Hannahs Entscheidung
auf Eliza, denn letzte Woche hatte sie versprochen, sie in die Kunst des Quiltens einzuführen.
Mit dem Quilten hatte sie begonnen, als ihre einzige Tochter und ihr Schwiegersohn tödlich verunglückten, und Eliza sich unvermittelt in der Rolle einer älteren Alleinerziehenden wiederfand. Was ziemlich beängstigend war. Das Erlernen des Nähens und die intensive Beschäftigung mit den bunten weichen Stoffen bewahrte sie davor, zu verzweifeln. Es half ihr, ihre Gedanken zu sortieren und in andere Bahnen zu lenken. Für einige Zeit ließ das Nähen sie sogar den furchtbaren Schmerz vergessen. Im Lauf der Jahre war aus der Beschäftigung, die zunächst nur als Ablenkung gedient hatte, eine lieb gewonnene Leidenschaft geworden. Inzwischen gab Eliza Kurse an der örtlichen Volkshochschule.
Hannah hatte sich leider nie fürs Quilten interessiert. Das Kind konnte niemals stillsitzen und sich auf etwas konzentrieren, stets war es in Bewegung gewesen. Leise Wehmut zupfte an Elizas Herz, als sie die Tür hinter sich schloss. Sie vermisste Hannah. Sie fehlte ihr. Mehr als sie zugeben wollte. Es war nicht das erste Mal, dass sie sich wünschte, sie würden einen Weg zurück zueinander finden. Eine Möglichkeit, wieder unbefangen miteinander umzugehen. Schon viel zu lang hatte sie ihre Enkelin nicht mehr gesehen oder von ihr gehört. Seitdem Hannah mit diesem grässlichen jungen Mann aus Ohio auf und davon gestürmt war, herrschte zwischen ihnen Funkstille. Nach wie vor war Eliza davon überzeugt, dass es ein Fehler gewesen war, dass Hannah ihre gut bezahlte und sichere Anstellung im Charlotte Memorial aufgegeben hatte, um mit Shane Mulligan in Marietta ein neues Leben zu beginnen. Ohio. Verächtlich schürzte Eliza die Lippen. Wer in aller Welt ging freiwillig zu den Yankees? Nichts und niemand hatte es jemals fertiggebracht, Eliza Mae Dubois, die einer Familie mit französischen Wurzeln in Charleston entstammte, aus ihrem geliebten Süden zu locken. Um nichts in der Welt hätte sie das gemächlich dahinplätschernde, wunderbare Leben des Südens aufgegeben. Nicht einmal für Peter Mitchell, ihre große und einzige Liebe, der Syracuse sein Zuhause nannte. Ihm hatte sie damals in der Universitätsbibliothek, wo sie an der Bücherausgabe aushalf, unmissverständlich klargemacht, dass es für sie niemals infrage käme, ihre Heimat zu verlassen, um in den kalten Norden zu ziehen. Peter hatte sich rettungslos in die zierliche energische Frau, die ganz genau wusste, was sie wollte, verliebt. Da er sich in den Kopf gesetzt hatte, sein Leben mit Eliza Mae und keiner anderen zu verbringen, blieb ihm daher nichts anderes übrig, als Syracuse, New York, den Rücken zu kehren.
In Charlotte, wo er bis zu seinem allzu frühen Tod eine Tierarztpraxis betrieben hatte, kaufte er in der Dilworth Road für sich und seine junge Frau ein prachtvolles Anwesen. Fairview House. Es war das Haus, in dem Eliza Holly Jane aufgezogen hatte. Das Haus, in dem Holly und Matthew geheiratet hatten und wo Eliza heute noch lebte, auch wenn es für sie allein inzwischen viel zu groß schien. Hannah hatte anscheinend kein Problem damit gehabt, dies alles aufzugeben, stellte Eliza wieder einmal bedrückt fest. Sie hatte diesen Schritt, der so überraschend gekommen war, nie verstehen können. Hannah war doch glücklich mit ihr in Fairview gewesen. Oder nicht? Mit einem tiefen Seufzen schritt sie über den säuberlich gerechten Kiesweg zur Garage. Per Fernbedienung öffnete sie das Tor, schloss den Wagen auf und schlüpfte hinter das Steuer ihrer Limousine. Als sie den Schlüssel ins Zündschloss steckte, schüttelte sie die trüben Gedanken ab. Sie war kein Mensch, der viel grübelte. Sie packte die Dinge gern am Schopf. Und Dinge, die sie nicht ändern konnte, wurden akzeptiert. Die Sonne schien von einem ungetrübten Himmel, der sich an diesem Morgen wieder einmal in seinem schönsten Carolina-Blau präsentierte. Eliza legte den Rückwärtsgang ein. Sie freute sich auf ihre Handarbeitsgruppe.
*
Tayanita füllte den blauen Emaille-Teekessel mit Wasser und stellte ihn auf den Herd. Während sie darauf wartete, dass das Wasser kochte, spähte sie durch das Küchenfenster ihres Wohnwagens nach draußen. Hinter den dunklen Hügeln färbte sich der Himmel blassgolden. Die ersten Sonnenstrahlen stahlen sich durch das Laub der Bäume und ließen Tau auf Gräsern und Blättern glitzern. Ein Bussard kreiste über den Wipfeln des Buchenwalds, der hinter der Weide
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