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Hannahs Entscheidung

Hannahs Entscheidung

Titel: Hannahs Entscheidung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kate Sunday
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Händen eine Holzkiste haltend, in der sich Tuben, Tiegel und Fläschchen in allen erdenklichen Größen und Formen befanden. Sie setzte die Kiste auf der Theke ab. »An was hatten Sie gedacht?«
    »Puder. Ich suche Puder.«
    »Ah.« Violet studierte Hannahs Gesicht. »Ist alles in Ordnung mit Ihnen, Kindchen?«
    »Wie bitte? Mir geht es gut.« Das klang ziemlich unhöflich, aber die unverblümte Neugier der Ladenbesitzerin ging ihr langsam aber sicher auf die Nerven.
    Violet strich über ihr ausladendes Dekolleté. »Nun ja, ich meine, vielleicht könnten Sie …« Sie verstummte und schickte sich an, hektisch in der Kiste zu kramen. Sie hielt Hannah eine Schachtel entgegen. »Das hier, denke ich, müsste vom Ton her zu Ihrer Hautfarbe passen.«
    Hannah nahm den Puder entgegen, studierte das Kleingedruckte auf der Verpackung. »Ich nehme es.« Sie hätte sich im Moment mit fast allem einverstanden erklärt, nur um dieses Geschäft samt seiner aufdringlichen Besitzerin so schnell wie möglich verlassen zu können.
    »Prima.« Violets Augen leuchteten auf. »Ich bin sicher, dass Sie damit gut zurechtkommen.«
    »Danke. Was bin ich Ihnen schuldig?« Hannah fischte ihren Geldbeutel aus der Handtasche.
    »Zwölf Dollar achtundneunzig.« Mit spitzen Fingern nahm Violet Hannahs Zwanzigdollarschein entgegen und legte das Wechselgeld auf den Tresen. Sie steckte Schachtel samt Zahncreme in ein braunes Papiertütchen, rollte den oberen Rand zusammen und reichte es Hannah.
    »Danke.« Mit ihrem Einkauf in der Hand floh Hannah zur Tür.
    »Ich wünsche Ihnen einen angenehmen Aufenthalt bei uns in Willow Creek«, rief Violet ihr hinterher.
    Hannah wandte sich noch einmal um. »Danke.« Sie hoffte, dass dieser Aufenthalt bald, sehr bald, beendet sein würde. Sie bemühte sich um ein freundliches Lächeln. »Auf Wiedersehen.«
    »Willow Creek ist ein schönes Städtchen, in dem sich die Menschen umeinander kümmern.« Offensichtlich hatte Hannahs Lächeln Violet ermutigt, fortzufahren. »Bei uns ist Nächstenliebe nicht nur ein Wort. Wenn jemand in Not ist und Hilfe braucht, sehen wir nicht tatenlos zu.«
    Hannah legte eine Hand auf den Türknauf.
    »Ich hoffe, Sie verstehen, dass ich nicht aufdringlich sein wollte, als ich Sie fragte, ob mit Ihnen alles in Ordnung ist.« Violet kniff die Brauen zusammen. »Sie wirken etwas verloren. Und da dachte ich, es könnte ja nicht schaden, wenn ich nachfrage.«
    Hannahs Finger schlossen sich fester um den Knauf. »Das ist sehr freundlich von Ihnen, Violet.« Sie nickte ihr zu und öffnete endlich die Tür. Nichts wie raus hier! Auch wenn die Frau es sicherlich gut meinte, Hannah mochte nicht mit Fremden über ihre Probleme sprechen. Das hatte sie noch nie getan.
    »Besuchen Sie uns gelegentlich einmal wieder!«
    Hannah atmete auf, als sich die Ladentür hinter ihr schloss. Einen Augenblick blieb sie zaudernd auf dem Gehweg stehen. Sie verspürte wenig Lust, ins Cottage Garden zurückzukehren. Das Wetter war viel zu schön. Ihr Blick fiel auf eine Gruppe hoher Bäume, deren grüne Kronen zwischen den Hausdächern hervorblitzten. Kurz entschlossen überquerte sie die Straße.
     
    Zwischen den Gräsern des vernachlässigten Rasens in dem kleinen Park funkelten scharlachrote Kardinalslobelien, violettblaue Glockenblumen, leuchtend gelbes Johanniskraut und orangerotes Springkraut um die Wette. Ihrer Großmutter wäre solch ungezügeltes Durcheinander mit Sicherheit ein Dorn im Auge, schoss es Hannah durch den Kopf, als sie sich auf einer ramponierten Bank niederließ, die vor Ewigkeiten einmal weiß lackiert gewesen sein musste. Auf Fairview hatte alles seine Ordnung, jedes Ding seinen festen Platz. Jeder Strauch, jeder Baum und jede Blume. Dort wanden sich säuberlich gerechte Kieswege durch einen sorgfältig getrimmten Rasen, vorbei an clever bepflanzten Blumenbeeten. Hannah fiel ein, wie sie ihre Großmutter einmal gefragt hatte, ob nicht ein Teil des Rasens als wilde Wiese wachsen dürfte. Ich kann das Unkraut nicht leiden, Kind, hatte Ellie erklärt, wobei ihre hellen Augen Hannah durch die Brille hindurch forschend musterten. Es wird sich nur im Rest des Gartens ausbreiten. Sie hatte Hannah über den dunklen Kopf gestrichen. Du bist genau wie deine Mutter. Holly mochte es auch, dieses schreckliche, wilde Kraut. Dann hatte sie wehmütig gelächelt und Hannah an sich gedrückt.
    In diese Erinnerungen versunken, öffnete Hannah ihre Handtasche, um das Handy herauszunehmen und drückte auf

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