für den Hinweis«, sagte Robson. »Hab ich gestern Nacht viel verpasst?«
    Gormley schien die Frage nicht gehört zu haben, das Lächeln auf seinen Lippen erstarb schnell. Daniels fragte sich, ob bei ihm zu Hause alles in Ordnung war. Als er nicht antwortete, übernahm sie.
    »Die Drogen-Theorie ist bislang ein Flop«, sagte sie. »Weder Interpol noch der Zoll haben irgendetwas auf ihrem Radar.«
    Als Robson wieder an seine Arbeit zurückkehrte, nahm Daniels Gormley beiseite. »Hast du Lust, hier kurz rauszukommen? Ich muss mit dir reden.«
    Gormley reagierte ungewohnt misstrauisch: »Weswegen?«
    Was immer es war, es beunruhigte Daniels.

24
    Das Café war ein Reinfall: Teller standen verlassen auf den Tischen, Stühle waren im Raum verstreut und warteten darauf, wieder an ihren Platz gestellt zu werden. Eine kaugummikauende Kellnerin ignorierte das schmuddelige Durcheinander, zu sehr mit Telefonieren beschäftigt, um es zu bemerken, zu faul, um sich darum zu kümmern.
    Sie saßen an einem Tisch am Fenster, jeder mit einem Becher faden Kaffee in der Hand. Gormley hatte nicht vor, von seinem zu trinken, und wurde allmählich ungeduldig zu erfahren, was denn so wichtig war, dass man es nicht im Büro besprechen konnte.
    »Na los, spuck’s schon aus!«, sagte er.
    Daniels saß noch einen Augenblick nachdenklich da. Es gab viele Motive, um jemanden zu töten. Machtstreben, Rivalität, Liebe, Eifersucht, Groll – das mächtigste von allen: Rache. Sie blickte Gormley an und holte tief Luft.
    »Ich weiß etwas, Hank. Etwas, das ich mitzuteilen verpflichtet bin. Etwas, das aber fürs Erste unter uns bleiben muss, verstanden?«
    Sie hatte seine ungeteilte Aufmerksamkeit. »Du bist der Boss.«
    »Jo hat mir mal im Vertrauen erzählt, dass Stephens sie vergewaltigt hat.«
    Gormley riss die Augen auf. »Was?«
    Daniels wusste, dass sie sich auf gefährliches Terrain begab.
    »Und du hast

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