Hannah, Mari
Daumen schwebte über dem Knopf der Fernbedienung, während sie darauf wartete, den Film an einer ganz bestimmten Stelle anzuhalten. Sie standen nebeneinander und sahen die Aufzeichnung einer Überwachungskamera an, Aufnahmen von jedem Stockwerk, jedem Schauplatz im Hotel Weston.
»Da!«, rief Carmichael.
Das Bild auf dem Schirm stand still. Es zeigte deutlich Felicity Wood und Alan Stephens, die aus einem Hotelzimmer kamen, seine Hand fest auf ihrem Hintern. Carmichael ließ das Band weiterlaufen und erwischte die beiden erneut, als sie den Flur entlang zum Aufzug gingen. Ein gut erkennbares Schild über ihnen besagte: 4. Stock. Carmichael spulte schnell zurück, dann zoomte sie auf eine Zimmertür: 429.
Carmichael sah zu Daniels.
Daniels strahlte: »Gotcha!«, sagte sie.
In dem Augenblick flog die Tür zur Einsatzzentrale auf, und Bright, der nervös über die Schulter zurückblickte, kam herein. Hinter ihm sah Daniels Maxwell, ihm dicht auf den Fersen, einen Schweißfilm auf der Stirn, das Gesicht knallrot und verquollen.
»Chef, nur auf ein Wort, wenn ich dürfte …« Maxwell war außer Atem.
»Aber fassen Sie sich kurz«, bellte Bright. »Die DCI beginnt gleich mit ihrem Briefing.«
Maxwell zögerte, bevor er heraussprudelte: »Die anderen haben von meinen Keksen gegessen und Kaffee aus meiner Schublade gestohlen. Ich will das zurückhaben.«
Bright täuschte ernsthafte Betroffenheit vor. »Stimmt das?«
In Daniels’ Stimme schwang keine Spur von Versöhnlichkeit: »Diebstahl ist eine sehr ernste Anschuldigung, Neil. Sie sollten einen Detective rufen.«
»Das tu ich doch!«, gab Maxwell schnippisch zurück. »Ich rufe sie alle, diese diebischen Mistkerle!«
Bright lachte schallend auf, als er Maxwell enttäuscht davonstapfen sah, während er etwas über Daniels’ nachlässige Einstellung Straftaten gegenüber vor sich hin murmelte. »Ein wirklich einzigartiger Führungsstil«, sagte er zu Daniels.
Die zog eine Grimasse. »Er hat ja förmlich darum gebettelt.«
»Er hat bekommen, was er wollte.« Bright grinste Carmichael an. »Sehen Sie sich das an und lernen Sie dazu, Lisa. Ihr neuer Ermittlungsführer hat alles, was man braucht. Und Sie auch, nehme ich an. Ja, ihr seht beide sehr zufrieden aus. Gibt’s irgendwas Neues von Soulsby?«
Daniels schluckte ihren Ärger hinunter. »Sie heißt Jo Soulsby, Chef. Und ich denke, die Antwort auf Ihre Frage lautet: den Umständen entsprechend gut.«
»Ich nehme alles zurück.« Bright unterdrückte ein Grinsen. »Machen wir weiter?«
Da Carmichael noch neben ihr stand, konnte Daniels sich keine Widerworte erlauben.
»Bleiben Sie hier?«
»Dachte, ich könnte mich dazusetzen, wenn das okay für Sie ist?«
»Es überrascht mich, dass Sie die Zeit dazu haben.« Daniels hoffte, er würde den Hinweis verstehen und endlich damit aufhören, ihr über die Schulter zu sehen. »Ich habe gehört, Sie hätten jemanden gefasst?«
»Da haben Sie richtig gehört. Aber der Bastard will’s noch nicht ausspucken. Wir haben da noch einiges vor uns.« Er warf einen Blick in Richtung des Whiteboards. »Bringen Sie mich jetzt auf den neuesten Stand oder nicht?«
»Es bleibt unklar, was Jo in den Stunden vor dem Mord gemacht hat«, sagte Daniels, immer noch verunsichert durch seine Einmischung. »Aber ihr ältester Sohn ist inzwischen von der Liste gestrichen. Wir haben unzweifelhafte Beweise, dass Tom Stephens zum Todeszeitpunkt seines Vaters auf dem Weg zurück von Teneriffa im Flugzeug saß …«
»Es heißt, Robbo hätte zwei Taschen in ihrem Flur gesehen«, unterbrach Bright.
»Jetzt fangen Sie nicht auch noch damit an! Ich wette, das war Toms dreckige Wäsche, oder was meinen Sie?« Daniels sah ihm direkt in die Augen. »Chef, Sie können doch nicht im Ernst glauben, dass Jo etwas damit zu tun haben könnte!«
Bright zog die Augenbrauen hoch, als wollte er sagen: Alles ist möglich.
»Dann haben Sie sich aber gewaltig geschnitten.« Daniels sah zu Carmichael. »Lisa hat gerade Stephens dabei erwischt, wie er mit einer Frau, die in seiner Apartmentanlage wohnt, aus einem Zimmer im Weston kam.«
»Wirklich?«, fragte Bright. »Nun, das ist ja mal ein Fortschritt.«
»Und Monica Stephens’ Aussage ist nicht wirklich stimmig«, setzte Daniels hinzu. »Es gab keinen Flug von Newcastle nach London um die Uhrzeit, zu der sie angeblich Teresa Branson zum Flughafen gebracht haben will, die zufälligerweise gerade spurlos verschwunden ist und bisher nicht auf Anrufe
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