Hannahs Entscheidung
»Hallo?« Hannah hielt den Atem an, während sie der Stimme am anderen Ende der Leitung lauschte. Sie suchte Tayanitas Blick. »Okay, danke .« Eine Grimasse ziehend, klappte sie das Telefon zusammen. »Die Werkstatt«, erklärte sie flach. »Joe sagt, ich kann meinen Wagen später abholen.«
Sam parkte seinen Jeep am Straßenrand gegenüber dem Cottage Garden . Die Absätze seiner Stiefel hallten auf dem harten Asphalt nach, während er über den Bürgersteig lief. Seit dem seltsamen Gespräch mit Hannah hatte ihn eine merkwürdige Stimmung befallen. Er redete sich ein, dass er noch einmal ins Café zurückkehrte, um sich vor seinem lange fälligen Gespräch mit Gary Henderson mit einem starken Kaffee zu stärken. Sam hatte die Befürchtung, dass sein Agent ihm die Pistole auf die Brust setzen wollte. Er musste ihm so rasch wie möglich den Entwurf für eine neue Geschichte unterbreiten. Der Gedanke, dass sein Besuch im Cottage Garden irgendetwas mit Hannahs beunruhigendem Verhalten zu tun haben könnte, war ihm zwar flüchtig in den Sinn gekommen, doch er hatte ihn rasch als abwegig abgetan. Im Flur schlug ihm schon der verlockende Duft von frisch gebrühtem Kaffee und süßem Backwerk entgegen. Er würde seinen Kaffee trinken und wieder verschwinden. Punkt. Schließlich hatte er einen Termin.
»Hi«, brummte er Tayanita im Vorbeigehen zu, die an der Theke frische Bohnen in die Kaffeemaschine füllte.
»Sam, warte! Dich schickt der Himmel. Gut, dass du noch einmal vorbeikommst.«
»Was ist los?« Ihn beschlich die leise Ahnung, dass irgendetwas nicht stimmte. Sein suchender Blick begegnete Hannahs Augen, die an einem Tisch am Fenster saß.
»Komm mit.« Entschlossen legte Tayanita die Kaffeepackung auf die Theke. »Hannah und ich möchten mit dir sprechen.«
Hannah wollte – was? Verwirrt stapfte er hinter seiner Freundin her. Wäre er doch nur direkt nach Greenville gefahren …
»Setz dich, Sam«, befahl Tayanita. »Ich hole dir rasch eine Tasse.«
»Ich habe nicht viel Zeit«, protestierte er, aber Tayanita war bereits unterwegs in die Küche. Er nickte Hannah zu, rutschte unbehaglich auf seinem Stuhl umher und fragte sich, was der ganze Zirkus sollte. Er räusperte sich. »Tja. Da wären wir also.«
Hannah entfuhr ein winzig kleiner Seufzer, aber vielleicht hatte er sich das auch nur eingebildet. »Sam, ich möchte Sie um etwas bitten.«
Ihre Stimme klang seltsam gepresst. Sie wirkte verändert. Wohin war die kratzbürstige Frau mit dem frechen Mundwerk verschwunden, die nie um einen Spruch verlegen schien? Tayanita kehrte mit seinem Kaffee und einem zuckergussüberzogenen Donut zurück. »Danke dir.« Er nahm ihr das heiße Getränk ab. »Du bist ein Schatz.«
»Gern.« Tayanita setzte sich zu ihnen.
Sam nippte an seinem Getränk, seinen Blick erwartungsvoll auf Hannah gerichtet.
»Ich habe meinen Mann verlassen, nachdem er …« Hannah hielt inne, um nach den richtigen Worten zu suchen. »Nachdem er mich bedroht und geschlagen hat. Ich – versuche, ihm aus dem Weg zu gehen.«
Hannah war verheiratet? Er hatte nicht damit gerechnet, dass sie gebunden sein könnte … Irritiert griff er nach dem süßen Donut und legte ihn sogleich wieder ab. Warum erstaunte ihn diese Tatsache? Es spielte keine Rolle, ob und mit wem sie liiert war. Trotzdem. Seltsamerweise gefiel ihm der Gedanke, dass sie einen Mann hatte, nicht.
»Niemand außer Hannahs Großmutter in Charlotte weiß, dass sie sich bei uns in Willow Creek aufhält«, schaltete sich Tayanita ein, bevor er seine Überlegungen weiterspinnen konnte. »Heute kam ein Bote mit Blumen für Hannah. Sie ist fest davon überzeugt, dass sie von Shane stammen.«
»Sie waren von Shane«, beharrte Hannah. »Ich bin mir sicher.«
»Ah, die Blumen.« Die kleinen Rädchen in Sams Hirn begannen, sich zu drehen. »Von Hannahs Mann also«, wiederholte er, um die Dinge für sich zu ordnen. »Den sie nicht sehen möchte.« Noch immer verstand er nicht, was die beiden Frauen ihm eigentlich mitteilen wollten.
»Meinem künftigen Exmann«, korrigierte Hannah. »Ich habe mich von ihm getrennt.« Sie starrte ihren linken Ringfinger an. Erstmals fiel Sam das schmale helle Band auf, das der abgelegte Ehering hinterlassen haben musste. »Er sucht mich«, fügte sie leise hinzu.
»Weil?« Sam kapierte immer noch nicht, worauf sie hinauswollte. Meine Güte, warum musste er den beiden Frauen alles aus der Nase ziehen? Verstohlen sah er auf seine Rolex. In
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