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Hannahs Entscheidung

Hannahs Entscheidung

Titel: Hannahs Entscheidung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kate Sunday
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falsche Schlüsse zog.
    »Ach du liebe Güte«, entfuhr es Sylvia, als Tayanita zu Ende gesprochen hatte. »Wie furchtbar. Das arme Ding! Und nun?«
    »Im Moment treibt sie wie ein hilfloses Boot im Wasser, habe ich das Gefühl. Sie möchte zurück in das Haus ihrer Kindheit, erhofft sich dort wahrscheinlich Geborgenheit und die nötige Kraft, eine wichtige Entscheidung zu treffen.«
    »Du sprichst von dem Kind.« Sylvia hob ihre Tasse an den Mund, während sie ihre Freundin forschend musterte. »Was sagt ihr Mann dazu? Weiß er von Hannahs Schwangerschaft?«
    »Nein.« Tayanita tupfte sich die Mundwinkel mit der Serviette ab. »Sie möchte in aller Ruhe und frei entscheiden, ob sie das Kind behalten wird.«
    Sylvias helle Augen weiteten sich hinter den Brillengläsern. »Du meinst, sie will es möglicherweise abtreiben? Wie kann man ein Kind nicht wollen? Ich habe niemals …«
    »Sylvia, das weiß ich«, unterbrach Tayanita sie. »Aber für Hannah stellt sich ihre Situation im Augenblick so dar: Der Vater des Kindes ist Alkoholiker, vermutlich tablettensüchtig. Er hat sie geschlagen, und sie fürchtet ihn. Sie wird sich scheiden lassen und steht dann allein da.«
    »Ich war auch allein.« Stirnrunzelnd gestattete sich Sylvia noch ein Stückchen von dem leckeren Pie.
    »Jeder Mensch ist anders. Wir sollten Hannah nicht verurteilen. Ich glaube, am Ende wird sie die richtige Entscheidung treffen.« Tayanita streckte eine Hand nach der Teekanne aus. Sylvia stellte ihren Teller ab und beugte sich vor, um ihrer Freundin die Kanne zu reichen. »Danke, es geht schon.« Tayanita ließ einen Strahl goldfarbenen Tees in ihre Tasse fließen. »Möchtest du auch noch?«
    Sylvia hob Tayanita ihre Tasse hin. »Danke schön.« Sie schlug die in lässige Jeans gekleideten Beine übereinander. »Ich hoffe, du behältst recht, was Hannah angeht.« Gedankenversunken nippte sie an ihrem Tee. Unvermittelt stellte sie ihre Tasse auf den Tisch zurück. »Warte mal, ich hab da eine Idee.« Sie sprang auf, um von ihrem Sekretär vor dem Fenster ein Stück Papier zu holen. »Ich habe hier ein Flugblatt vom Musikfestival. Warum nehmen wir Hannah nicht mit? Was meinst du? Das könnte sie ablenken und auf andere Gedanken bringen.« Sie reichte Tayanita das Blatt.
    »Ich bin mir nicht sicher, ob sie zu diesem Zeitpunkt noch hier sein wird, Sylvia.« Tayanita überflog die Zeilen.
    »Wir sollten Sam auf sie ansetzen. Die beiden könnten zusammen hingehen«, meinte Sylvia unbeirrt. Ein Fünkchen Schalk blitzte in ihren Augen auf.
    »Sam?« Tayanita lachte. »Du machst Witze. Die beiden sind wie Hund und Katz. Ich glaube nicht, dass er sich darauf einließe.« Ihr Mund verzog sich zu einem breiten Lächeln. »Obwohl mir der Gedanke durchaus gefällt.« Kopfschüttelnd bedachte sie ihre Freundin mit einem gespielt strengen Blick. »Du böses Ding, du.«
    Auch Sylvia schmunzelte. »Ich fürchte, dass Gloria schon in den Startlöchern steht, um sich Sam für das Fest zu schnappen. Es geht das Gerücht um, dass sie diesbezüglich irgendwelche Pläne schmiedet.« Sie beugte sich zu Tayanita hinüber. »Ich hab da so etwas von Violet läuten hören«, raunte sie.
    »Unsere Gloria.« Tayanita seufzte auf. »Armer Sam. Es ist nicht leicht für ihn, diesem männermordenden Weib zu widerstehen.« Die beiden Frauen kicherten wie junge Mädchen. »Ach ja.« Tayanita wischte sich eine Träne von der Wange. »Ich liebe es, mit dir albern sein zu können, Sylvia.«
    »Ist das Leben nicht hart genug? Wir sollten öfters …«
    Ein gellender Schrei ließ beide auf der Stelle verstummen. Ein etwa vierjähriger Knirps mit rotem Schopf und glühenden Wangen stürmte ins Zimmer, um sich in die Arme seiner Mutter zu werfen. Fred, Sylvias Jüngster. Er presste einen karamellbraunen abgewetzten Teddybären an seine schmale Brust, die, von unkontrollierten Schluchzern geschüttelt, heftig bebte. In Freds hellen Augen glitzerten Tränen, sein Mündchen zitterte empört.
    »Was in aller Welt ist passiert?« Sylvia strich dem kleinen Kerl ordnend über das struppige kupferne Haar, das ein deutliches Erbe seines Vaters war.
    »Sa-ha-harah hat mich geärgert«, schluchzte Fred, und dann liefen ihm dicke Kullertränen über das Gesicht.
    »Möchtest du auf meinem Schoß sitzen und erzählen, was passiert ist?«, schlug Tayanita vor.
    Das Kind hielt einen Augenblick inne, während sein Blick zu Tante Taya hinüberwanderte, die er heiß und innig liebte, weil sie ihm immer so

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