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Hannahs Entscheidung

Hannahs Entscheidung

Titel: Hannahs Entscheidung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kate Sunday
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Sitzen ein. Ringsum an den Wänden waren Regale angebracht, die jede Menge Bücher enthielten. Orangefarbene Chenillevorhänge links und rechts der geteilten Fenster wiederholten die Farbe des dicken Baumwollteppichs, der zum Teil den glänzenden Parkettboden verdeckte. Hinter einem Vorhang aus bunt schimmernden Glasperlen verbarg sich ein weiterer Raum: das Schlafzimmer. Überschaubar, aber komplett mit Einbauschrank, französischem Bett aus weiß lackiertem Metall und einem Nachtschränkchen versehen. Jenseits des Fensters neben dem Bett streckte eine knorrige Eiche ihre grün beblätterten Äste aus.
    »Es ist sehr hübsch hier. Gemütlich.« Hannah drehte sich mit einem Lächeln zu Tayanita um. »Ich werde mich hier sicher wohlfühlen.«
    »Prima.« Tayanita schob eine Schranktür beiseite, um einen Stapel cremefarbene Frotteehandtücher sowie gestärkte Bettwäsche herauszuholen. »Ich nehme an, Sie haben keine Handtücher dabei?«
    »Nein. Aber bitte lassen Sie nur, ich mache das schon«, wandte Hannah ein und wollte Tayanita die Bettwäsche abnehmen.
    »Ist schon gut. Ich mache das gern.« Die Indianerin drückte ihr stattdessen die Handtücher in die Arme. »Würden Sie in einem Motel übernachten, wäre das Bett auch gemacht.« Mit geübten Handgriffen bezog sie flink Matratze und Bettdecke, stülpte einen geblümten Bezug über das Kopfkissen und schüttelte anschließend die Decken auf. Zufrieden betrachtete sie ihr Werk.
    »Danke. Ich bin wirklich froh, dass ich nicht mehr nach einer Bleibe suchen muss.« Hannah sehnte sich danach, in die weichen Laken zu sinken.
    »Ich lasse Sie jetzt allein«, sagte Tayanita. »Sicher sind Sie erschöpft und möchten sich gern ausruhen. Wenn Sie morgen in aller Frühe Geräusche hören sollten, wundern Sie sich nicht. Sylvia kommt so gegen sieben Uhr ins Café, um zu backen und zu kochen. Ich hoffe, das stört Sie nicht.«
    Hannah versuchte, ein Gähnen zu unterdrücken. »Ich werde bestimmt wie ein Murmeltier schlafen. Danke.«
    »Wenn noch etwas sein sollte, finden Sie mich entweder im Café oder im Laden. Ach, und natürlich können Sie unsere Küche unten jederzeit mitbenutzen, Hannah. Ehrlich gesagt sind die Schränke in der kleinen Kochzeile hier fast leer. Scheuen Sie sich nicht, kommen Sie herunter und nehmen Sie Ihre Mahlzeiten bei uns ein.«
    »Das mache ich gern.« Hannah begleitete Tayanita zur Tür. Anschließend entkleidete sie sich im Schlafzimmer bis auf BH und Slip und schlüpfte zwischen die glatten, nach Lavendel duftenden Laken. Kaum hatte sie sich in die weiche Decke gekuschelt, war sie auch schon eingeschlafen.
     
    *
     
    Tayanita schloss behutsam die Tür hinter sich. In Gedanken weilte sie schon längst nicht mehr bei der jungen Frau mit den melancholischen grünen Augen, die heute Abend in dem Bett liegen würde, das sie einst mit George geteilt hatte. Ein wehmütiges Lächeln huschte über ihre Lippen, als sie die Stufen hinabstieg. George McKenzie. Sie beschwor sein Bild herauf. Seine große schlanke Gestalt, die sehnigen Arme und seine braunen Augen, die sie immer an die Farbe von Hersheys Schokolade erinnerten. Seine langen, feingliedrigen Hände, die unglaubliche, wunderbare Kunstwerke schufen, und die unendlich zärtlich sein konnten. Sie erinnerte sich an seinen herben, warmen Duft. Schmerzliche Sehnsucht überwältigte sie.
    Als sie vor wenigen Augenblicken mit Hannah durch die Wohnung gegangen war, hatte sie seine Gegenwart so deutlich gespürt, als stünde er neben ihnen. Sie wusste, dass die Entscheidung, die sie getroffen hatten, zu jenem Zeitpunkt richtig gewesen war. Dennoch wünschte sie manchmal, die Dinge würden anders liegen. Doch so verhielt es sich nun einmal im Leben. Das, was man sich wünschte, wonach man sich sehnte, wurde einem leider nicht auf einem Silbertablett präsentiert. Vielmehr galt es, ständig Herausforderungen und Prüfungen zu bestehen, ungewöhnliche und manchmal schwierige Wege zu gehen. Wahrscheinlich, um irgendwann zu der Erkenntnis zu gelangen, dass Glück und Erfüllung nicht dort warteten, wo man sie vermutete, sondern ganz woanders …
    Zurück zu Hannah Mulligan. Tayanita konnte sehen, dass die junge Frau etwas quälte. Etwas Dunkles lastete auf ihren Schultern, das sie zu bewältigen versuchte. Hannah tat ihr leid, und sie wünschte, sie könnte ihr auf irgendeine Weise helfen. Für den Moment jedoch schien alles, was sie ihr anbieten konnte, ein Dach über dem Kopf und eine warme Mahlzeit zu

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